Schlagwort-Archive: Kingdom Come: Deliverance

KOMMENTAR: Vom rechten Bild des Mittelalters

‚Kingdom Come: Deliverance‘ ist zum DCP nominiert – das sorgt für Kritik aus der Geschichtswissenschaft

Schon vor der Veröffentlichung des Action-Rollenspieles ->Kingdom Come: Deliverance im Frühjahr 2018 entzündete sich Kritik an Äußerungen des Lead Designers Daniel Vavrá und dem damit verbundenen Geschichtsbild. Jan Heinemann fasste in seinem Blog die international erhobenen Vorwürfe  zusammen und warf der Spielepresse vor, die soziokulturelle Relevanz des darin gezeigten Mittelalterbildes nicht zu erkennen (->Das „authentischste Historienspiel aller Zeiten?!, in: Let’s Play History vom 13.1.2018).  Die Entwickler des Spieles – ein durchaus technisch und spielmechanisch beeindruckendes Ergebnis – versprachen ein authentisches spätmittelalterliches Böhmen um das Jahr 1403. Frei von Magie und Drachen hatten sie ihre Mühe, internationale Publisher zu finden und nahmen die Dinge schließlich mit einer Kickstarter-Kampagne selbst in die Hand (siehe ->NEWS: Good Fight! Good Knight! vom 13.2.2014). Damit war ihnen ein grandioser Erfolg beschieden, allerdings wirft – bei aller Begeisterung für das Spiel selbst – die historische Inszenierung einige Fragen auf.

Das Actionrollenspiel ist beeindruckend inszeniert, leider ist sein Bild vom Spätmittelalter tendenziös rechtskonservativ („Kingdom Come: Deliverance – Launch Trailer [DE]“, in: Kanal Deep Silver vom 12.2.2018 via Youtube)

Im vergangenen Jahr hielt ich mich mit Kommentaren zurück, auch nachdem Heinemann das Spiel so heftig kritisiert hatte. Allerdings erhob er weniger die Vorwürfe selbst, als dass er sie aus einer international schwelenden Diskussion vor dem Release zusammenfasste. Im Kern ging es um die Darstellungen von Geschlechtern und alles Fremden, die auf eine rechtskonservative Gesinnung mit Folgen für das Mittelalterbild hinweisen. Das gewählte Szenario deutet daher auch nicht ohne Grund auf den Gründungsmythos der tschechischen Nation. Leider konnten ich und auch viele Kritiker bis zu diesem Zeitpunkt die Spielwelt noch selbst gar nicht betreten haben. Seit ich dieses Blog 2009 gründete, bin ich jedoch immer nach der Devise verfahren, mich bei Stellungnahmen zu Spielen zu bremsen, die ich nicht selbst substantiell gespielt habe. Viele Interviewanfragen aus der Zeit musste ich daher ablehnen, selbst wenn mich die Aufmerksamkeit für mein Blog gefreut hätte.

Das Blog gespielt ist das zentrale Hub für alle Interessierten an Geschichte in digitalen Spielen (Abb.: eigener Screenshot)

Nun, ein Jahr später, hatte ich in unserem ->GameLab der ->Public History Hamburg auch die Gelegenheit, ->Kingdom Come: Deliverance zu spielen. Im Blog ->gespielt des Arbeitskreises Geschichtswissenschaft und digitale Spiele (AKGWDS) nehm ich daher zusammen mit einigen Historikerinnen und Historikern zu dem spätmittelalterlichen Rollenspiel Stellung: -> „Vom rechten Bild des Mittelalters“ – Stimmen aus dem AKGSDS zur Nominiereung von „Kingdom Come Deliverance“ für den Deutschen Computerspielpreis 2019, in: gespielt vom 11.3.2019). Es beteiligten sich Felix Zimmermann, Jan Heinemann, Eugen Pfister, Aurelia Brandenburg und Robert Heinze. Es freut mich, dass auch ich Gelegenheit bekam, meinen Beitrag dazu zu leisten.

Der Anlass für den neuaufgelegten, kritischen Diskurs ist, dass die Jurys des ->Deutschen Computerspielpreis 2019 das Mittelalter-Rollenspiel in der Kategorie „Beste Spielwelt“ nominierten. Offenbar ist es für die beteiligten Personen aus Politik und Gesellschaft, Spielejournalismus und Games-Branche vorstellbar, dass Kingdom Come trotz der rechtsnationalen Gesinnung seines Geschichtsbildes einen dotierten Prestigepreis gewinnen darf. Um die Stimmen der Geschichtswissenschaft in diesem Diskurs noch einmal laut werden zu lassen, entschlossen wir uns, die verschiedenen Positionen der Mitglieder einzubringen. Bewusst haben wir uns dort als Personen und nicht als Verband mit unseren Meinungen positioniert. Zentrale Punkte gleichen sich zwar, aber die Ansichten über das Spiel unterscheiden sich doch in interessanten Details. Beteiligen Sie sich dort gern an der Diskussion.

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IN EIGENER SACHE: Zurück im Vorposten

Die Dissertation ist eingereicht, endlich kann es in diesem Blog weitergehen

In meinem vorherigen Beitrag bat ich um ein wenig Geduld, weil es mir im letzten halben Jahr enormen Zeitaufwand und erschöpfend viel Energie abverlangte, die Arbeiten an meiner Dissertation abzuschließen. Daher legte ich im September schweren Herzens das Blog vorübergehend auf Eis. Der Ausnahmezustand traf viele private, aber auch berufliche Bereiche meines Lebens. So stellte ich meine Mitarbeit im ->Arbeitskreis Geschichtswissenschaft und digitale Spiele (AKGWDS) ein und ließ unsere Hamburger ->AG Games ruhen. Rückblickend waren diese Entscheidungen – so schwer mir diese Rückzüge fielen –  sinnvoll und wichtig, um mein Mammut-Projekt zu beenden. Nun kämpfe ich mich langsam aus dem Erdrutsch an liegengebliebenen Verpflichtungen nach oben.

Meine Dissertation untersucht digitale Spiele als Erinnerungskulturelle Wissenssysteme. Sie entwickelt ein Arbeitsmodell, das geschichtswissenschaftliche Perspektiven sinnvoll strukturiert. Dessen Anwendung auf das Fallbeispiel ‚The Secret World‘ erwies sich als gewinnbringend. Im Januar 2018 reichte ich die Dissertation der Prüfungskommission ein. (Abb. eigenes Foto)

Daher setzt auch meine Arbeit zu historischen Inhalten digitaler Spiele, innovativen Spielprinzipien und deren technikkulturelle Geschichte hier wieder ein. So manchen Beitrag meines Blog seit 2009 nutzte ich quasi als eine externe Speichererweiterung für meine Doktorarbeit, damit Leserinnen und Leser diverse Aspekte meines Textes an detailreicheren Artikeln vertiefen können. Als Dissertationsblog aber war er nie gemeint. Daher endet meine Arbeit auch nicht damit, dass die Dokterarbeit nun an der Universität Hamburg eingereicht ist. Als geschichtswissenschaftlicher Vorposten im weitgehend unerschlossenen Niemandsland von digitalen Spielen, die historisch inszenieren, bleibt er mir sogar äußerst wichtig. Von Beginn an trieb mich eine zentrale Motivation: Ich möchte Forschenden und Studierenden verständlich neue Perspektiven auf Geschichte in und um digitale Spiele aufzeigen, aber eben auch Lehrende an Schulen, Entwicklerinnen und Entwickler sowie journalistisch Interessierte mit einbeziehen. Meine Projekte in den vergangenen Jahren bewiesen mir überaus eindeutig, wie gewinnbringend ein Austausch unter diesen Gruppen für alle Beteiligten ist.

Dass es also endlich weitergehen kann, erleichtert mich sehr. Schließlich brennen mir seit einem halben Jahr große und kleine Themen unter den Nägeln, zu denen zu schweigen ich verdammt war. Ein paar Beispiele, die erklären, warum es so feurig brannte, nennt dieser Beitrag weiter unten. Als nächstes aber fußt zunächst ein neuer Blogartikel auf der Zusammenarbeit mit dem ->Talk-Show-Format gts7000. In ihrer Sendung am 8. März werden Historikerinnen und Historiker unter dem Leitmotiv „History Making on Playstation?“ darüber diskutieren, wie digitale Spiele Geschichte inszenieren. Mich baten die Veranstalter um einen Beitrag dazu, worüber ich mich sehr freue. Ich stelle eine Art Forderungskatalog zur Diskussion, wie sich die Geschichtswissenschaft meiner Ansicht nach völlig neu gegenüber digitalen Spielen aufstellen muss…

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NEWS: Ein Stück Geschichte

Ron Gilbert veröffentlicht das Designdokument von „Maniac Mansion“

Unsere Geschichte bilden Erzählungen um Objekte, die uns aus der Vergangenheit erreichen. Wie eine Flaschenpost liefern Gebäudereste und Skulpturen, Gemälde und Grabsteine Indizien für uns Historiker und Archäologen, um bestenfalls eine plausible Geschichte aus möglichen Geschichten herauszufiltern. Meist stützen wir Historiker uns zuallererst auf textliche Dokumente und Bildquellen wie Urkunden oder Fotografien. Solche Dokumente können sehr alt sein, müssen es aber nicht. So arbeitet die Zeitgeschichte oder die Mediengeschichte oft mit Dokumenten, die erst in jüngerer Zeit entstanden.

Abb.: Im grafischen Look füher Grafikadventures legt Ron Gilbert ein Stück Zeitgeschichte offen. (Abb.: Screenshot der Webseite)
Abb.: Im grafischen Look füher Grafikadventures legt Ron Gilbert ein Stück Zeitgeschichte offen. (Abb.: Screenshot der Webseite)

Ein ganz besonderes Stück Zeitgeschichte hat sein Schöpfer selbst offen ins Internet gestellt. ->Ron Gilbert war der kreative Kopf hinter berühmten Meisterwerken von Adventures aus der legendären Firma ->Lucas Arts. Gilbert veröffentlichte jetzt nach einigen ->Notizen auch die ->Design-Dokumente des Abenteuerspieles ->Maniac Mansion auf seinem Blog ->Grumpy Gamer. Sein Kollege ->Gary Winnick prägte den Grafikstil des Spieles und steuerte Ideen zum Entwurf bei. Das Spiel aus dem Jahre 1987 zählt vor allem deswegen zu den Legenden, weil es voller faszinierender Abstrusität steckte, vielschichtigem Humor und dennoch eine aufregende Geschichte mit kniffligen Rätseln parat hielt. Insbesondere die verschiedenen spielbaren Charaktere mit speziellen Fähigkeiten machten es zu einer Herausforderung. Getoppt wurde es darin eigentlich nur durch seinen Nachfolger ->Maniac Mansion 2: The Day of the Tentacle (1993), für das mit ->Tim Schafer nun aber eine weitere Legende der Entwicklerszene verantwortlich zeichnete.

Solche Dokumente sind leider von erheblicher Seltenheit und doch so unerlässliche Indizien für das Verständnis, in welcher Weise die schnelllebige Gamesbranche ihre Spiele in bestimmten Phasen ihrer Geschichte entwickelte. Jedem, der sich mit Videospielen aus einer Forschersicht befasst, kann ich Gilberts gesammelte Dokumentation daher nur dringend empfehlen. Natürlich ist sie nur ein einzelnes Schlaglicht auf eine bestimmte Phase in einem spezifischen Genre. Daher sollte sie nicht verallgemeinert oder überbewertet werden. Aber allemal sind diese Einblicke wichtige Bausteine für die historische Perspektive auf digitale Spiele – bis zu welchem Grad sie es sind, muss jeder selbst beurteilen.

httpvh://youtu.be/XAbHmE73p7o
Der Lead Designer eines großen Rollenspieles mit Mittelalter-Setting betreibt sehr viel Aufwand, den Designprozess für „Kingdom Come: Deliverance“ offen zu legen. (Kingdom Come: Deliverance – Video Update #1: Our World / Kanal Warhorse Studios via Youtube)

Immer mal wieder zwar blitzen Zeugnisse wie diese auf. Entwickler berichten über ihren Designprozess in Fachzeitschriften wie der deutschen ->Making Games oder der ->EDGE aus Großbritannien. Zudem gibt es  Developer Diaries wie zum Beispiel ->Daniel Vávras sehr gelungene Videos zu ->Kingdom Come: Deliverance. Ich würde ich mir jedoch wünschen, dass mehr Entwickler ihre Arbeit in der Weise wie Gilbert bis hin zu Design-Dokumenten offenlegen. So könnte die Rolle von Entwicklern in der Games-Branche endlich angemessen gewürdigt, eingeordnet und historisch dokumentiert werden.

Viel zu viel gerät in dieser Branche noch in Vergessenheit, was nicht nur für Historiker, sondern auch für die Zukunft in der Gamesbranche wieder bedeutsam werden könnte. Danke, Mr. Gilbert, für diese abenteuerlichen historischen Puzzlestücke.

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NEWS: Der Stand des Mittelalters

Die Gamestar gibt einen aktuellen Überblick zum Stand des Mittelalter-Rollenspiels Kingdom Come: Deliverance

Dass ->Kingdom Come: Deliverance der Prager ->Warhorse Studios für alle Freunde des puren Mittelalters eine Freude werden dürfte, habe ich aus mehreren Perspektiven in verschiedenen Beiträgen bereits ausgeführt. Besonders interessant ist bei dem Projekt der hohe Grad an historischer Reflexion durch die Entwickler und ihr Versuch, das Mittelalter möglichst authentisch zu präsentieren.

->NEWS: Die Weißen Ritter, vom 20. Dezember 2013

->NEWS: Licht und Schanden, vom 23. Januar 2014

->NEWS: How To Abstract, vom 29. Januar 2014

->NEWS: Good Fight! Good Knight!, vom 13. Februar 2014

Den gegenwärtigen Stand des Projektes, das für PC, die PS4 und die XBox One erscheinen soll, fasst das führende deutsche Videospielemagazin Gamestar in einem Preview-Video zusammen. Der Kommentar dazu ist ebenso bewundernd wie wohlwollend, deutete aber auch zurecht an, wo noch Probleme des fertigen Spieles schlummern könnten. Allerdings ist der Release auch erst für 2015 geplant, weshalb den Entwicklern noch genügend Zeit bliebe, diese Probleme auszumerzen.

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NEWS: Good Fight! Good Knight!

Komplexe, mittelalterliche Kämpfe will Kingdom Come: Deliverance bieten

Schon an anderer Stelle habe ich auf den Anspruch der Entwickler -> Warhorse Studios hingewiesen, mit ->Kingdom Come: Deliverance ein möglichst authentisches mittelalterliches Erlebnis in einem Rollenspiel zu erschaffen, das bislang seinesgleichen sucht (->NEWS: Die Weißen Ritter, in: Keimling vom 20. Dezember 2013). In einem weiteren Beitrag hob ich die lobenswerten Versuche des Teams heraus, die Spannungen zwischen dem  Anspruch der Authentizität einerseits und den Einschränkungen durch die realen Begebenheiten vor Ort oder jenen aus der Spielmechanik andererseits nachvollziehbar offenzulegen (NEWS: How To Abstract, in: Keimling vom 29. Januar 2014). Dies ist auch über das Gamedesign hinaus eine interessante Problematik zum Beispiel auch für geisteswissenschaftliche Arbeit, die mittelalterliche Vorgänge zu (re-)konstruieren versucht.

Nun zeigt ein weiteres Entwicklervideo, wie akribisch in Prag die Kämpfe in dem Spiel umgesetzt werden. Das Spiel stellt einzelne Auseinandersetzungen wie auch Massenschlachten stringent aus der persönlichen Perspektive des Spielers dar, so wechselt die Sicht zum Beispiel in einer größeren Schlacht nicht etwa auf eine strategische Vogelflugansicht. Strategische Entscheidungen indes kann der Spieler im Gespräch während der Vorbereitung einer Schlacht treffen.



Im vierten Entwicklervideo beleuchtet Warhorse Games die Umsetzung mittelalterlichen Kampfes. (Video Update 4: Combat / Kanal Warhorse Games via Youtube)

Im Video wird ersichtlich, wie die Entwickler das Kampfsystem vorbereitet haben und nun näher ausgestalten. Eine enorme Komplexität erzeugen verschiedene Angriffsformen (Hieb, Stich) wie Sonderaktionen (Fausthieb) aber vor allem mehrere Angriffszonen, auf die gezielt werden kann. Sogar Finten sind möglich. Das ist wohl das herausforderndste Kampfsystem, das ich je gesehen habe und sich vermutlich eher mit Prügelspielen à la ->Street Fighter oder ->Tekken vergleichen ließe. Im Zeitalter der Casualisierung wird diese Herausforderung nicht jedem Spieler schmecken. Rollenspiel kommt in das Kampfsystem insofern mit hinein, als dass Charakterwerte die Kämpfe beeinflussen. Spezialisiert sich jemand auf Schlagwaffen, trifft den Gegner eine Axt mit schwererem Schaden, ist die Spielerfigur auf besonders hohe Aufmerksamkeit trainiert, verläuft ein Kampf langsamer.

Als Abbild tatsächlicher mittelalterlicher Kämpfe ist das System eine hoch glaubwürdige Umsetzung, sieht man davon ab, dass nicht jede größere Verwundung bereits den Kampf abbricht. Das ist wohl ein Zugeständnis an die Spielbarkeit. Es ist ganz und gar erstaunlich, was die Entwickler in ihren Videos für Spielfeatures veröffentlichen. Man kann nur hochgespannt darauf warten, was da als nächstes kommt.

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NEWS: How To Abstract

Entwickler von Kingdom Come: Deliverance zeigen ihr Engagement für Authentizität

Auch wenn man mir mittlerweile nachsagen könnte, ich betriebe Werbung für das Mittelalter-Rollenspiel ->Kingdom Come: Deliverance der Prager Entwickler von ->Warhorse Studios, so gibt es doch einen konkreten Anlass für einen weiteren Beitrag zu diesem Spiel in meinem Blog.

In einem fünfzehnminütigen Video erläutert Chefentwickler Daniel Vavra, wie sein renommiertes Team sich möglichst akkurat und authentisch dem Mittelalter zu nähern versucht. In diesem sehr offenherzigen Film wird deutlich, welchen Schwierigkeiten und Beschränkungen selbst der größte Anspruch auf Authentizität in einem Videospiel gegenüber steht. Jede Darstellung ist letztlich eine Abstraktion.



Im Video Update schildert der Chefentwickler, wie die Welt des Spiels möglichst authentisch entsteht. (Video Update 1 / Kanal Warhorse Studios via Youtube)

In der Spielwelt müssen Entfernungen verkürzt werden, um den Spielern lange Reisewege zu ersparen, die heutige Welt lässt viele mittelalterliche Bauten nur noch erahnen, die nachgebildet werden sollen, und, ob eine Karte des 18. Jahrhunderts als Grundlage für das Spielgebiet die beste Wahl ist, stimmt ebenfalls nachdenklich. Mir nötigt es dennoch Respekt ab, dass sich die Entwickler offenbar der Probleme bewusst sind, sich ihnen stellen und sie nicht kaschieren wollen.

Allerdings stehen auch Historiker immer wieder vor diesem Problem. Wie nähert man sich einer uns heute verborgenen Welt wieder an? Wie abstrahiert man die mittelalterliche Welt und stellt sie in wissenschaftlichen Texten und Karten dar, wenn sich doch durch Urkunden, Bilder und Bauten nur kleine Teile von Auszügen der damaligen Zeit bis heute überliefert haben. Dadurch wird das Video umso mehr zu einem spannenden Einblick, wie Spieleentwickler damit umgehen.

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NEWS: Licht und Schanden

Das authentische Mittelalter-RPG Kingdom Come: Deliverance benötigt jetzt Hilfe durch Kickstarter

Vor Kurzem habe ich in einem Beitrag über die begrüßenswerten Plane des Prager Entwicklers ->Warhorse Studios geschrieben, der versuchen will, ein authentisches Mittelaltererlebnis in einem Videospiel zu erschaffen (->NEWS: Die Weißen Ritter, in: KEIMLING vom 20. Dezember 2013). Dafür soll das Open-World-Rollenspiel ->Kingdom Come: Deliverance nicht nur in einem historischen Setting des zentraleuropäischen Mittelalters angesiedelt sein, sondern auch gänzlich auf Fantasyelemente verzichten. Der jüngst veröffentlichte Trailer offenbart spielmechanisch wie grafisch den strahlenden Glanz eines innovativen und authentischen Unikats.



Nach erfolglosen Versuchen, einen Publisher zu finden, startet Warhorse Studios eine Kickstarter-Kampagne, zeigt den großen Vertrieben, wo das Breitschwert hängt und liefert zudem eindrucksvolles Gameplaymaterial. (Official Kickstarter Video / Kanal Warhorse Studios via Youtube)

Geirrt habe ich mich bei meiner Vermutung, das Spiel würde die Umstände der Thronbesteigung von Karl IV. im 14. Jahrhundert thematisieren. Allerdings war die Annahme nicht ganz falsch, bleibt das Szenario doch in der Familie. Wie Gamestar.de am 22.1.2014 in einem ->Preview-Artikel berichtet, handelt das Mittelalter-Videospiel von den Halbbrüdern und Söhnen Karls IV., Wenzel und Sigismund von Luxemburg, und den Streitigkeiten um die Reichsherrschaft im 15. Jahrhundert. Na gut, dicht daneben.

Leider nicht geirrt aber habe ich mich in der Einschätzung, dass der Entwickler offenbar keinen Publisher für sein innovatives Spielkonzept findet. Die großen Spielevertriebe sehen trotz des hochkarätigen Teams und der technisch hervorragenden Grundlage der ->CryEngine von ->Crytek aus Frankfurt dafür keinen Markt. Dies deckt sich leider mit meiner erheblichen Kritik an den Publishern als innovationshemmende Faktoren in meinem Beitrag zu dem Online-Rollenspiel ->The Secret World (->KOMMENTAR: Totengräber verborgener Welten, in KEIMLING vom 20. Januar 2014).

Dass diese Haltung nicht nur eine Schande, sondern im Falle von ->Kingdom Come: Deliverance auch eine völlige Fehleinschätzung ist, zeigt die nun durch das Entwicklerstudio angestoßene Kampagne auf der Crowd-Funding-Plattform ->Kickstarter. Das Studio bittet dort seit gestern um 300.000 Pfund zur weiteren Finanzierung und hat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung meines Artikels bereits 85% dieser Summe eingefahren. Dabei läuft die Kampagne noch bis zum 20. Februar 2014. Wer also das Projekt unterstützenswert findet, der sollte sich die Seite bei ->Kickstarter mal genauer ansehen. Oder er spendet halt einfach den Entwicklern Unterstützung, um den Publishern ihre Schandtaten mal wieder deutlich vor Augen zu führen.

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NEWS: Die Weißen Ritter

Warhorse Studios kündigen ein historisch akkurates Mittelalterspiel im Römisch-Deutschen Kaiserreich an

Weiße Ritter stehen als Sinnbild für ritterliche Tugenden, mit denen hohe Ideale bis hin zur Selbstaufopferung hochgehalten werden. Das Team der ->Warhorse Studios aus Prag damit zu vergleichen, die mit ->Kingdom Come: Deliverance ein mittelalterliches Rollenspiel für die Plattformen PC, XBox One und Playstation 4 angekündigt haben, erscheint nur auf den ersten Blick übertrieben. Aus wissenschaftlicher Perspektive folgen die Entwickler, die an hochklassigen Produktionen wie dem erzählstarken ->Mafia oder den militärischen Team-Shootern der ->Armed Assault-Reihe sowie ihren Ablegern gearbeitet haben, durchaus höchsten Idealen geschichtlich akkurater Inszenierung.



Hält Glaubwürdigkeit endlich Einzug ins Mittelalter? (Quelle: Teaser / Kanal Warhorse Studios via Youtube)

Die Pläne für das 2015 erscheinende Action-Rollenspiel mit strategischen Elementen sehen eine offene Spielwelt (Open World) vor, in der sich Spieler frei entfalten können, einer nicht-linearen, verzweigten Erzählung folgen und im Nahkampf aus der Ich-Perspektive zu Felde ziehen. Die Titel aus der Vorgeschichte der Personen belegen schon einmal hohe Kompetenz in der Realisierung offener Spielwelten. Bewusst verzichten die Entwickler zudem auf die Vermischung eines pseudomittelalterlichen Settings mit Fantasiewesen und Magie wie ausnahmslos alle Konkurrenten im Bereich der Rollenspiele…

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