Schlagwort-Archive: Eiserner Vorhang

INNOVATION: Van Damme nochmal!

Dem Addon Blood Dragon von Far Cry 3 gelingt eine Persiflage auf die Achtziger

In den actionlastigen Achtzigern entstanden sicher auch ein paar Perlen des Actionkinos wie ->Rambo oder ->Total Recall. Angesichts einer breiten Flut aber an qualitativ eher fragwürdigen Verschwendungen von Zelluloid in diesem Jahrzehnt rafften sich die wenigsten Zuschauer noch auf, ins Kino zu gehen. Sicher, dafür gab es auch andere Gründe wie das Privatfernsehen, aber nicht unwesentlich waren daran Actionmachwerke von Schwarzenegger, Stallone, van Damme, Dolph Lundgren und auch Chuck Norris beteiligt. Letzterer möge mich jetzt bitte nicht heimsuchen. Fehlenden Inhalt ersetzten markige Sprüche und Special Effects, um die sich eine bestenfalls noch notdürftige Handlung hangelte.

Während sich auf den neongrellen Schlachtfeldern gefrässige Laserechsen durch Cyborgs futtern, steht man gelegentlich staunend und fassungslos daneben. (Abb. eigener Screenshot)
Während sich auf den neongrellen Schlachtfeldern gefrässige Laserechsen durch Cyborgs futtern, steht man gelegentlich staunend und fassungslos daneben. (Abb. eigener Screenshot)

Hinzu kam eine fragwürdige musikalische Entwicklung in diesem Jahrzehnt, die aufgrund neuer technischer Optionen mehr elektronischen Minimalismus ausprobierte, als dem Trommelfell zuträglich war. Passend dazu erscheint im Nachhinein der Farbgeschmack bei den Klamotten. Oder, ach, nehmen wir die Frisuren! Vokuhila – vorne kurz hinten lang, möglichst noch mit dünnem Schnauzbart. Wer kommt eigentlich auf so etwas? Oder, was ganz anderes, haben Sie schon mal dünne Lederschlipse gesehen? Jaja, hat nie jemand getragen, so wie auch niemand je die Bild liest, schon klar. Und jetzt reden Sie sich nicht damit raus, dass Sie damals auf dieser oder jener Seite des eisernen Vorhangs gelebt hätten: Ost wie West nahmen sich da überhaupt nichts. Das offenbarte sich schnell, als sich eben dieser Vorhang hob.



Die überdrehte Handlung, die Neon-Optik, die Klänge vom Synthesizer, die Szenarien des Kalten Krieges, Cyborgs und Laserdrachen atmen den Geist der Achtziger Jahre. (Launch Trailer / Kanal Ubisoft via Youtube)

Während die Einen also, so wie ich (auch um der eigenen Vergangenheit willen), diese Episode am liebsten aus der Geschichte tilgen würden, wie Echnatons ägyptische Nachfahren die Erinnerung an den Sonnenkultisten, wählen andere die Methode der Konfrontation. Mit dieser haben die kanadischen Schöpfer von ->Far Cry 3 bei ->Ubisoft Montréal den Achtzigern ein besonderes, ein satirisches Denkmal gesetzt. Erst der Erfolg dieses Spieles erst machte es den Entwicklern von ->Ubisoft Montréal möglich, in einem bemerkenswerten erinnerungskulturellen Rundumschlag die Achtziger aufs Korn zu nehmen. Auf diese Weise entstand das Addon ->Far Cry 3: Blood Dragon, das eigenständig, ohne das Hauptprogramm lauffähig ist. Dabei unterlassen die Entwickler es nicht, auch verschmitzt gegen Eigenarten der damaligen wie gegenwärtigen Spielebranche auszuholen…

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KOMMENTAR: Die Mauer in den Köpfen

Sein Serious Game „1378km“ zur innerdeutschen Grenze bringt Medienstudenten Jens Stober vor den Staatsanwalt

Auf 1378 Kilometern spannte sich einst ein Vernichtungsapparat quer durch Deutschland, der als Teil des „Eisernen Vorhangs“ zwischen sowjetischer und westlicher Machsphäre einen gewaltigen Teil der Deutschen in einem repressiven Gewaltstaat einpferchte. Schon zwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer scheint jedoch in vielen Köpfen die Erinnerung an die Umenschlichkeit dieses Bauwerks zu verblassen. Noch immer hält sich zudem in linken Kreisen hartnäckig das aberwitzige Mentalkonstrukt eines „antifaschistischen Schutzwalles“ als apologetische Verniedlichung einer Vernichtungszone, auch wenn dort die Machthaber der DDR Gräueltaten befahlen, welche schlichte Grenzsoldaten ausführen sollten.


1378km langes Unrecht

Vielleicht gerade weil es heute denjenigen, die nach der Zeit des Kalten Krieges geboren wurden, schwerfällt, solche Absurditäten in der deutschen Geschichte nachzuempfinden, verblasst die Erinnerung. So hat sich ->Jens Stober, ein Student für Medienkunst an der Karlsruher Hochschule für Gestaltung (HfG), ein hehres Ziel gesetzt. Deutsche Geschichtsaufarbeitung soll in Kreise getragen werden, die mit herkömmlichen Methoden eher nicht erreicht werden. In einem Serious Game, das mit der sogenannten ->Source-Engine die innere Technik des Shooters ->Half-Life 2 verwendet, sollten Videospieler selbst erfahren können, in welcher menschenverachtenden Grausamkeit sich die deutsche Geschichte an der innerdeutschen Grenze manifestierte.

In dem kostenlosen „Spiel“, das mit dem Titel  „1378km“ die Länge der innerdeutschen Grenze aufgreift, können die Nutzer sich im Jahr 1976 für die Seite der Flüchtlinge entscheiden oder als Grenzsoldat die Wache auf dem Turm übernehmen. Erstere versuchen die Flucht, letztere können auf die Flüchtenden anlegen. Tödliche Treffer jedoch führen den Schützen nicht zu ruhmreichen Ehren durch die Partei, sondern mit einem Zeitsprung in seinen eigenen virtuellen Mauerprozess im Jahr 2000, in dem er sich für seine Taten verantworten muss.

Indes gedankt wurde ihm diese  innovative Geschichtsaufarbeitung nicht – reflexartig stimmten vergleichbare Sänger aus Politik und Bildung wie bei den unsäglichen Killerspiel-Debatten in das Lamento ein, das  Spiel sei „geschmacklos und dumm“ (Gesine Lötzsch, Die Linke), „makaber und skandalös“ (Markus Meckel, SPD) sowie „eine Verhöhnung der Opfer“ (Helmut Rau, Medienminister der CDU in Baden-Württeemberg ). Nun droht dem Studenten und seinem Projekt sogar eine Strafverfolgung wegen Gewaltverherrlichung.

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INNOVATION: Werner, die Russen kommen…

Mit „World in Conflict“ erobert Massive den Thron im RTS-Genre

1989 war für die Nordhalbkugel ein Jahr der Freiheit. Jahrzehntelang hatten sich im Systemkonflikt zwischen dem kommunistisch-sozialistischen Block der Welt und dem westlichen, den Atlantik überspannenden Bündnis waffenstarrende Truppenverbände gegenüber gestanden. Als wären all die Krisen nur böse Träumereien gewesen, die in dieser Zeit oftmals an den Rande des nuklearen Amargeddons geführt hatten, verflüchtigte sich die blutende Narbe des Eisernen Vorhangs gewaltlos aus Europa – fort in die Geschichtsbücher.

Doch was wäre geschehen, wenn in diesem Jahr nicht alles so sauber abgelaufen wäre? Man erinnere sich nur an die brutalen Gewalttaten des chinesischen Regimes auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. Dort hatten im Juni 1989 selbst nach offiziellen Zahlen hunderte Chinesen ihr Leben dafür gelassen, dass sie nach Mitbestimmung und Demokratisierung aufbegehrten. Sie waren noch nicht einmal unbedingt alle gegen den Kommunismus an sich auf die Straße gegangen. Die Kugeln des Militärs achteten jedoch nicht auf Nuancen.

Was wären die Folgen davon gewesen, wenn in Moskau die Hardliner die inneren Machtkämpfe für sich entschieden hätten. Wären die Leipziger Montagsdemonstrationen dann vielleicht mit sowjetischen Panzerketten niedergewalzt worden? Hätte der Westen dem einfach tatenlos zusehen können? Oder hätte sich ein globaler militärischer Konflikt daraus entwickelt?

worldinconflict
WiC pustet das Genre durch

Das Echtzeitstrategiespiel ->World in Conflict griff diese Fragen 2007 auf und beantwortet sie in optisch faszinierenden militärischen Schlachten mit modernem Kriegsgerät, ausgetragen auf westlichen Schauplätzen wie Seattle oder Berlin. Eindeutig auf den Multiplayer-Part hin ausgefeilt, überzeugte das Gameplay mit frischen Ideen, der Konzentration auf bestimmte Truppentypen und einer zerstörbaren Spielumgebung.

Leider versagte das rundum gelungene Innovationsfeuerwerk, allerorten mit hohen Wertungen versehen, an den Kassen. Daran waren entgegen allen späteren Schuldzuweisungen an die Innovationen vor allem ein verfehltes Marketing im Vorfeld und ein Bruch mit der Spielmechanik von der Einzelspieler-Kampagne hin zum Mehrspielererlebnis verantwortlich…

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