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NEWS: The First of Us

Patrice Désilet kehrt mit einem ungewöhnlichen Projekt über die Vorfahren der Menschheit zurück

Der kreative Drang mancher Menschen überwindet alle Widrigkeiten. Wie Wasser unter hohem Druck findet ihre Kreativität jede Lücke. So durchbricht auch Patrice Désilets jede Hürde und reißt andere im Schwall seinen bemerkenswerten Ideen mit. Dieses Mal reißt er uns mit dem Fluss der Zeit in die Anfänge der Menschheit zurück. Durch mehrere evolutionäre Phasen begleiten Spielende in ->Ancestors: The Humankind Odyssey unsere Vorfahren auf einem persönlichen Weg zum modernen Menschen.

Der Ankündigungstrailer in der Game Awards World Premiere offenbarte vor allem die Gefahren in der Umwelt unserer Ahnen. (Ancestors: The Humankind Odyssey | Reveal trailer | PS4, in: Kanal PlayStation Europe via Youtube, 7.12.2018)

Ein Ankündigungstrailer feierte auf den Game Awards 2018 Premiere. Er zeigte erste Spielszenen, in denen die menschliche Evolution natürlichen Widrigkeiten begegnete und einen gewaltigen, oft blutigen Lernprozess bewältigen muss. Nun könnte man fragen, was daran denn Geschichte repräsentiere; schließlich verfügen wir über keinerlei schriftliche Quellen über die menschliche Vorgeschichte, geschweigedenn über die vormenschliche Evolution. Im Grunde schließt ein Fehlen von Schriften und Artefakten eine geschichtswissenschaftliche Herangehensweise aus, auch Archäologen haben ohne Überreste ihre Schwierigkeiten.

Eine neue Gameplay-Sequenz von der Branchen-Messe E3 zeigte, wie die Entwickler die Evolution unserer Vorfahren spielmechanisch umsetzen. (Ancestors Humankind Odyssey – NEW 8 Minutes E3 2019 Gameplay [HD], in: Kanal Gameclips.media via Youtube vom 14.6.2019)

Andererseits steht die Interpretation des Spieles sehr wohl in einer historischen Tradition, die von Vorstellungen über die Ursprünge der Menschen handelt. ->Ancestors gerät daher zu einer Quelle für heutige, wissenschaftliche  Vorstellungen darüber. Für Kreationisten dürfte es also eher ein Fantasyspiel werden. Wie ihr Glaube, stehen auch die wissenschaftlichen modernen Erkenntnisse in einem langen historischen Kontext mit vielen anderen Texten quer durch die Menschheitsgeschichte, aber auch anderen Medien wie Filmen oder Spielen über dieses Thema. Ihre Autorinnen und Autoren fragten sich alle, woher der Mensch kommt. Aus diesem Blickwinkel ist dieses Thema auch ein historisches.

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INNOVATION: Zersiebt, verlobt, verheiratet

Mit „Valiant Hearts“ entstand ein spielbares Stück Erinnerungskultur mit erfrischenden Blickwinkeln auf den Ersten Weltkrieg

Manchmal stellt sich erst im Nachhinein heraus, wie gut es ist, sich an selbstauferlegte Arbeitsprinzipien zu halten. Dazu gehört, dass ich mich zu einem ausführlichen Urteil über ein Videospiel erst hinreißen lasse, wenn ich es auch durchgespielt habe. Natürlich bildet sich eine Meinung schon zuvor nach und nach aufgrund von Indizien. Daher konnte ich mit einer Gegenrede in einem ->Kommentar bei der Webzeitschrift ->Public History Weekly auch nicht hinter dem Berg halten, nachdem dort Didaktikerin ->Monika Fenn aus Potsdam einen Beitrag über ->Valiant Hearts: The Great War veröffentlichte (siehe ->Monika Fenn: Kriegsspiel mit Herz? Computer Games zum Ersten Weltkrieg vom 17. Juli 2014). Dort legte ich allerdings auch offen, dass meine eigene abschließende Bewertung zu dem Spiel genau deswegen noch ausstehe.

httpvh://youtu.be/Khl02WOSfXQ
Das Weltkriegsdrama wird durch die einfühlsamen erzählten Beziehungen der Charaktere, ihre Sorgen, Ängste und Erlebnisse getragen. Der britische Pilot allerdings schaffte es trotz des Auftrittes im Trailer nur in eine kurze Filmsequenz im Spiel. (Valiant Hearts: The Great War official trailer [UK] / Kanal Ubisoft via Youtube)

Und diese Zurückhaltung war tatsächlich sehr gut so, weil die historische Qualität von ->Valiant Hearts: The Great War, der Überraschungserfolg, den das kleine Studio ->Ubisoft Montpellier im Juni 2014 veröffentlichte, im Spielverlauf auch überraschend deutlich schwankt. Besonders der mittlere Teil zwischen Kapitel 2 und 3 zeigt systematische Schwächen, die leider dem diametral entgegen stehen, was an dem Spiel in den übrigen Teilen so löblich war. Zudem habe ich jetzt noch ein paar mehr und vielleicht sogar bessere Beispiele und Beobachtungen parat, die erst im späteren Spielablauf auftraten. Im Prinzip aber bleibt es bei meinem früheren positiven Urteil über das 2D-Action-Jump&Run. Dennoch muss ich meine vorläufigen Einschätzungen – die ich bereits in NEWS-Beiträgen dieses Blogs abgab – durch das nun gewonnene Gesamtbild des Spieles nicht revidieren, aber doch relativieren (siehe ->NEWS: Helden der Herzen vom 13. Juni 2014 und ->NEWS: Der vergessene Krieg vom 30. Januar 2014).

Im Kern bleibt ->Valiant Hearts: The Great War, das ->Ubisoft Montpellier mit dem hauseigenen ->UbiArt Framework realisierte, ein herausragendes Beispiel für den gelungenen Umgang von Videospielen mit historischen Themen. Es erzählt den Ersten Weltkrieg eben nicht aus einer strategischen oder einer politischen Perspektive, sondern begleitet fünf sehr unterschiedliche Figuren sehr emotional durch ihre Leben, Leiden und Ableben unter dem Eindruck des Krieges. Und das gelingt den Entwicklern – trotz aller kleinerer Defizite – so gut, dass man als Historiker eigentlich einen Award dafür erfinden müsste…

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NEWS: Reich ist nicht gleich Reich

Die Gamestar thematisiert die Abstrusitäten der deutschen Zensurpraxis

Mancherorts werden Magazine und Zeitschriften bereits mental zu Grabe getragen, weil sie nicht mehr zeitgemäß seien. Digitalen Publikationen im Web gehöre, so hört man dann, die Zukunft. Meiner Meinung nach kann man dankbar sein, dass zum Beispiel die ->Gamestar immer noch ein gedrucktes Heft produziert. Während im Internet eher kurz und prägnant formuliert wird, nicht zuletzt auch um langwieriges Scrollen zu vermeiden, hat das Printmedium die Chance, auch komplexere Zusammenhänge übersichtlich auszuführen.

Abb: In einem Report greift die Gamestar die gängige Praxis der Zensur in Videospielen auf (Scan: Beitragstitel der Gamestar)
Abb: In einem Report greift die Gamestar die gängige Praxis der Zensur in Videospielen auf (Bild: Beitragstitel der Gamestar)

So bietet die Gamestar in ihrem Reportteil auch heute noch regelmäßig einen journalis-tischen Einblick in die Hintergründe und die Kultur um Videospiele. Seit das Hamburger Magazin ->GEE das Printfeld für hochwertigen Spielejournalismus wegen ihrer App bei iTunes geräumt hat, ist dies im deutschsprachigen Raum leider sehr rar geworden.

In Ausgabe 6/14 findet sich wieder ein lesenswerter Report, der sich dieses Mal mit der Zensurpraxis verfassungsfeindlicher Symbole in Deutschland befasst. Unter dem Titel „Hakenkreuze. Im Fernsehen normal, auf dem Bildschirm verboten“ (S.100-106) schreibt Dennis Kogel darüber, wie eine gerichtliche Entscheidung von vor mehr als zwanzig Jahren noch immer die Bewertung von Videospielen unter dem Auge der Zensur bestimmt. Daran ist einiges außerordentlich merkwürdig…

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