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INNOVATION: Zersiebt, verlobt, verheiratet

Mit „Valiant Hearts“ entstand ein spielbares Stück Erinnerungskultur mit erfrischenden Blickwinkeln auf den Ersten Weltkrieg

Manchmal stellt sich erst im Nachhinein heraus, wie gut es ist, sich an selbstauferlegte Arbeitsprinzipien zu halten. Dazu gehört, dass ich mich zu einem ausführlichen Urteil über ein Videospiel erst hinreißen lasse, wenn ich es auch durchgespielt habe. Natürlich bildet sich eine Meinung schon zuvor nach und nach aufgrund von Indizien. Daher konnte ich mit einer Gegenrede in einem ->Kommentar bei der Webzeitschrift ->Public History Weekly auch nicht hinter dem Berg halten, nachdem dort Didaktikerin ->Monika Fenn aus Potsdam einen Beitrag über ->Valiant Hearts: The Great War veröffentlichte (siehe ->Monika Fenn: Kriegsspiel mit Herz? Computer Games zum Ersten Weltkrieg vom 17. Juli 2014). Dort legte ich allerdings auch offen, dass meine eigene abschließende Bewertung zu dem Spiel genau deswegen noch ausstehe.

httpvh://youtu.be/Khl02WOSfXQ
Das Weltkriegsdrama wird durch die einfühlsamen erzählten Beziehungen der Charaktere, ihre Sorgen, Ängste und Erlebnisse getragen. Der britische Pilot allerdings schaffte es trotz des Auftrittes im Trailer nur in eine kurze Filmsequenz im Spiel. (Valiant Hearts: The Great War official trailer [UK] / Kanal Ubisoft via Youtube)

Und diese Zurückhaltung war tatsächlich sehr gut so, weil die historische Qualität von ->Valiant Hearts: The Great War, der Überraschungserfolg, den das kleine Studio ->Ubisoft Montpellier im Juni 2014 veröffentlichte, im Spielverlauf auch überraschend deutlich schwankt. Besonders der mittlere Teil zwischen Kapitel 2 und 3 zeigt systematische Schwächen, die leider dem diametral entgegen stehen, was an dem Spiel in den übrigen Teilen so löblich war. Zudem habe ich jetzt noch ein paar mehr und vielleicht sogar bessere Beispiele und Beobachtungen parat, die erst im späteren Spielablauf auftraten. Im Prinzip aber bleibt es bei meinem früheren positiven Urteil über das 2D-Action-Jump&Run. Dennoch muss ich meine vorläufigen Einschätzungen – die ich bereits in NEWS-Beiträgen dieses Blogs abgab – durch das nun gewonnene Gesamtbild des Spieles nicht revidieren, aber doch relativieren (siehe ->NEWS: Helden der Herzen vom 13. Juni 2014 und ->NEWS: Der vergessene Krieg vom 30. Januar 2014).

Im Kern bleibt ->Valiant Hearts: The Great War, das ->Ubisoft Montpellier mit dem hauseigenen ->UbiArt Framework realisierte, ein herausragendes Beispiel für den gelungenen Umgang von Videospielen mit historischen Themen. Es erzählt den Ersten Weltkrieg eben nicht aus einer strategischen oder einer politischen Perspektive, sondern begleitet fünf sehr unterschiedliche Figuren sehr emotional durch ihre Leben, Leiden und Ableben unter dem Eindruck des Krieges. Und das gelingt den Entwicklern – trotz aller kleinerer Defizite – so gut, dass man als Historiker eigentlich einen Award dafür erfinden müsste…

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INNOVATION: Van Damme nochmal!

Dem Addon Blood Dragon von Far Cry 3 gelingt eine Persiflage auf die Achtziger

In den actionlastigen Achtzigern entstanden sicher auch ein paar Perlen des Actionkinos wie ->Rambo oder ->Total Recall. Angesichts einer breiten Flut aber an qualitativ eher fragwürdigen Verschwendungen von Zelluloid in diesem Jahrzehnt rafften sich die wenigsten Zuschauer noch auf, ins Kino zu gehen. Sicher, dafür gab es auch andere Gründe wie das Privatfernsehen, aber nicht unwesentlich waren daran Actionmachwerke von Schwarzenegger, Stallone, van Damme, Dolph Lundgren und auch Chuck Norris beteiligt. Letzterer möge mich jetzt bitte nicht heimsuchen. Fehlenden Inhalt ersetzten markige Sprüche und Special Effects, um die sich eine bestenfalls noch notdürftige Handlung hangelte.

Während sich auf den neongrellen Schlachtfeldern gefrässige Laserechsen durch Cyborgs futtern, steht man gelegentlich staunend und fassungslos daneben. (Abb. eigener Screenshot)
Während sich auf den neongrellen Schlachtfeldern gefrässige Laserechsen durch Cyborgs futtern, steht man gelegentlich staunend und fassungslos daneben. (Abb. eigener Screenshot)

Hinzu kam eine fragwürdige musikalische Entwicklung in diesem Jahrzehnt, die aufgrund neuer technischer Optionen mehr elektronischen Minimalismus ausprobierte, als dem Trommelfell zuträglich war. Passend dazu erscheint im Nachhinein der Farbgeschmack bei den Klamotten. Oder, ach, nehmen wir die Frisuren! Vokuhila – vorne kurz hinten lang, möglichst noch mit dünnem Schnauzbart. Wer kommt eigentlich auf so etwas? Oder, was ganz anderes, haben Sie schon mal dünne Lederschlipse gesehen? Jaja, hat nie jemand getragen, so wie auch niemand je die Bild liest, schon klar. Und jetzt reden Sie sich nicht damit raus, dass Sie damals auf dieser oder jener Seite des eisernen Vorhangs gelebt hätten: Ost wie West nahmen sich da überhaupt nichts. Das offenbarte sich schnell, als sich eben dieser Vorhang hob.



Die überdrehte Handlung, die Neon-Optik, die Klänge vom Synthesizer, die Szenarien des Kalten Krieges, Cyborgs und Laserdrachen atmen den Geist der Achtziger Jahre. (Launch Trailer / Kanal Ubisoft via Youtube)

Während die Einen also, so wie ich (auch um der eigenen Vergangenheit willen), diese Episode am liebsten aus der Geschichte tilgen würden, wie Echnatons ägyptische Nachfahren die Erinnerung an den Sonnenkultisten, wählen andere die Methode der Konfrontation. Mit dieser haben die kanadischen Schöpfer von ->Far Cry 3 bei ->Ubisoft Montréal den Achtzigern ein besonderes, ein satirisches Denkmal gesetzt. Erst der Erfolg dieses Spieles erst machte es den Entwicklern von ->Ubisoft Montréal möglich, in einem bemerkenswerten erinnerungskulturellen Rundumschlag die Achtziger aufs Korn zu nehmen. Auf diese Weise entstand das Addon ->Far Cry 3: Blood Dragon, das eigenständig, ohne das Hauptprogramm lauffähig ist. Dabei unterlassen die Entwickler es nicht, auch verschmitzt gegen Eigenarten der damaligen wie gegenwärtigen Spielebranche auszuholen…

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