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IN EIGENER SACHE: Nur so’n halber Winterschlaf dank Youtube

Um dieses Blog ist es still geworden. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass ich untätig wäre. Die Welt hat sich verändert – und sehr offensichtlich auch euer Nutzungsverhalten. Außerdem ist es nicht ganz trivial ein Blog, das seit 2009 besteht, technisch am Laufen zu halten. 2023 zerlegte ein PHP Update meines Providers den gesamten Zugriff. Monate habe ich gebraucht, bis ich die Zeit fand, um die kritischen Fehler zu beseitigen. Das war mir auch eine Lektion.

Deshalb habe ich beschlossen, dieses Blog in den Winterschlaf zu verlegen… ohne ihn aber einfach zu löschen. Weiter geht es mit jedoch mit Geschichte von und in digitalen Spielen in den Videoformaten auf meinem Youtube-Kanal. Was ich ansonsten alles so veröffentliche, wen ich berate und welche Aktivitäten ich sonst durchführe, könnt ihr in meinem persönlichen Blog nachlesen.

Auf Youtube befassen sich immerhin schon 80 Quickshots mit Facetten zu Geschichte von und in digitalen Spielen (Kanal Nolden via Youtube)

Keine Sorge aber: KEIMLING bleibt weiterhin online, solange ich es finanzieren kann. Das muss dieses Blog schon allein deswegen, weil ich für meine Doktorarbeit Geschichte und Erinnerung in Computerspielen (2020) hier viele Gedanken ausgelagert und verlinkt hatte, die einfach nicht auch noch in das Riesenbuch gepasst haben. Außerdem weiß ich ja, dass es gelegentlich doch einige Studierende und wissenschaftlichen Nachwuchs gibt, die auf meinen Beiträgen hier ihre eigenen Studienarbeiten oder Examen aufbauen.

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IN EIGENER SACHE: Zehneinhalb – und ein wenig weiser

Zehn Jahre  wurde ‚Keimling‘ 2019 alt – vor lauter Arbeit übersah ich das ein halbes Jahr lang

Um es gleich vorneweg zu schreiben: Dieses Blog ist mir immer noch wichtig. Zurecht fragte mich manch eine(r) nach neuen Beiträgen. Leider gelang mir schon länger nicht mehr, den Anspruch des monatlichen Rhythmus aufrecht zu erhalten. Die gesunkene Frequenz liegt jedoch nicht an einem Mangel an Ideen oder dem Bedürfnis, sie niederzuschreiben: Zahlreiche Beiträge zu verschiedenen Anlässen und Spielen liegen fast fertig im Redaktionssystem. Um sie aber für eine Veröffentlichung fertig zu stellen, läuft mir stets die Zeit davon. Zur Krönung meiner Arbeitslast entging mir sogar völlig, dass ‚Keimling‘ im vergangenen Jahr den zehnten Geburtstag feierte.

Abb. Im Mai 2009 befasste sich der erste Beitrag dieses Blogs mit der Wiederauferstehung von Adventure-Klassikeren. (eigener Screenshot)

Die Umstände erlaubten es einfach nicht, meine Beiträge fertig zu stellen. Meine Dissertation zu publizieren, erwies sich als sehr viel umständlicher als erwartet. Parallel freuten mich zwar Anfragen, mit geschichtswissenschaftlichen und allgemeinbildenden Artikeln zum Diskurs über Computerspiele beizutragen, sie kosteten jedoch auch Zeit. Da sie in der Regel finanziell nichts bringen, erhöhten sie zudem den wirtschaftlichen Druck, anderweitig Einkünfte zu erzielen. Obendrein endete meine langjährige Tätigkeit in der Hamburger Public History. Noch immer erfüllt mich mit großem Bedauern, dass wir die begonnenen Reformen nicht fortsetzen konnten. Im September bedeutete dies das Ende für alle meine Bemühungen rund um das GameLab und die Ludothek. Eine herbe fachliche und persönliche Niederlage. Im Oktober 2019 eröffnete sich jedoch eine neue Chance. Ich starte nun mit der Public History an der Leibniz Universität Hannover von Grunde auf neu. Dieses satte Programm hat mich gerade in der zweiten Jahreshälfte  gut ausgelastet … und von neuen Beiträgen abgehalten.

Die Fäden der Beschäftigung mit digitalen Spielen  in den letzten zehn Jahren führt mein aktuelles Buch zusammen. (Abb. deGruyter)

Dennoch hat dieses Blog nach wie vor wichtige Funktionen für mich – und hoffentlich weiterhin für die Geschichtswissenschaft. Es bietet Raum für schriftliche Formen, die in akademische Beitragsformate sonst nicht passen. Selbst wenn immer wieder Dinge dazwischen kommen, arbeite ich mir daher nach und nach genügend Zeit für Keimling frei. Manche der Juwelen aus vergangenen Jahren müssen zudem hervorgeholt werden, um sie einmal gründlich aufzupolieren. Somit habe ich einen Plan für dieses Blog, der mich locker die nächsten zehn Jahre ausfüllen wird…

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INNOVATION: Elex mia doch am Oarsch

Das postapokalyptische Sci-Fi-Spektakel ‚Elex‘ entwirft ein faszinierendes historisches Wissenssystem

[ PC (getestet) | PlayStation 4 | XBox One ]

Der Planet Magallan hat echte Probleme. Historisch gesehen, weil vor Jahrzehnten ein Meteorit in seine Oberfläche schlug, der weite Teile der Infrastruktur wegfegte – so auch die darauf errichtete Zivilisation. Betrachtet vom  sozialen Blickwinkel her, sammelten sich Überlebende in ein paar Gruppierungen, die sehr gegensätzliche Konsequenzen aus dem Untergang zogen. Darüber kreuzen sie nun erbittert ihre Waffen. Und drittens leidet der angeblich so fremde Planet unter ernsten Problemen mit seiner Logik, denn er ähnelt frappierend der Erde und selbst die exotischsten Überlebenden entsprechen weitgehend menschlichem Äußeren. Sie warten auf den Teil, wo es um Geschichte geht, gell, aber da müssen Sie sich noch ein wenig gedulden.

Dieser Beitrag handelt von einem tieferen, einem komplexeren Einblick in das World-Building als eine bloße objektorientierte oder erzählte Geschichte: Die postapokalyptische Welt von Magallan, in der das Open-World Action-Rollenspiel ->Elex spielt, inszeniert ein faszinierendes Wissenssystem wechselwirkender historischer Elemente, aus denen eine spielinterne Erinnerungskultur erwächst.

Von Anfang an lässt sich die Spielwelt in Elex frei bereisen – nur ratsam ist das nicht. (Abb. eig. Screenshot)

Dieser Blickwinkel auf ->Elex eröffnet ein reichhaltiges Geschichtsbuffet: Ruinen erzählen von umwälzenden Ereignissen bereits durch die Anordnung ihrer Trümmer. Ganze Regionen deuten auf die Vergangenheit mithilfe eines ausgeklügelten „Environmental (Hi-)Storytelling“ in den Landschaften. Notizen, Tagebucheinträge und Flugblätter liefern Fragmente zur spielweltlichen Gegenwart und der Vorzeit ihrer Katastrophe. Darüber hinaus deuten die Bewohner Ereignisse und die Vergangenheit im Gespräch aus jeweils individuellen Sichtweisen heraus. Diese wiederum hängen von den Weltanschauungen ihrer Gruppierungen ab. Geschickt füttern die Entwickler auf diese Weise den historisch denkenden Geist mit einer Vielzahl von Indizien auf dem Weg zu einem historischen Verständnis über Magallan…

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DGBL: „Schatz, wir müssen reden!“ (Teil 1)

Zehn Thesen zum GeschichtsTalk am 8. März – wie sich der geschichtswissenschaftliche Umgang mit digitalen Spielen ändern muss

Kann man sich mit einem Anliegen kein Gehör verschaffen, so ist Schmollen keine Lösung. Irgendwann kommt der Punkt, an dem weiteres Schweigen massiven Schaden verursacht. Diese Erkenntnis gilt für Beziehungen wie für die Wissenschaft. Zwar instrumentalisiert mal die eine, mal die andere gesellschaftliche Seite nur zu gern die Befunde der Geschichtswissenschaft für eigene Zwecke, leider finden Historikerinnen und Historiker ansonsten viel zu wenig Gehör. Gerade in Zeiten, in denen Scharfmacher historische Fehldarstellungen gebrauchen, um ihr wenig schmackhaftes, politisches Süppchen zu kochen, benötigt unsere Gesellschaft einen intensiveren Diskurs mit der Geschichte.

Daher verfolge ich seit dem letzten Jahr interessiert die Aktivitäten der Web-Talkshow ->Geschichtstalk im Super 7000. Im Düsseldorfer Veranstaltungszentrum ->Super 7000 diskutieren Historikerinnen und Historiker ein Mal im Monat je ein gesellschaftlich virulentes Thema, für das Geschichte eine zentrale Rolle einnimmt. Im Stream thematisierte die Runde die Funktion von Geschichte für den Bundestagswahlkampf, die Traditionslinien der Bundeswehr oder den Einfluss von Serienformaten wie ->Game of Thrones auf gesellschaftliche Vorstellungen vom Mittelalter. Wer mag, kann sich die ->archivierten Sendungen auf Youtube ansehen.

Am 8. März wird sich die Runde unter dem Titel ->History Making on Playstation? – Realität nachgespielt mit digitalen Spielen befassen. Einen erheblichen Teil des lange vernachlässigten Austausches mit der Gesellschaft über die Geschichtskultur verkörpert eben jenes Medium. Dabei nutzt eine enorme Zahl von ihnen schon seit Jahrzehnten historische Inszenierungen in den vielfältigsten Formen. Mittlerweile erfreuen sie sich in allen gesellschaftlichen Schichten und Altersgruppen größter Beliebtheit. Es ist ein unverzeihliches Versäumnis, dass die Geschichtswissenschaften nicht schon länger wesentlich mehr Augenmerk auf sie verwenden.

Als Mitbegründer des ->Arbeitskreises für Geschichtswissenschaft und digitale Spiele (AKGWDS) habe ich mich mit meinen dortigen Kolleginnen und Kollegen natürlich gern an dem Sendungsformat beteiligt. Beim Portal ->L.I.S.A. der Gerda Henkel-Stiftung stellen wir uns und unsere ->unterschiedlichen Perspektiven auf digitale Spiele in Interviews vor. Ich versprach zudem, einen längeren Beitrag als Diskussionsgrundlage für die Gesprächsrunde zu veröffentlichen. Neben meinen Aktivitäten im Arbeitskreis betreibe ich dieses Blog ->Keimling über Innovationen bei historischen Inszenierungen in digitalen Spielen seit 2009. Während meines Studiums und nach meinem Abschluss war ich in Forschungsprojekten zum Spätmittelalter beschäftigt. Seit 2014 arbeite ich in der ->Public History an der Universität Hamburg, baute dort das ->GameLab Geschichte und eine ->Spielebibliothek auf, die ich in Projektseminaren mit Studierenden einsetze. Meine Dissertation, die im Januar 2018 an der Universität Hamburg eingereicht wurde, untersucht digitale Spiele als Erinnerungskulturelle Wissenssysteme. Wenn ich auch bedaure, dass niemand von uns als Teilnehmer für die Gesprächsrunde eingeladen wurde, so möchte ich doch im Gegensatz zu einer selfiesüchtigen Politikerfigur festhalten: „Besser überhaupt diskutieren, als gar nicht mitzureden!“

Von den Mitgliedern des Arbeitskreises existieren bereits viele fundierte Einzelbeiträge in ihren jeweiligen Arbeitsgebieten. Auch ich trage, glaube ich, ein paar sinnvolle Facetten dazu bei. Gemeinsam erarbeiteten wir mit dem ->Manifest einen Katalog von Empfehlungen für Arbeits- und Zitationsweisen, mit denen digitale Spiele geschichtswissenschaftlich sinnvoll behandelt werden. Was jedoch bislang fehlt, ist ein Orientierung der Debatte, die verdeutlicht, in welche Richtungen sich die Geschichtswissenschaft entwickeln müsste, um digitale Spiele adäquat als Gegenstand begreifen zu können – ein wissenschaftspolitisches Programm, wenn man so will. Im Folgenden konzentriere ich mich daher auf die wichtigsten 10 Thesen, was digitale Spiele im Hinblick auf Geschichte so besonders macht und welche Lösungswege dafür gegangen werden müssten. Weil der Text mir etwas umfangreich geriet, unterteile ich die Thesen in zwei Beiträge mit je fünf Punkten. Diese Thesen sind sicherlich nicht erschöpfend, also ergänzen Sie gerne, was ihnen in diesem Text fehlt. Nutzen Sie gern dafür den Kommentarbereich, aber auch das ->interaktive Angebot des Geschichtstalk rund um die Sendung am 8. März. Und nicht vergessen: Einschalten, und mitreden… DGBL: „Schatz, wir müssen reden!“ (Teil 1) weiterlesen

IN EIGENER SACHE: Zurück im Vorposten

Die Dissertation ist eingereicht, endlich kann es in diesem Blog weitergehen

In meinem vorherigen Beitrag bat ich um ein wenig Geduld, weil es mir im letzten halben Jahr enormen Zeitaufwand und erschöpfend viel Energie abverlangte, die Arbeiten an meiner Dissertation abzuschließen. Daher legte ich im September schweren Herzens das Blog vorübergehend auf Eis. Der Ausnahmezustand traf viele private, aber auch berufliche Bereiche meines Lebens. So stellte ich meine Mitarbeit im ->Arbeitskreis Geschichtswissenschaft und digitale Spiele (AKGWDS) ein und ließ unsere Hamburger ->AG Games ruhen. Rückblickend waren diese Entscheidungen – so schwer mir diese Rückzüge fielen –  sinnvoll und wichtig, um mein Mammut-Projekt zu beenden. Nun kämpfe ich mich langsam aus dem Erdrutsch an liegengebliebenen Verpflichtungen nach oben.

Meine Dissertation untersucht digitale Spiele als Erinnerungskulturelle Wissenssysteme. Sie entwickelt ein Arbeitsmodell, das geschichtswissenschaftliche Perspektiven sinnvoll strukturiert. Dessen Anwendung auf das Fallbeispiel ‚The Secret World‘ erwies sich als gewinnbringend. Im Januar 2018 reichte ich die Dissertation der Prüfungskommission ein. (Abb. eigenes Foto)

Daher setzt auch meine Arbeit zu historischen Inhalten digitaler Spiele, innovativen Spielprinzipien und deren technikkulturelle Geschichte hier wieder ein. So manchen Beitrag meines Blog seit 2009 nutzte ich quasi als eine externe Speichererweiterung für meine Doktorarbeit, damit Leserinnen und Leser diverse Aspekte meines Textes an detailreicheren Artikeln vertiefen können. Als Dissertationsblog aber war er nie gemeint. Daher endet meine Arbeit auch nicht damit, dass die Dokterarbeit nun an der Universität Hamburg eingereicht ist. Als geschichtswissenschaftlicher Vorposten im weitgehend unerschlossenen Niemandsland von digitalen Spielen, die historisch inszenieren, bleibt er mir sogar äußerst wichtig. Von Beginn an trieb mich eine zentrale Motivation: Ich möchte Forschenden und Studierenden verständlich neue Perspektiven auf Geschichte in und um digitale Spiele aufzeigen, aber eben auch Lehrende an Schulen, Entwicklerinnen und Entwickler sowie journalistisch Interessierte mit einbeziehen. Meine Projekte in den vergangenen Jahren bewiesen mir überaus eindeutig, wie gewinnbringend ein Austausch unter diesen Gruppen für alle Beteiligten ist.

Dass es also endlich weitergehen kann, erleichtert mich sehr. Schließlich brennen mir seit einem halben Jahr große und kleine Themen unter den Nägeln, zu denen zu schweigen ich verdammt war. Ein paar Beispiele, die erklären, warum es so feurig brannte, nennt dieser Beitrag weiter unten. Als nächstes aber fußt zunächst ein neuer Blogartikel auf der Zusammenarbeit mit dem ->Talk-Show-Format gts7000. In ihrer Sendung am 8. März werden Historikerinnen und Historiker unter dem Leitmotiv „History Making on Playstation?“ darüber diskutieren, wie digitale Spiele Geschichte inszenieren. Mich baten die Veranstalter um einen Beitrag dazu, worüber ich mich sehr freue. Ich stelle eine Art Forderungskatalog zur Diskussion, wie sich die Geschichtswissenschaft meiner Ansicht nach völlig neu gegenüber digitalen Spielen aufstellen muss…

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REZ: Aus Scherben einer Karaffe eine Vase bauen (Teil 2)

Carl Heinze entwickelt erstmals ein begründetes Modell, um historische Videospiele zu diskutieren – im Detail blendet er sich damit jedoch selbst


>>>Teil 1: Heinzes Modell…
>>>Teil 2: … und Heinzes Schlüsse
>>>Teil 3: Die Folgen von Heinzes Thesen und wie sie zu bewerten sind

Mit seiner Dissertation hat Carl Heinze ein Modell dafür vorgelegt, was historische Videospiele sind und wie sie aus Sicht der Fachwissenschaft zu diskutieren sind. Nachdem Teil 1 sein Modell erläuterte, lesen Sie nun in Teil 2 einen ausführlichen Überblick zu Argumentation und Schlussfolgerungen, die er im empirischen Teil trifft.

…nach dem Kennenlernen aber…

An den ausgewählten digitalen Spielen in der zweiten Hälfte seiner Dissertation illustriert Heinze Phänomene eines weiten Feldes, in dem sich bereits hunderte historischer Titel festgesetzt haben. Darauf, dass in dieser Weise keine abschließende Kennzeichnung eines archetypischen historischen Videospieles oder auch nur eine dauerhaft verlässliche Typisierung möglich ist, weist Heinze allerdings selbst hin. Mit den von ihm identifizierten Phänomenen gelingt es ihm jedoch, einige Hauptströmungen gegenwärtiger Videospiele herauszuarbeiten. Da dies nicht allein aus den Kernbeispielen jedes Kapitels zu leisten ist, beleuchtet er Einzelaspekte im Vergleich unter den Kapiteln näher. Hinzu verweist er gelegentlich auf weitere Videospiele, Rollenspiele mit Papier und Würfel, Modelleisenbahnen oder gar Aspekte der Büroorganisation. Gerade für Nichtspieler werden damit Phänomene greifbarer.

Abb: Die Hauptfiguren der technisch wie histoisch beeindruckenden Reihe Assassin's Creed hangelten sich neben dem hier gezeigten Konstantinopel bereits durchs Heilige Land der Kreuzzüge, die norditalienische Renaissance, den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und karibische Piratennester. (Abb.: Artwork-Wallpaper von Ubisoft zu Assassin's Creed Revelations)
Abb: Die Hauptfiguren der technisch wie historisch stets beeindruckenden Reihe „Assassin’s Creed“ hangelten sich neben dem hier gezeigten Konstantinopel bereits durchs Heilige Land der Kreuzzüge, die norditalienische Renaissance, den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und karibische Piratennester. (Abb.: Artwork-Wallpaper von Ubisoft zu Assassin’s Creed Revelations)

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REZ: Aus Scherben einer Karaffe eine Vase bauen (Teil 1)

Carl Heinze entwickelt erstmals ein begründetes Modell, um historische Videospiele zu diskutieren – im Detail blendet er sich damit jedoch selbst


>>>Teil 1: Heinzes Modell…
>>>Teil 2: … und Heinzes Schlüsse
>>>Teil 3: Die Folgen von Heinzes Thesen und wie sie zu bewerten sind

Mit seiner Dissertation hat Carl Heinze ein Modell dafür vorgelegt, was historische Videospiele sind und wie sie aus Sicht der Fachwissenschaft zu diskutieren sind. Zunächst sollte zu seinem Buch nur eine kurze typische Besprechung entstehen. Wegen einiger Kritikpunkte an den Implikationen und Folgen seines Modelles als solches, musste jedoch auch seine Argumentation tiefer dargestellt werden. Daher lesen Sie in Teil 1 nun einen Überblick dazu.

Befasst man sich wissenschaftlich mit einem Thema, ist nichts unglücklicher, als wenn nach intensiven Vorarbeiten ein anderer zu demselben Thema veröffentlicht. So hielt sich meine Begeisterung darüber zunächst in Grenzen, als ich Anfang 2013 von Carl Heinzes Dissertation erfuhr, die sich mit dem Mittelalterbild in Computerspielen befasst (->Carl Heinze: Mittelalter Computer Spiele. Zur Darstellung und Modellierung von Geschichte im populären Computerspiel (=Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, 8), Bielefeld 2012). Denn einen Vortrag zu eben diesem Thema, den ich im Sommer 2012 an der ->Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg hielt, arbeitete ich zu diesem Zeitpunkt für eine längere Serie in meinem Blog aus (siehe ->DGBL: Das Ende der Finsternis. Potenziale mittelalterlicher Inszenierungen in digitalen Spielen vom 23. Oktober 2012 und folgende). Allerdings: Dadurch ergeben sich zwar gewisse Überschneidungen der Beobachtungen und auch bei der Auswahl an betrachteten Spielen, unsere Analysen aber unterscheiden sich doch teils erheblich im Detail.

Abb.: Antworten aus Sicht der Geschichtswissenschaft? Die Dissertation von Heinze auf der Suche nach dem historischen Videospiel (Foto: eigenes)
Abb.: Antworten aus Sicht der Geschichtswissenschaft? Die Dissertation von Heinze auf der Suche nach dem historischen Videospiel (Foto: eigenes)

Nun befasst sich Carl Heinze auf der einen Seite mit ungefähr dem gleichen Leitthema. Andererseits zeichnete ich damals ein Bild verschiedener Gattungen von historischen Videospielen entlang ihrer Ahnenreihen, wohingegen er – weit über den Anspruch meiner Blogbeiträge hinaus – erstmals ein umfassendes Modell aus der Perspektive der Geschichtswissenschaft entwirft, das Videospiele allgemein als Transporteure historischer Inszenierungen beschreibt. In seinem beim ->Transcript Verlag erschienenen Buch arbeitet er Phänomene heraus, die über seine Beispiele mittelalterlicher Inszenierungen hinausweisen. Dadurch besitzen seine Befunde nicht nur für die mittelalterliche Epoche Aussagekraft. Gleichzeitig schlägt er zum ersten Mal eine belastbare Definition vor, was denn ein historisches Computerspiel überhaupt sei.

Damit hat Heinze einen massiven Grundblock in das Fundament für die geschichtswissenschaftliche Bearbeitung von digitalen Spielen gesetzt. Gleichwohl bleibt es in seinem Werk nicht bloß bei einem „einzigen Wermutstropfen“, wie Philipp Schwarz in seiner Rezension für HSozKult schrieb. Er bedauere lediglich an Heinzes Werk, dass die explorativ und qualitativ hergeleiteten Thesen über Videospiele noch keine Rezipientenanalyse überprüfen könne (->Philipp Schwarz: Rezension zu: Heinze, Carl: Mittelalter Computer Spiele. Zur Darstellung und Modellierung von Geschichte im populären Computerspiel. Bielefeld 2012, in: H-Soz-u-Kult, 30.01.2013, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2013-1-066>). Eine solche Analyse möchte zeigen, wie historische Spiele aus Sicht der Nutzer wahrgenommen werden.

Nicht darin aber liegt für mich ein spezielles Problem seiner Arbeit. Dies könnte man zurzeit noch jeder Veröffentlichung zu digitalen Spielen in der historischen Wissenschaft vorhalten. Studien zur Rezeption der historischen Inhalte von Videospielen sind noch unbeantwortete Desiderate der Forschung. Nein, mich überzeugt das vorgestellte Modell, um digitale Spiele zu analysieren, nicht vollständig. Aus diesem Modell aber leitet Heinze einige zentrale Beobachtungen ab. Diese von ihm selbst gebaute Brille filtert das Licht eben so, dass er seine Beispiele auf eine bestimmte Weise sieht. In Teilen folgen seine Eindrücke mehr aus den Grundannahmen seiner eigenen Modellentwicklung, denn aus den Videospielen…
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NEWS: Speerspitzen

Zwei Bücher helfen der Forschung an digitalen Spielen auf große Sprünge

Jahrelang habe ich, Nico Nolden, als Autor von KEIMLING in diversen Beiträgen und Vorträgen lamentiert, es gebe keine wissenschaftlich zufriedenstellende Beschäftigung damit, wie Geschichtsthemen in digitalen Spielen dargestellt werden. Da tummelten sich seit den Neunzigern viel zu viele Autoren, die bestenfalls ältere Spiele noch aus eigener Erfahrung, meist jedoch das gesamte Medium nur aus einer Außenperspektive kannten. Nun ist jedoch ein lang ersehntes Wunder geschehen… nun, eigentlich sogar gleich zwei.

Mit gleich zwei Veröffentlichungen brachte das Jahr 2012 außerordentlich fundierte Analysen hervor, die nicht nur reine Beschreibungen eines Spielekatalogs blieben. Mit ihrer theoretischen Einbettung in bereits erprobte historische Methoden weisen Sie den Weg in die Zukunft der geschichtswissenschaftlichen Forschung zu dem Thema…

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