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NEWS: Good Fight! Good Knight!

Komplexe, mittelalterliche Kämpfe will Kingdom Come: Deliverance bieten

Schon an anderer Stelle habe ich auf den Anspruch der Entwickler -> Warhorse Studios hingewiesen, mit ->Kingdom Come: Deliverance ein möglichst authentisches mittelalterliches Erlebnis in einem Rollenspiel zu erschaffen, das bislang seinesgleichen sucht (->NEWS: Die Weißen Ritter, in: Keimling vom 20. Dezember 2013). In einem weiteren Beitrag hob ich die lobenswerten Versuche des Teams heraus, die Spannungen zwischen dem  Anspruch der Authentizität einerseits und den Einschränkungen durch die realen Begebenheiten vor Ort oder jenen aus der Spielmechanik andererseits nachvollziehbar offenzulegen (NEWS: How To Abstract, in: Keimling vom 29. Januar 2014). Dies ist auch über das Gamedesign hinaus eine interessante Problematik zum Beispiel auch für geisteswissenschaftliche Arbeit, die mittelalterliche Vorgänge zu (re-)konstruieren versucht.

Nun zeigt ein weiteres Entwicklervideo, wie akribisch in Prag die Kämpfe in dem Spiel umgesetzt werden. Das Spiel stellt einzelne Auseinandersetzungen wie auch Massenschlachten stringent aus der persönlichen Perspektive des Spielers dar, so wechselt die Sicht zum Beispiel in einer größeren Schlacht nicht etwa auf eine strategische Vogelflugansicht. Strategische Entscheidungen indes kann der Spieler im Gespräch während der Vorbereitung einer Schlacht treffen.



Im vierten Entwicklervideo beleuchtet Warhorse Games die Umsetzung mittelalterlichen Kampfes. (Video Update 4: Combat / Kanal Warhorse Games via Youtube)

Im Video wird ersichtlich, wie die Entwickler das Kampfsystem vorbereitet haben und nun näher ausgestalten. Eine enorme Komplexität erzeugen verschiedene Angriffsformen (Hieb, Stich) wie Sonderaktionen (Fausthieb) aber vor allem mehrere Angriffszonen, auf die gezielt werden kann. Sogar Finten sind möglich. Das ist wohl das herausforderndste Kampfsystem, das ich je gesehen habe und sich vermutlich eher mit Prügelspielen à la ->Street Fighter oder ->Tekken vergleichen ließe. Im Zeitalter der Casualisierung wird diese Herausforderung nicht jedem Spieler schmecken. Rollenspiel kommt in das Kampfsystem insofern mit hinein, als dass Charakterwerte die Kämpfe beeinflussen. Spezialisiert sich jemand auf Schlagwaffen, trifft den Gegner eine Axt mit schwererem Schaden, ist die Spielerfigur auf besonders hohe Aufmerksamkeit trainiert, verläuft ein Kampf langsamer.

Als Abbild tatsächlicher mittelalterlicher Kämpfe ist das System eine hoch glaubwürdige Umsetzung, sieht man davon ab, dass nicht jede größere Verwundung bereits den Kampf abbricht. Das ist wohl ein Zugeständnis an die Spielbarkeit. Es ist ganz und gar erstaunlich, was die Entwickler in ihren Videos für Spielfeatures veröffentlichen. Man kann nur hochgespannt darauf warten, was da als nächstes kommt.

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KOMMENTAR: Totengräber verborgener Welten

Die gescheiterte Revolution von The Secret World ist nicht weniger als ein Fanal für die MMO-Branche

Mit Revolutionen ist das so eine Sache, manche gelingen, manche fahren sich fest, nach anderen schwingt das Pendel in die genaue Gegenrichtung. Man muss, um diese These zu untermauern, den Blick nur nach Nordafrika wenden. Die frische Brise des arabischen Frühlings schlägt mittlerweile mit eiskaltem Winterhauch zurück und lässt Ägypten wie Tunesien in eine ungewisse Zukunft steuern.

Seit Sektierer den Sonnenkönig Echnaton wieder zu erwecken versuchen, brodelt nicht nur der Boden in Ägypten. (eig. Screenshot)
Bösartige Kreaturen entsteigen dem Wüstensand und fallen vom Himmel. Seit fanatische Sektierer den Sonnenkönig Echnaton wieder zu erwecken versuchen, brodelt in Ägypten nicht nur der Boden. (eig. Screenshot / mein Spieleravatar Lionsheart im Vordergrund)

Nun mag der geschlagene Bogen zur Games-Branche zunächst nicht auf den ersten Blick nachvollziehbar sein. Doch ist diese Vergleich keinesfalls abwegig, denn auch hier hat sich eine Revolution sang- und klanglos in die Ungewissheit verlaufen, obwohl sie mit großen Hoffnungen im Herbst 2012 gestartet war. ->The Secret World wollte komplexe Erzählungen endlich auch in Online-Rollenspielen etablieren, konnte aber diesen Anspruch nicht erfüllen.

Die Entwicklung ist umso bedauerlicher für die gesamte Landschaft von Massively Multiplayer Online Role-Playing Games (MMORPGs), weil eine detaillierte Analyse offenbart, dass die Umwälzung nicht in ihrem Kern fehllief. Vielmehr zerschellte sie an den Riffen vermeidbarer Begleitumstände…

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NEWS: Was tribe ich da eigentlich?

Ein Addon zu Europa Universalis 4 scheitert an amerikanischen Ureinwohnern

In der Zeit zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert ringen zahlreiche Gruppierungen um die Macht in Europa, ihr Einfluss aber erstreckt sich im Zeitalter der großen Entdeckungen nun weit über dessen Grenzen hinaus. Im vierten Teil der Spielereihe ->Europa Universalis glänzen die schwedischen Entwickler von ->Paradox Interactive wieder in ihrer Kernkompetenz: Sie stehen seit Jahren für ebenso komplexe wie fordernde rundenbasierte Strategiespiele mit ausgefeilten historischen Szenarien. Im Falle von ->Europa Universalis IV berücksichtigt das Programm im Spielzeitraum von 1444 bis 1821 viele historische Aspekte wie zum Beispiel die religiöse Spaltung zwischen Protestanten und Katholiken vor dem Dreißigjährigen Krieg sehr gründlich.

Bekannt ist aus dem Hause ->Paradox Interactive zudem die Reihe ->Hearts of Iron, die den Zweiten Weltkrieg thematisiert. Dass der zweite Ableger zum Mittelalter unter dem Titel ->Crusader Kings 2 einen enormen Impuls in der historischen Inszenierung von Strategietiteln darstellte, weil er zum ersten Mal recht tauglich Dynastien miteinbezieht, habe ich hier im Beitrag ->INNOVATION: Die leidige Verwandtschaft vom 10. Oktober 2012 bereits ausgeführt. Doch heißt das natürlich nicht, dass sich selbst so von der Geschichte begeisterte Entwickler nicht auch mal Schnitzer leisten könnten.



Der Einzug der nordamerikanischen Ureinwohner in die Frühe Neuzeit gerät holprig. (Quelle: Entwickler-Video zum Addon / Kanal von Paradox via Youtube)

Denn das Addon „Conquest of Paradise“, das am 14. Januar 2014 zu ->Europa Universalis IV erscheinen wird, greift zwar ein bislang vernachlässigtes Thema auf. Dort werden nun die amerikanischen Ureinwohner dargestellt und als der Anführer eines ihrer Stämme kann man sie nun zu Ruhm und Ehre führen. Das schließt sogar die Option ein, sie unter der eigenen Führung zu einen. Durchaus werden dabei die geografischen Begebenheiten durch die Entwickler berücksichtigt, die Lage der Siedlungsgebiete sowie die großen Distanzen dazwischen und ihre Veränderungen mit der Zeit. Sogar spezifische Gebäude und andere Errungenschaften der Stämme werden abgebildet.

Leider steht in diesem Ergänzungsprogramm zum Haupttitel jedoch voraussichtlich die Spielmechanik einer plausiblen Einbettung der nordamerikanischen Ethnien im Wege. Wenn man noch mit viel gutem Willen in der Frühen Neuzeit Europas eine beginnende Staatskultur mit abgeschlossenen territorialen Grenzen hinnehmen kann, die sich in der Auseinandersetzung um relativ feste geografische Provinzen niederschlägt, ist dies doch für teils sesshafte, teils nomadisierende Ureinwohner Nordamerikas fragwürdig. Zwar hat Paradox versucht, die Wanderungen von Stämmen spielmechanisch zu integrieren, doch hat man es neben dem fehlenden Konzept von Territorien eben auch nicht mit vergleichbaren Führungsstrukturen zu tun, die zentral durch den Spieler zu lenkende Forschung, Kriegsführung und wirtschaftliche Entwicklung plausibel rechtfertigen ließen.

Auch wenn sich Paradox bemüht, zum Beispiel durch besondere Verzweigungen der Entwicklungsbäume eine Andersartigkeit der Stämme gegenüber Europa herauszuarbeiten, steht das spielmechanische Grundgerüst einer wirklichen Abbildung von Stammeskulturen leider entgegen. Dass ein Bewusstsein für dieses Problem letztlich fehlt, ist auch an verschiedenen Äußerungen im Trailer zu bemerken, wenn von „Staaten“ oder „Ländern“ der Ureinwohner die Rede ist.

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DGBL: Das Ende der Finsternis (Teil 3)

Potenziale mittelalterlicher Inszenierungen in digitalen Spielen


>>>Teil 1: Geschichte und die Forschung an Digitalen Spielen
>>>Teil 2: Die Schwierigkeiten mit der Geschichte als Inhalt
>>>Teil 3: Inszenierung militärischer Strategie
>>>Teil 4: Inszenierung wirtschaftlichen Aufbaus
>>>Teil 5: Inszenierung individueller Narration (in Vorbereitung)
>>>Teil 6: Inszenierungen des Mittelalters – Ein Zwischenfazit (folgt)

Welche Präsentationsformen des Mittelalters sich im Genre der militärischen Strategie entwickelt haben, illustriert der dritte Teil des Beitrags unter Anderem mit dem Fallbeispiel Medieval 2 – Total War.


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INNOVATION: Da wohnt doch was im Schrank

Questsystem und Erzählweise von „The Secret World“ revolutionieren MMORPGs

Kingsmouth muss einst ein schönes, kleines Fischerdörfchen gewesen sein. Von der Dorfkirche herab führen nur drei Straßen zum Hafen hinunter, wo Fischtrawler dicht an dicht an den breiten Kaianlagen dümpelten. Einst lud der Pastor zum Plausch, die Straßen waren bestimmt voller Touristen und am Hafen hatte man einen sagenhaften Weitblick auf den Atlantik vor Neuengland.

Täuschend leer scheinen die Straßen von Kingsmouth, doch in jeder Gasse lauern die Hirnschlürfer.
Täuschend leer scheinen die Straßen von Kingsmouth, doch in jeder Gasse lauern die Hirnschlürfer.

Der wird jedoch seit Kurzem von einer unnatürlich dichten Nebelsuppe verschluckt, die kotzende Meermonster ausspuckt, auf den Straßen wanken höchstens noch hirnbefreite, aber nach geistiger Nahrung hungernde Zombies und der Pastor kann von Glück reden, dass ein Illuminatenzauber sein Gotteshaus von Hirnschlürfern freihält. Als wäre das noch nicht genug, streifen Wendigos durch die Wälder, rabenhafte Albtraumschnitter metzeln Spielplatzbesucher und Geister poltern ungeliebte Besucher aus ihren Häusern.



Unsere Welt neigt sich ihrem Ende: Mythen und Legenden streifen mordend durch die Straßen, und wer das überlebt hat, dreht den Spieß um...

Warum das so ist, können Spieler nun im MMORPG ->The Secret World des Entwicklers ->FunCom seit kurzer Zeit selbst herausfinden. Dabei stoßen sie auf ein freies Talentsystem mit 500 frei wählbaren Fertigkeiten, eine innovative Queststruktur mit neuartiger Auftragsformen und eine stimmige Spielwelt voller einfallsreicher Geschichten. Trotz der erfrischenden Neuerungen sollten Interessierte aber jetzt zuschlagen, denn der wirtschaftliche Erfolg scheint leider auszubleiben. Das hat Gründe, die sich nicht auf Anhieb erschließen und mehr mit Genre und Branche zu tun haben, als mit dem Spiel selbst…

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