Schlagwort-Archive: Materialkultur

INNOVATION: Elex mia doch am Oarsch

Das postapokalyptische Sci-Fi-Spektakel ‚Elex‘ entwirft ein faszinierendes historisches Wissenssystem

[ PC (getestet) | PlayStation 4 | XBox One ]

Der Planet Magallan hat echte Probleme. Historisch gesehen, weil vor Jahrzehnten ein Meteorit in seine Oberfläche schlug, der weite Teile der Infrastruktur wegfegte – so auch die darauf errichtete Zivilisation. Betrachtet vom  sozialen Blickwinkel her, sammelten sich Überlebende in ein paar Gruppierungen, die sehr gegensätzliche Konsequenzen aus dem Untergang zogen. Darüber kreuzen sie nun erbittert ihre Waffen. Und drittens leidet der angeblich so fremde Planet unter ernsten Problemen mit seiner Logik, denn er ähnelt frappierend der Erde und selbst die exotischsten Überlebenden entsprechen weitgehend menschlichem Äußeren. Sie warten auf den Teil, wo es um Geschichte geht, gell, aber da müssen Sie sich noch ein wenig gedulden.

Dieser Beitrag handelt von einem tieferen, einem komplexeren Einblick in das World-Building als eine bloße objektorientierte oder erzählte Geschichte: Die postapokalyptische Welt von Magallan, in der das Open-World Action-Rollenspiel ->Elex spielt, inszeniert ein faszinierendes Wissenssystem wechselwirkender historischer Elemente, aus denen eine spielinterne Erinnerungskultur erwächst.

Von Anfang an lässt sich die Spielwelt in Elex frei bereisen – nur ratsam ist das nicht. (Abb. eig. Screenshot)

Dieser Blickwinkel auf ->Elex eröffnet ein reichhaltiges Geschichtsbuffet: Ruinen erzählen von umwälzenden Ereignissen bereits durch die Anordnung ihrer Trümmer. Ganze Regionen deuten auf die Vergangenheit mithilfe eines ausgeklügelten „Environmental (Hi-)Storytelling“ in den Landschaften. Notizen, Tagebucheinträge und Flugblätter liefern Fragmente zur spielweltlichen Gegenwart und der Vorzeit ihrer Katastrophe. Darüber hinaus deuten die Bewohner Ereignisse und die Vergangenheit im Gespräch aus jeweils individuellen Sichtweisen heraus. Diese wiederum hängen von den Weltanschauungen ihrer Gruppierungen ab. Geschickt füttern die Entwickler auf diese Weise den historisch denkenden Geist mit einer Vielzahl von Indizien auf dem Weg zu einem historischen Verständnis über Magallan…

INNOVATION: Elex mia doch am Oarsch weiterlesen

REZ: Aus Scherben einer Karaffe eine Vase bauen (Teil 2)

Carl Heinze entwickelt erstmals ein begründetes Modell, um historische Videospiele zu diskutieren – im Detail blendet er sich damit jedoch selbst


>>>Teil 1: Heinzes Modell…
>>>Teil 2: … und Heinzes Schlüsse
>>>Teil 3: Die Folgen von Heinzes Thesen und wie sie zu bewerten sind

Mit seiner Dissertation hat Carl Heinze ein Modell dafür vorgelegt, was historische Videospiele sind und wie sie aus Sicht der Fachwissenschaft zu diskutieren sind. Nachdem Teil 1 sein Modell erläuterte, lesen Sie nun in Teil 2 einen ausführlichen Überblick zu Argumentation und Schlussfolgerungen, die er im empirischen Teil trifft.

…nach dem Kennenlernen aber…

An den ausgewählten digitalen Spielen in der zweiten Hälfte seiner Dissertation illustriert Heinze Phänomene eines weiten Feldes, in dem sich bereits hunderte historischer Titel festgesetzt haben. Darauf, dass in dieser Weise keine abschließende Kennzeichnung eines archetypischen historischen Videospieles oder auch nur eine dauerhaft verlässliche Typisierung möglich ist, weist Heinze allerdings selbst hin. Mit den von ihm identifizierten Phänomenen gelingt es ihm jedoch, einige Hauptströmungen gegenwärtiger Videospiele herauszuarbeiten. Da dies nicht allein aus den Kernbeispielen jedes Kapitels zu leisten ist, beleuchtet er Einzelaspekte im Vergleich unter den Kapiteln näher. Hinzu verweist er gelegentlich auf weitere Videospiele, Rollenspiele mit Papier und Würfel, Modelleisenbahnen oder gar Aspekte der Büroorganisation. Gerade für Nichtspieler werden damit Phänomene greifbarer.

Abb: Die Hauptfiguren der technisch wie histoisch beeindruckenden Reihe Assassin's Creed hangelten sich neben dem hier gezeigten Konstantinopel bereits durchs Heilige Land der Kreuzzüge, die norditalienische Renaissance, den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und karibische Piratennester. (Abb.: Artwork-Wallpaper von Ubisoft zu Assassin's Creed Revelations)
Abb: Die Hauptfiguren der technisch wie historisch stets beeindruckenden Reihe „Assassin’s Creed“ hangelten sich neben dem hier gezeigten Konstantinopel bereits durchs Heilige Land der Kreuzzüge, die norditalienische Renaissance, den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und karibische Piratennester. (Abb.: Artwork-Wallpaper von Ubisoft zu Assassin’s Creed Revelations)

REZ: Aus Scherben einer Karaffe eine Vase bauen (Teil 2) weiterlesen