In „This War Of Mine“ taumeln Zivilisten durch die Grauen des Krieges
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Was bis vor Kurzem so als Kriegspiele bezeichnet wurde, sind eigentlich keine. Ob die Reihe nun ->Battlefield oder ->Call of Duty heißt, ihre Ableger inszenieren Gefechte in pittoresken, und doch sterilen Umgebungen, denen es völlig abgeht, die Folgen von bewaffneten Konflikten deutlich zu machen. Sie glorifizieren oft sehr stereotype Heldengestalten, sind voller Pathos, der als Tiefgründigkeit missverstanden wird, und ihre Schlachten werden in Gebieten ausgetragen, die menschenleer sind. Sind zwanzig Minuten verstrichen, lädt der Server das Spielfeld einfach neu. Eine Zauberhand renoviert die zerbombten Gebäude und räumt die rauchenden Trümmer beiseite.
Ich möchte nicht darauf hinaus, Team-Taktik-Shooter dafür zu kritisieren, dass sie nicht reflektiert genug wären oder nicht genug Tiefgang hätten. Ihr spielerischer Schwerpunkt liegt nunmal auf dem schnellen taktischen Wettkampf zwischen annähernd ausgeglichenen Teams – wie ein Räuber- und Gendarm-Spiel des digitalen Zeitalters, mit mehr Bombast und spannender als das frühere Getobe durch den Wald. Mich selbst fesseln die wendungsreichen Schlachten der ->Battlefield-Reihe immer wieder.
Allerdings hängen sich immer mehr Multiplayer-Shooter den Mantel einer Handlung um, der Einzelspieler anziehen soll. Oft entsprechen diese Kampagnen eben genau den oben genannten bedenklichen Kriterien. Hier treten dann auch Zivilisten in Erscheinung, jedoch oft nur für den kurzen Moment, wenn sie in die Quere bewaffneter Verbände kommen, fliehen oder evakuiert werden. Diese Spiele sind also Gefechtsspiele, die den Titel Kriegsspiel nicht verdient haben. Dass Shooter sich mit Fragen von Kriegsfolgen viel intensiver befassen können, zeigte das klug inszenierte ->Spec Ops: The Line von den deutschen Entwicklern ->Yager aus Berlin. Dem Studio gelang es mit denkwürdigen Erfahrungen dem Spieler sein militärisches und moralisches Handeln vor Augen zuführen und durch kräftige Schockmomente infrage zu stellen (siehe ->DGBL: Der Geruch von Phosphor am Morgen, in: Keimling vom 15. August 2013).
Es musste erst das kleine polnisch Indie-Studio ->11bit studios kommen, um den Fokus auf das Leid der Zivilisten zu lenken, die während eines Krieges in den Trümmern von Stadt und Staat zu überleben versuchen. Damit fügt es nicht nur eine Facette moderner Kriege hinzu, die aktueller nicht sein könnte. Schließlich muss man den Blick nur in Richtung der schwelenden Ukraine oder des arabischen Flächenbrandes wenden. Vielmehr beweist ->This War Of Mine eindrucksvoll, dass Spiele mehr leisten können, als Spaß zu machen. Für die schonungslose Erfahrung, die Spielern die hässliche Fratze ihres Spiegelbildes vorhält, gewannen die Entwickler 2015 den ->Deutschen Computerspielpreis (DCP) in der Kategorie ->Bestes Internationales Spiel. Einen Vorgeschmack auf das fordernde Spielerlebnis geben die Entwickler mit der Webseite ->warisnotachoice.com , in der interaktive Trailer die teils gravierenden Nachwirkungen von Entscheidungen aufzeigen.
Begleitend zu dieser Ehrung offenbarte sich jedoch auch, wie weit die deutsche Spielekultur noch davon entfernt ist, selbst einen reifen, erwachsenen Umgang mit einem solchen Spiel zu pflegen. Und das, obwohl gerade viele Vertreter im Journalismus über Games und in der Videospiele-Wirtschaft diesen von der Gesellschaft immer wieder einfordern…