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KOMMENTAR: Bunkermentalitäten

Zwei Gamesredakteure werden von ihrer eigenen Chuzpe überrumpelt

Was könnte geeigneter sein, um meine neue Tätigkeit in der ->Public History an der ->Universität Hamburg einzuläuten, als sich mit dem jüngsten Aprilscherz zweier Branchenveteranen zu befassen, die schon geraume Zeit über Videospiele berichten. Es könnte kaum ein besseres Beispiel dafür geben, wie relevant es ist, sich mit dem öffentlichen Gebrauch von historischen Zusammenhängen in Medien allgemein und in der Gamesbranche im Speziellen auseinanderzusetzen. Zudem passt das Datum, an dem ich meinen neuen Job antrat – und auch das ist wohl letztlich kein Aprilscherz gewesen (siehe ->IN EIGENER SACHE: Morgendämmerung vom 9. April 2014).

httpvh://youtu.be/ulf8dDUbaNg
Der Kanal SiegHain war zwar als Aprilscherz gemeint, erhielt jedoch so viel positives Feedback, dass er jetzt wohl doch auf Sendung geht. (SiegHain! Der neue Spielekanal / Kanal SiegHain via Youtube)

->Fabian Siegismund war lange Jahre ebenso gut gelaunter wie fundierter Redakteur bei der ->Gamestar, dem deutschsprachigen Flaggschiff im Videospielejournalismus. Mittlerweile kreuzt er auf ->Youtube unter anderem mit dem Format ->BattleBros. Er kündigte an dem von mir zunächst übersehenen Datum zusammen mit einem weiteren Youtuber einen neuen Kanal an. Dieser zweite im Bunde ist ->David Hain, der mit seinem Hauptchannel ->BeHaind recht erfolgreich ist und als einer der ehemaligen Moderatoren beim WebTV-Sender ->Giga dafür auch professionelles Rüstzeug mitbringt.

Nun wäre an dieser Nachricht nichts Besonderes, werden doch auf Webplattformen täglich neue Formate erfunden, um die Nutzer bei Laune zu halten. Wenn aber der angekündigte Kanal ->SiegHain getauft wird, die Moderatoren in Uniformen der Wehrmacht gekleidet sind, mit zeitgenössischen Pistolen hantieren und vor eine Bunkerkulisse gegreenscreent werden, seufzt der erinnerungskulturell geschulte Zuschauer zunächst einmal: „Achherrje!“ Zumal, wenn er so wie ich darauf hereinfällt und die Ankündigung für bare Münze nimmt.

Mein erstes Stirnrunzeln glättete sich jedoch, nachdem ich mir das Video mehrmals angesehen hatte. Die Vorstellung der beiden Moderatoren, die aufgegriffene Thematik und die Reaktionen von Zuschauern und Videospielern warfen einige bedenkenswerte Fragen an die deutsche Erinnerungskultur auf. Allein schon, weil dieser Trailer Anlass gibt, darüber nachzudenken, wandelte sich meine vormalige Skepsis zu vorsichtiger Unterstützung…

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IN EIGENER SACHE: Morgendämmerung

Anbruch einer neuen Zeit für mich, für dieses Blog und für den Fachbereich Geschichte

Noch vor einem Vierteljahr schrieb ich in meinem Fazit über die letzten fünf Jahre, in denen ich dieses Blog bereits verfasse, dass es zu einem echten Jubiläum wenig Grund zum Feiern gebe (->IN EIGENER SACHE: Verbündete in dünner Luft vom 7. Januar 2014). Vielen Problemen, die ich sowohl in der Games-Branche als auch in der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Videospielen sehe und in persönlichen Gesprächen oder offiziellen Vorträgen immer wieder artikuliert habe, sei nur sehr zäh und schleppend beizukommen. Es war kein besonders euphorisches Fazit von fünf Jahren Arbeit, wie man sich denken kann.

Im Verhältnis der Branche zu Forschung und Lehre liegen diese Schwierigkeiten jedoch nicht daran, dass etwa die Berührungspunkte zwischen den Bereichen zu gering wären. Seit Jahren zeigen neben den Medienwissenschaften auch Disziplinen wie die Pädagogik, die Psychologie, die Wirtschaftswissenschaften und die Soziologie, dass es an Videospielen sehr wohl viel zu untersuchen und zu lernen gibt. Auf der anderen Seite prägen diese Wissenschaften bei den Entwicklern durchaus auch das Design der Benutzerführung, Wirtschaftssysteme in Simulationen oder die Hierarchien kaskadierender Lernprozessen.

Abb.: Eine Tür in eine ereignisreiche Zukunft wurde aufgestoßen - die Aussichten sind in unserem neuen Büro im Herzen des Universitäts-Viertels schon mal nicht schlecht (Abb. eigenes Foto)
Abb.: Eine Tür in eine ereignisreiche Zukunft wurde aufgestoßen – die Aussichten scheinen in unserem neuen Büro im Herzen des Universitätsviertels schon mal nicht schlecht (Abb. eigenes Foto)

Ausgerechnet aber die historische Wissenschaft hat hier einen schweren Stand – und das, obwohl eine große  Mehrzahl aller Videospiele über historische Inhalte inszeniert wird. Dieses Manko aber liegt nicht nur an den Entwicklern, Publishern und anderen Akteuren in der Gamesbranche, sondern vor allem auch an einer kuriosen Selbstbeschränkung der historischen Fachwissenschaftlern selbst, die Videospiele als Quelle und Publikationsform gering schätzen, vorschnell mit dem Medium Film gleichsetzen oder auch schlicht – und das ist eine erstaunliche Vielzahl – keinerlei Kenntnisse über Videospiele als Gegenstand besitzen.

Mit meiner Anstellung als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsfeld Public History, schenkt mir seit dem 1. April dieses Jahres der Fachbereich Geschichte der Universität Hamburg großes Vertrauen, diese Defizite in den nächsten drei Jahren eigenhändig abzubauen. Neben meinen anderen Erfahrungsbereichen aus  bisherigen, beruflichen Tätigkeiten werde ich Studierende in Videospiele mit historischen Anleihen einführen, die Chancen und Risiken des Berufsfeldes aufzeigen, Rahmenbedingungen der Spiele-Entwicklung und verschiedene Formen von Prozessen und Vermittlungsmethoden in diesem Medium verdeutlichen.

Aber auch darüber hinaus stehen einige Überraschungen bevor, die mich nun doch geradezu euphorisch meiner neuen Tätigkeit entgegenfiebern lassen. Wie viel ein Vierteljahr doch ausmachen kann…

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INNOVATION: Van Damme nochmal!

Dem Addon Blood Dragon von Far Cry 3 gelingt eine Persiflage auf die Achtziger

In den actionlastigen Achtzigern entstanden sicher auch ein paar Perlen des Actionkinos wie ->Rambo oder ->Total Recall. Angesichts einer breiten Flut aber an qualitativ eher fragwürdigen Verschwendungen von Zelluloid in diesem Jahrzehnt rafften sich die wenigsten Zuschauer noch auf, ins Kino zu gehen. Sicher, dafür gab es auch andere Gründe wie das Privatfernsehen, aber nicht unwesentlich waren daran Actionmachwerke von Schwarzenegger, Stallone, van Damme, Dolph Lundgren und auch Chuck Norris beteiligt. Letzterer möge mich jetzt bitte nicht heimsuchen. Fehlenden Inhalt ersetzten markige Sprüche und Special Effects, um die sich eine bestenfalls noch notdürftige Handlung hangelte.

Während sich auf den neongrellen Schlachtfeldern gefrässige Laserechsen durch Cyborgs futtern, steht man gelegentlich staunend und fassungslos daneben. (Abb. eigener Screenshot)
Während sich auf den neongrellen Schlachtfeldern gefrässige Laserechsen durch Cyborgs futtern, steht man gelegentlich staunend und fassungslos daneben. (Abb. eigener Screenshot)

Hinzu kam eine fragwürdige musikalische Entwicklung in diesem Jahrzehnt, die aufgrund neuer technischer Optionen mehr elektronischen Minimalismus ausprobierte, als dem Trommelfell zuträglich war. Passend dazu erscheint im Nachhinein der Farbgeschmack bei den Klamotten. Oder, ach, nehmen wir die Frisuren! Vokuhila – vorne kurz hinten lang, möglichst noch mit dünnem Schnauzbart. Wer kommt eigentlich auf so etwas? Oder, was ganz anderes, haben Sie schon mal dünne Lederschlipse gesehen? Jaja, hat nie jemand getragen, so wie auch niemand je die Bild liest, schon klar. Und jetzt reden Sie sich nicht damit raus, dass Sie damals auf dieser oder jener Seite des eisernen Vorhangs gelebt hätten: Ost wie West nahmen sich da überhaupt nichts. Das offenbarte sich schnell, als sich eben dieser Vorhang hob.



Die überdrehte Handlung, die Neon-Optik, die Klänge vom Synthesizer, die Szenarien des Kalten Krieges, Cyborgs und Laserdrachen atmen den Geist der Achtziger Jahre. (Launch Trailer / Kanal Ubisoft via Youtube)

Während die Einen also, so wie ich (auch um der eigenen Vergangenheit willen), diese Episode am liebsten aus der Geschichte tilgen würden, wie Echnatons ägyptische Nachfahren die Erinnerung an den Sonnenkultisten, wählen andere die Methode der Konfrontation. Mit dieser haben die kanadischen Schöpfer von ->Far Cry 3 bei ->Ubisoft Montréal den Achtzigern ein besonderes, ein satirisches Denkmal gesetzt. Erst der Erfolg dieses Spieles erst machte es den Entwicklern von ->Ubisoft Montréal möglich, in einem bemerkenswerten erinnerungskulturellen Rundumschlag die Achtziger aufs Korn zu nehmen. Auf diese Weise entstand das Addon ->Far Cry 3: Blood Dragon, das eigenständig, ohne das Hauptprogramm lauffähig ist. Dabei unterlassen die Entwickler es nicht, auch verschmitzt gegen Eigenarten der damaligen wie gegenwärtigen Spielebranche auszuholen…

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NEWS: Der Erbschleicher

Die Neuauflage der Thief-Reihe könnte endlich wieder ein waschechtes Schleichspiel werden

In den vergangenen Jahren ist ein wenig in Vergessenheit geraten, dass man aus der Ich-Perspektive nicht nur mit dem Schießeisen auf Gegner halten kann. In gegenwärtigen Shootern werden jeweils für die Missionen unterschiedliche, hochdetaillierte Umgebungen konstruiert, die dann nach wildem Galopp in wenigen Minuten hinter dem Spieler liegen. Aus Entwicklersicht eine völlig ineffiziente Spielweise, müssen so doch erheblich mehr Inhalte geschaffen werden, als wenn ein Spieler sich länger mit einem Ort befassen müsste. Erschafft man da nicht genug Kulissen, fällt die Spielzeit zu gering aus und die Kunden verzichten darauf, dafür fünfzig Euro zu berappen. Aber die Spieler wollen das doch, klingt einem von Entwicklern dann entgegen. Ja? Alle? Wollen sie das wirklich?



Weit besser als der Launch-Trailer führt eine ausführliche Version in die Erzählung, die Spielwelt und die Mechanik ein. (Thief 101 Trailer / Kanal Thief via Youtube)

Einst gabe es ein Genre, indem Geduld und Ruhe Trumpf waren, und das dennoch in weitläufigen, für damalige Verhältnisse sehr detaillierten Umgebungen seine Geschichten spann. Die Ruhe entstand aber nicht durch rundenbasierte Züge wie in ->Heroes of Might and Magic, sondern trotz einer echtzeitberechneten Spielwelt, indem man sich in schattige Nischen flüchtete, um das weitere Vorgehen in Ruhe zu planen. Spielziele wurden dort nicht mit Schrot erreicht, sondern durch massiven Hirneinsatz und Geduld, um geduckt in die Schatten, mit spitzer Zunge und, ja, gelegentlich auch scharfen, aber lautlosen Waffen auf leisen Sohlen durchzuschleichen. Dabei galt es Laufwege und Sichtlinien von Wachen auszukundschaften, Schlösser zu knacken und Informationen zu sammeln – sei es aus Safes oder von Personen. Das Genre der Schleichspiele war schon vor zehn Jahren nicht dominant, aber doch beachtlich. Mir hat sich nie erschlossen, warum es dafür heute keinen Markt geben sollte.

Nun erscheint am 28. Februar mit ->Thief endlich wieder ein Videospiel als Hoffnungsträger für das Genre und tritt damit ein großes Erbe an. Nicht, dass es nicht schon zuvor Ansätze in Spielen für Heimlichtuerei gegeben hätte, seit die Thief-Reihe inmitten der 2000er in der Versenkung verschwand. Anleihen daran nahmen nach 2004 vor allem die ->Splinter Cell-Spiele, die das Konzept in ein modernes Agentensetting übertrugen, mittlerweile allerdings auch in Casualisierung und Actiongeballer versumpfen. Gerade aber die jetzigen Entwickler der Neuauflage von ->Thief bei ->Eidos Montréal verhalfen mit ->Deus Ex: Human Revolution bereits 2011 einer anderen legendären Marke behutsam zu neuem Atem. Dort aber entschied, wie der Spieler die Hauptfigur fortentwickelte, über die Spielweise als Shooter oder Schleicherei. Ein klares Bekenntnis zur ursprünglichen Spielweise des Genres liefert jetzt erst die Neuauflage des Diebeszugs…

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NEWS: Good Fight! Good Knight!

Komplexe, mittelalterliche Kämpfe will Kingdom Come: Deliverance bieten

Schon an anderer Stelle habe ich auf den Anspruch der Entwickler -> Warhorse Studios hingewiesen, mit ->Kingdom Come: Deliverance ein möglichst authentisches mittelalterliches Erlebnis in einem Rollenspiel zu erschaffen, das bislang seinesgleichen sucht (->NEWS: Die Weißen Ritter, in: Keimling vom 20. Dezember 2013). In einem weiteren Beitrag hob ich die lobenswerten Versuche des Teams heraus, die Spannungen zwischen dem  Anspruch der Authentizität einerseits und den Einschränkungen durch die realen Begebenheiten vor Ort oder jenen aus der Spielmechanik andererseits nachvollziehbar offenzulegen (NEWS: How To Abstract, in: Keimling vom 29. Januar 2014). Dies ist auch über das Gamedesign hinaus eine interessante Problematik zum Beispiel auch für geisteswissenschaftliche Arbeit, die mittelalterliche Vorgänge zu (re-)konstruieren versucht.

Nun zeigt ein weiteres Entwicklervideo, wie akribisch in Prag die Kämpfe in dem Spiel umgesetzt werden. Das Spiel stellt einzelne Auseinandersetzungen wie auch Massenschlachten stringent aus der persönlichen Perspektive des Spielers dar, so wechselt die Sicht zum Beispiel in einer größeren Schlacht nicht etwa auf eine strategische Vogelflugansicht. Strategische Entscheidungen indes kann der Spieler im Gespräch während der Vorbereitung einer Schlacht treffen.



Im vierten Entwicklervideo beleuchtet Warhorse Games die Umsetzung mittelalterlichen Kampfes. (Video Update 4: Combat / Kanal Warhorse Games via Youtube)

Im Video wird ersichtlich, wie die Entwickler das Kampfsystem vorbereitet haben und nun näher ausgestalten. Eine enorme Komplexität erzeugen verschiedene Angriffsformen (Hieb, Stich) wie Sonderaktionen (Fausthieb) aber vor allem mehrere Angriffszonen, auf die gezielt werden kann. Sogar Finten sind möglich. Das ist wohl das herausforderndste Kampfsystem, das ich je gesehen habe und sich vermutlich eher mit Prügelspielen à la ->Street Fighter oder ->Tekken vergleichen ließe. Im Zeitalter der Casualisierung wird diese Herausforderung nicht jedem Spieler schmecken. Rollenspiel kommt in das Kampfsystem insofern mit hinein, als dass Charakterwerte die Kämpfe beeinflussen. Spezialisiert sich jemand auf Schlagwaffen, trifft den Gegner eine Axt mit schwererem Schaden, ist die Spielerfigur auf besonders hohe Aufmerksamkeit trainiert, verläuft ein Kampf langsamer.

Als Abbild tatsächlicher mittelalterlicher Kämpfe ist das System eine hoch glaubwürdige Umsetzung, sieht man davon ab, dass nicht jede größere Verwundung bereits den Kampf abbricht. Das ist wohl ein Zugeständnis an die Spielbarkeit. Es ist ganz und gar erstaunlich, was die Entwickler in ihren Videos für Spielfeatures veröffentlichen. Man kann nur hochgespannt darauf warten, was da als nächstes kommt.

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INNOVATION: Die Vermessung der Welt

Die Entwickler von ReRoll kartografieren offenbar die Erde als Spielschauplatz – ohne Hintergedanken?

Wenn Sie demnächst in den Sonnenuntergang blicken, könnte die Luft vor kleinen Quälgeistern schwirren. Nein, in der Tat ist noch kein Sommer, und Sie müssen keine Blutsauger fürchten. Es sind Drohnen unterwegs. Nein, keine Sorge, vermutlich ist es auch nicht die US-Air Force, die Sie als Al Queda-Ziel identifiziert hat. Ihnen droht auch kein Paket von Amazon auf den Schädel zu fallen.

Vielmehr hat ein junges Spieleprojekt namens ->ReRoll die Erde als Schauplatz für ein Videospiel entdeckt. Um ein möglichst authentisches Erlebnis zu realisieren, sollen mit Hilfe von Kameradrohnen des schweizer Kooperationspartners ->senseFly nach und nach so viele Orte der Welt erfasst werden, dass schließlich die gesamte Erde Teil des Spieles wird. Ich wiederhole noch einmal: die gesamte Erde. Also gut, abzüglich der Ozeane, denn die sollen prozedural generiert werden. Aber immerhin: Neben dem Eintrag im Wörterbuch für „ambitioniert“ dürfte das Firmenzeichen der Entwickler ->Pixyul zu finden sein. ->senseFly indes gehört zur Firmengruppe -> Parrot, die vor einiger Zeit mit der AR-Drohne von sich reden machte, welche durch eine iPhone-App gesteuert werden kann (siehe meinen Artikel ->INNOVATION: Call in the Chopper, in: Keimling vom 19. Mai 2010).



Ein Abbild der wirklichen Welt will Pixyul für die Spielwelt in ReRoll erschaffen. (Offizieller Trailer / Kanal IGN via Youtube)

Für das Survival-Setting einander bekriegender Einzelgänger in unserer heutigen Welt wäre es sicherlich vielversprechend, das Spiel auf diese Weise mit Geländedaten zu unterfüttern. Außerdem sollen Wetterdaten aus der echten Welt das Wetter an den gescannten Orten im Spiel bestimmen. Auch der Tag- und Nacht-Wechsel soll korrekt lokalisiert werden. Ein aktueller Trailer, mit dem sich die Entwickler um Investoren bemühen, zeigt, wie sie vorgehen.

Ich neige oft zu kindlicher Freude über solche Innovationen, allerdings kommen mir in diesem Fall starke Zweifel an dem Projekt. Und die beziehen sich nicht allein auf die Machbarkeit, sondern gründen auch auf einem ganz anderen Unbehagen…

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NEWS: Per Aspera ad Astra

In No Man’s Sky wird ein tatsächlich unbekanntes Universum erkundet

Nirgendwo sonst wäre der lateinische Sinnspruch, dass man durch Fleiß zu den Sternen gelangt, angemessener als bei dem Weltraumspiel ->No Man’s Sky. In dem ersten großen Spieleprojekt des Studios ->Hello Games wird man als Pilot eines Raumschiffes zu den Sternen reisen. Soweit ist das nicht wirklich neu, aber die Planetensysteme und Sterne sind nicht von Anfang an schon da. Sie werden prozedural durch Rechenoperationen generiert.



Vier Mitarbeiter und ein unendliches Universum. Wäre das All nicht grenzenlos, würden die Pläne von Hello Games an Größenwahn grenzen. (Trailer No Man's Sky / Kanal Hello Games Tube via Youtube)

Ähnlich wie bei ->Minecraft, dem bisher größten Erfolg solcher automatisch generierten und dennoch stimmigen Spielwelten, entstehen die Planeten, ihre Monde, die Landschaften, Ruinen, Wracks sowie Flora und Fauna erst dann, wenn ein Spieler einen Stern ansteuert, und nicht im Vorhinein beim Entwicklungsstudio. Dafür greift ein solches Programm auf eine Bibliothek zurück, mit der die genannten Elemente und eine Vielzahl von Faktoren mehr zufällig zusammengefügt werden. Sie stehen jedoch miteinander in Beziehung und bedingen sich gegenseitig, damit auf einem Wüstenplaneten nicht am Ende Eisbären herumtrollen.

Dieses spielmechanische Kernstück kann allein jedoch nicht alles sein, um das Spiel langfristig fesselnd zu gestalten. Darüber hinaus gibt es für ->Hello Games noch viel zu tun…

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NEWS: Der vergessene Krieg

Wie man den Ersten Weltkrieg in Szene setzt – und wie nicht

Der Zweite Weltkrieg wurde in Videospielen bereits so häufig aufgegriffen, dass es vor wenigen Jahren sogar gestandenen Redakteuren von Spielemagazinen zu viel wurde. Auch die Spielerschaft zeigte sich zunehmend genervt. Mit ->Call of Duty: Modern Warfare gelang dem Entwickler ->Infinity Ward 2007 ein Befreiungsschlag, indem das Setting zu dem namensgebenden modernen Kriegsgerät und – nicht ganz unumstritten – zeitgenössischen Schauplätzen schwenkte. Anstelle des Zweiten Weltkrieges werden nun aber diese seit bald zehn Jahren fortlaufend aufgegriffen. So häufig, dass sich nun die Ersten wiederum darüber aufregen.



Bereits die Modifikation Battlefield 1918 griff ab 2004 den Ersten Weltkrieg als Shooterszenario auf - und steht damit weitgehend allein. (Battlefield 1918 (V3.1) 2012 Teaser / Kanal RinoD via Youtube)

Andere Schauplätze haben es dagegen schwer. Den Ersten Weltkrieg zum Beispiel thematisiert kaum ein Spiel. Wenn doch, konzentriert sich die Anwendung bemerkenswert auf zwei Genres: Simulationen und Globalstrategie. Dies zeigte vor Kurzem Steffen Bender, der in seinem Buch ->Virtuelles Erinnern aus erinnerungskultureller Sicht untersuchte, wie Videospiele die Konflikte des 20. Jahrhunderts inszenieren. Shooter sind – anders als bei den obigen Schauplätzen – nicht darunter, obwohl die Modszene schon immer gezeigt hat, dass daran durchaus ein Kundeninteresse besteht. Modder verwandeln in Teilen oder vollständig (als Total Conversion) im Handel erhältliche Spiele mit Modifikationen (Mods) um. Auf diese Weise entstand zu dem Team-Taktik-Shooter ->Battlefield 1942 von 2002 auch die Mod ->BF1918, die das Kriegsgerät des Ersten Weltkriegs in das Hauptspiel integrierte. Adventures aber, in denen der Plot durch die Kombination von Gegenständen durchrätselt wird, oder Rollenspiele, die ihren Schwerpunkt stark auf die charakterliche Fortentwicklung der Spielfigur legen, sucht man zu diesem Kontext vergebens.

Nun sind aber gegenwärtig zwei Spiele zum Ersten Weltkrieg in der Entwicklung, die unterschiedlicher kaum mit dem historischen Stoff umgehen könnten und die gleichzeitig von dem durch Bender aufgezeigten Schema abweichen. Der eine Kandidat namens ->Verdun inszeniert den ersten industrialisierten Massenkrieg als Shooter. Im zweiten, dem Actionadventure ->Valiant Hearts: The Great War, werden fünf Figuren in die Hölle der Schützengräben hinabsteigen und – dem Vernehmen nach – nicht alle wieder heraus kommen. Auch aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive geht einer der beiden Titel im Grabenkrieg unter…

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NEWS: Licht und Schanden

Das authentische Mittelalter-RPG Kingdom Come: Deliverance benötigt jetzt Hilfe durch Kickstarter

Vor Kurzem habe ich in einem Beitrag über die begrüßenswerten Plane des Prager Entwicklers ->Warhorse Studios geschrieben, der versuchen will, ein authentisches Mittelaltererlebnis in einem Videospiel zu erschaffen (->NEWS: Die Weißen Ritter, in: KEIMLING vom 20. Dezember 2013). Dafür soll das Open-World-Rollenspiel ->Kingdom Come: Deliverance nicht nur in einem historischen Setting des zentraleuropäischen Mittelalters angesiedelt sein, sondern auch gänzlich auf Fantasyelemente verzichten. Der jüngst veröffentlichte Trailer offenbart spielmechanisch wie grafisch den strahlenden Glanz eines innovativen und authentischen Unikats.



Nach erfolglosen Versuchen, einen Publisher zu finden, startet Warhorse Studios eine Kickstarter-Kampagne, zeigt den großen Vertrieben, wo das Breitschwert hängt und liefert zudem eindrucksvolles Gameplaymaterial. (Official Kickstarter Video / Kanal Warhorse Studios via Youtube)

Geirrt habe ich mich bei meiner Vermutung, das Spiel würde die Umstände der Thronbesteigung von Karl IV. im 14. Jahrhundert thematisieren. Allerdings war die Annahme nicht ganz falsch, bleibt das Szenario doch in der Familie. Wie Gamestar.de am 22.1.2014 in einem ->Preview-Artikel berichtet, handelt das Mittelalter-Videospiel von den Halbbrüdern und Söhnen Karls IV., Wenzel und Sigismund von Luxemburg, und den Streitigkeiten um die Reichsherrschaft im 15. Jahrhundert. Na gut, dicht daneben.

Leider nicht geirrt aber habe ich mich in der Einschätzung, dass der Entwickler offenbar keinen Publisher für sein innovatives Spielkonzept findet. Die großen Spielevertriebe sehen trotz des hochkarätigen Teams und der technisch hervorragenden Grundlage der ->CryEngine von ->Crytek aus Frankfurt dafür keinen Markt. Dies deckt sich leider mit meiner erheblichen Kritik an den Publishern als innovationshemmende Faktoren in meinem Beitrag zu dem Online-Rollenspiel ->The Secret World (->KOMMENTAR: Totengräber verborgener Welten, in KEIMLING vom 20. Januar 2014).

Dass diese Haltung nicht nur eine Schande, sondern im Falle von ->Kingdom Come: Deliverance auch eine völlige Fehleinschätzung ist, zeigt die nun durch das Entwicklerstudio angestoßene Kampagne auf der Crowd-Funding-Plattform ->Kickstarter. Das Studio bittet dort seit gestern um 300.000 Pfund zur weiteren Finanzierung und hat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung meines Artikels bereits 85% dieser Summe eingefahren. Dabei läuft die Kampagne noch bis zum 20. Februar 2014. Wer also das Projekt unterstützenswert findet, der sollte sich die Seite bei ->Kickstarter mal genauer ansehen. Oder er spendet halt einfach den Entwicklern Unterstützung, um den Publishern ihre Schandtaten mal wieder deutlich vor Augen zu führen.

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KOMMENTAR: Totengräber verborgener Welten

Die gescheiterte Revolution von The Secret World ist nicht weniger als ein Fanal für die MMO-Branche

Mit Revolutionen ist das so eine Sache, manche gelingen, manche fahren sich fest, nach anderen schwingt das Pendel in die genaue Gegenrichtung. Man muss, um diese These zu untermauern, den Blick nur nach Nordafrika wenden. Die frische Brise des arabischen Frühlings schlägt mittlerweile mit eiskaltem Winterhauch zurück und lässt Ägypten wie Tunesien in eine ungewisse Zukunft steuern.

Seit Sektierer den Sonnenkönig Echnaton wieder zu erwecken versuchen, brodelt nicht nur der Boden in Ägypten. (eig. Screenshot)
Bösartige Kreaturen entsteigen dem Wüstensand und fallen vom Himmel. Seit fanatische Sektierer den Sonnenkönig Echnaton wieder zu erwecken versuchen, brodelt in Ägypten nicht nur der Boden. (eig. Screenshot / mein Spieleravatar Lionsheart im Vordergrund)

Nun mag der geschlagene Bogen zur Games-Branche zunächst nicht auf den ersten Blick nachvollziehbar sein. Doch ist diese Vergleich keinesfalls abwegig, denn auch hier hat sich eine Revolution sang- und klanglos in die Ungewissheit verlaufen, obwohl sie mit großen Hoffnungen im Herbst 2012 gestartet war. ->The Secret World wollte komplexe Erzählungen endlich auch in Online-Rollenspielen etablieren, konnte aber diesen Anspruch nicht erfüllen.

Die Entwicklung ist umso bedauerlicher für die gesamte Landschaft von Massively Multiplayer Online Role-Playing Games (MMORPGs), weil eine detaillierte Analyse offenbart, dass die Umwälzung nicht in ihrem Kern fehllief. Vielmehr zerschellte sie an den Riffen vermeidbarer Begleitumstände…

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