INNOVATION: GameBox Advance

An der Fakultät für Geisteswissenschaft der Universität Hamburg entsteht ein GameLab

Es geschehen gelegentlich Dinge, an die man kaum glauben kann – selbst dann, wenn sie direkt vor der eigenen Nase geschehen. Noch vor einem halben Jahr schrieb ich in meiner Fünf-Jahres-Bilanz (->IN EIGENER SACHE: Verbündete in dünner Luft vom 7. Januar 2014) sehr verhalten über die Erfolgsaussichten meiner Arbeit, in der ich mich mit den inszenierten Geschichtsbildern und den Wissensprozessen in Videospielen befasse. Einerseits sei es in Kreisen von historischen Fachkollegen schwierig, für die Relevanz einer Beschäftigung mit Geschichtsbildern in Videospielen zu werben, andererseits sei die Gamesbranche gegen den Kontakt mit der Geschichtswissenschaft sehr reserviert. Es seien sehr dicke Bretter, die beiderseits zu bohren wären. Nun, offenbar liegt das erste Hartholz nun hinter uns.

httpvh://youtu.be/7fcmcHdsxsA
Geschichte wird in Videospielen nicht nur explizit als Renaissance-Abenteuer oder Mittelalterschlacht inszeniert. Subtil werden auch zeitgeschichtliche Fragen aufgegriffen wie zum Beispiel die Bestrebungen nach immer intensiverer digitaler Überwachung bei „Watch Dogs“. (Watch Dogs Trailer – ctOS Threat Monitoring Report / Kanal IGN via Youtube)

Aus Mitteln der ->geisteswissenschaftlichen Fakultät an der ->Universität Hamburg wird ein mobiles Gaming-Labor angeschafft. Thorsten Logge, der Koordinator des Bereiches ->Public History am ->Historischen Seminar, hatte es im vergangenen Jahr beantragt. Um die Beschaffung der Game-Box fachlich zu begründen sowie um sie technisch sinnvoll zusammenzustellen, leistete ich gerne und ausgiebig Beistand. So freut es mich umso mehr, dass die zuständigen Gremien der Fakultät unserer Argumentation folgten.

Abb.: Das GameLab stößt in Hamburg nun die Tür auf, um methodisch sauber die historische Relevanz von Videospielen zu untersuchen. (Abb. eigenes Foto)
Abb.: Das GameLab stößt in Hamburg nun die Tür auf, um methodisch sauber die historische Relevanz von Videospielen zu untersuchen. (Abb. eigenes Foto)

Das Labor wird nicht nur verschiedene Konsolenplattformen und einen PC enthalten, die Spielszenen werden von einem HD-Beamer ausgegeben und – was für die wissenschaftliche Arbeit besonders wichtig ist – von einer professionellen Mitschnittbox aufgezeichnet. Diese GameBox ist nicht weniger als ein Meilenstein für die akademische Behandlung von Videospielen in der Geschichtswissenschaft – essentiell insbesondere für mein neues Tätigkeitsfeld, die Public History. Das GameLab wird wesentliche methodische Lücken der Fachwissenschaft schließen und stellt gerade für Qualifikationsarbeiten in Hamburg endlich das nötige, vom Geldbeutel der Studierenden unabhängige Werkzeug bereit…

Wundertüte

Ihr Inhalt, selbst wenn sie als wissenschaftliches Großgerät zu verstehen ist, läßt natürlich ein jedes Gamerherz höher schlagen. Dabei habe ich versucht, ein möglichst rundes Gesamtpaket zu entwerfen, das die gängigsten Konsolen enthält, gleichzeitig aber auch die Plattformen, die nach meiner Erfahrung am Ehesten historische Szenarien aufbieten.

Damit fielen die Plattformen ->Android von ->Google und ->iOS für Mobilphone von ->Apple ebenso aus dem Konzept wie Handheld-Konsolen à la ->PS Vita, ->PSP und ->WiiU. Auch wenn es gelegentlich interessante Ableger von Serien wie zum Beispiel ->Uncharted: Golden Abyss oder ->Assassin’s Creed: Bloodlines auch auf die Handhelds (hier PS Vita) schaffen, geben diese Plattformen einfach zu wenig her, als dass ihr wissenschaftlich zu erwartender Ertrag in einem akzeptablen Verhältnis zu ihren Kosten stehen würde. Im Übrigen fehlt aus diesem Grund auch die stationäre ->Wii der älteren Konsolen-Generation aus dem traditionsreichen Hause ->Nintendo, selbst wenn das Labor somit auf die großartige Peitschen-Schwingerei von ->Indiana Jones und der Stab der Könige (2009) verzichten muss. Sie war eine der wenigen beachtenswerten Ausnahmen.

httpvh://youtu.be/CbiFsB3HeiU
Um die Peitsche von Indiana Jones zu schwingen, drängt  sich die Nintendo Wii mit ihren Eingabegeräten geradezu auf. Leider gibt es sonst nur wenig Verwertbares für Historiker auf dieser Konsole. (Indiana Jones und der Stab der Könige – Trailer / Kanal 1Advd.ch via Youtube)

Integriert in das Gesamtpaket sind hingegen eine ->XBox360 und die ->XBoxOne von ->Microsoft sowie die ->PlayStation3 und ->PlayStation4 vom großen Konkurrenten ->Sony. Da jedoch historische Inszenierungen zu einem wesentlichen Anteil auf ->Windows-PCs entstehen, sieht das Labor auch einen leistungsstarken Gaming-PC vor. Er basiert auf dem Mehrkerner –>i7 4770K von ->Intel, der zusammen mit der Grafikkarte ->Geforce GTX780 von ->NVidia zur Zeit jedes Spiel flüssig auch in höchste Monitorauflösungen hineinschaufelt. Für den als Ausgabegerät dienenden Beamer ->Benq TH681, der mit einer 3D-fähigen HD-Auflösung und einer tageslichttauglichen Strahlkraft von 3000 Ansi-Lumen daherkommt, wird dies auf jeden Fall noch lange genügen. Obendrein ist ein PC nötig, weil viele Onlinespiele mittlerweile mit klassischen Browsern gespielt werden, die in den kommenden Jahren auch zunehmend komplexere 3D-Berechnungen beherrschen werden. Über ->NVidia und ->Havok ziehen auch gesonderte Physikberechnungen ins Web ein. Eine andere sehr leistungsfähige Plattform dort ist ->Unity. Entgegen den Unkenrufen von Investoren und Branchenbeobachtern, die seit Jahren beständig den PC als Spieleplattform zu Grabe tragen, sah und sieht seine Zukunft somit nach wie vor außerordentlich rosig aus.

Allerdings muss auch deswegen auf eine hochklassige Technik bei der PC-Plattform geachtet werden, weil der technische Fortschritt der Gamesbranche im Wesentlichen auf dem PC-Sektor erfolgt. Die gegenwärtige Generation von Konsolen ist zwar gerade erst erschienen, dennoch ist ihre Hardware schon jetzt veraltet und wird sich in ihrem Lebenszyklus von etwa den nächsten acht Jahren technisch auch nur geringfügig weiterentwickeln. Diese Erfahrung fußt nicht nur auf den Produktlaufzeiten der vorherigen Plattformen, sondern auf der prinzipiellen Notwendigkeit, dass Konsolenspiele auch auf den allerersten Geräten einer Generation lauffähig bleiben müssen, egal in welcher späteren Konfiguration ein Hersteller sie erneut auf den Markt bringt.

httpvh://youtu.be/7dR28fXFDMI
Mit dem Launch-Trailer zeigte Sony, dass ihre Playstation 4 sich als Gaming-Plattform verstand – 50 versteckte Marken inclusive. Damit lachten die Japaner den Vertreteren von Microsoft schadenfroh ins Gesicht, die versuchten ihre XBox One als Allround-Medien-Komfort-Konsole fürs Wohnzimmer zu etablieren – und eine heftige Bauchlandung hinlegten. (This Is For The Players | PS4 Launch advert | #4ThePlayers / Kanal sonyplaystation via Youtube)

Damit wohnt Konsolen immer eine technologisch beharrende Kraft inne. Die treibende Kraft im Markt sind dagegen die PCs, auf denen sich Spielerlebnisse im nächsten Jahrzehnt technisch erheblich fortentwickeln werden. Um bei diesem Fortschritt mithalten zu können, ist einzukalkulieren, dass die PC-Plattform selbst mit Triple-A-Titeln wenigstens die nächsten fünf bis sechs Jahre bespielbar bleibt.

Als Grundausstattung des GameLab beschaffen wir für den Fachbereich Geschichte etwa im Wert von 3.200€ eine Auswahl von Videospielen. Diese Spielebibliothek wird erstens die genannten Plattformen überspannen. Zweitens sollen sie ein möglichst breites Spektrum an historischen und historisierenden Szenarien, Genres und Nutzerperspektiven abdecken. Ist dann noch finanzieller Spielraum, um weitere Titel anzuschaffen, wird drittens auch die geschichtliche Entwicklung der Videospiele selbst mit abgebildet.

Tollkühne Männer und Frauen mit ihren fliegenden Kisten

Auch wenn das GameLab der gesamten Fakultät zur Verfügung steht, ist das im jetzigen Antrag angezeigte Forschungsinteresse doch vor allem ein Historisches. Andere Fakultätsdisziplinen wie die Theaterwissenschaften oder die Kulturkunde werden aus ihrer Sicht eigene Fragen an den Gerätekomplex formulieren müssen. Die Geschichtswissenschaft widmete dem Thema in den letzten Jahrzehnten nur wenig Aufmerksamkeit. Es ist uns daher auch ein wesentliches Anliegen, dass sich Studierende, Lehrende und Forscher mit dem GameLab einen Überblick verschaffen können, um auf dieser Basis fundierte eigene Fragestellungen entwickeln zu können. Zusammen mit dem Medienraum der ->Public History stehen ihnen in Hamburg alle technischen Mittel zur Verfügung, um Erlebnisse in Videospielen aufzuzeichnen, professionell zu schneiden, aufzubereiten und zu veröffentlichen.

Aus dem zentralen Anliegen heraus, historische Inszenierungen in Videospielen zu untersuchen, fiel eine Vielzahl technischer Geräte durch das Raster. Neben den oben genannten Handheld-Plattformen konnten zahlreiche Nischengeräte wie die ->Ouya oder die Wohnzimmer-PCs ->Steambox nicht berücksichtigt werden. Leider gilt dieser Ausschluss auch für historisch bedeutsame, aber bereits vom Markt verschwundene Geräte wie ->SEGAs ->Dreamcast oder etwa ->Commodores ->C64/128. Zwar wäre ihre Anschaffung höchst wünschenswert, um die geschichtliche Entwicklung der Hardware breit nachzuvollziehen und deren jeweilige Videospiele zum Laufen zu bringen, sie ist jedoch für obigen Zweck nicht zielführend. Das mobile GameLab ist in dieser jetzigen Form als ein Anfang zu verstehen – wenn auch sein Zuschnitt methodisch gut begründet ist.

httpvh://youtu.be/G3k0yJB6IVE
Historisch gab es eine breitere Vielfalt an Konsolen und Rechnerplattformen noch bis zum Ende der 1990er Jahre, die das GameLab leider nicht auch abbilden kann. (SEGA DreamCast Commercial 1 / Kanal kagem via Youtube)

Lückenfüller

Das GameLab löst erstmals wesentliche Probleme, welche die geschichtswissenschaftliche Bearbeitung von Videospielen mit sich bringt, die aber bislang übergangen wurden. Denn die historische Forschung beschäftigt sich bislang nur oberflächlich mit ihnen und verallgemeinert oft Fallbeispiele. Vergleichende Arbeiten oder breite Überblicksdarstellungen sind Mangelware. Rückbezüge zur historischen Erinnerungskultur in Deutschland führen kaum darüber hinaus, Desiderate zu formulieren. Mangels soziohistorischer Untersuchungen müssen Historiker noch oft die Waffen strecken. Hier besteht also grundlegender Forschungsbedarf. Oft sogar verschwinden Texte im Orkus der akademischen Ausbildung, weil sie als Arbeiten aus Qualifizierungsprozessen nicht publiziert werden. Gleichzeitig setzt sich aber in der etablierten historischen Fachszene der Themenkomplex Videospiele nur außerordentlich zögerlich durch. Wie soll er es auch, solange ein neues Thema erst dann in den Forschungsdiskurs eintritt, wenn es den Rang von Dissertationen und Tagungen erreicht. Immerhin sind dahingehend – nach mehr als zwanzig Jahren – erste zaghafte Schritte getan (siehe Schwarz, Bender, Heinze, jüngst Winnerling).

Abb: Mittlerweile existieren erste Pionierarbeiten zu historischen Repräsentationen in Videospielen, Methodik und Tiefgang sind jedoch noch ausbaufähig. (Foto: eigene Aufnahme)
Abb: Mittlerweile existieren erste Pionierarbeiten zu historischen Repräsentationen in Videospielen, ihre methodische Schärfe und ihr Tiefgang sind jedoch noch ausbaufähig. (Foto: eigene Aufnahme)

Gerade aber wegen der stetig wachsenden Anzahl relevanter Titel und der zunehmenden Komplexität des Gegenstandes ist es dringend notwendig, die historische Forschung thematisch und epochal übergreifend auszuweiten. Auf breiter Basis müssen Spielinhalte wie Spielerfahrungen erfasst und katalogisiert werden. Im Interesse einer zeitnahen Auswertung ist es unerlässlich, auch die Arbeiten heranzuziehen, die im Prozess der akademischen Ausbildung entstanden. Ausdrücklich beziehe ich dafür auch ein, wenn Studierende an Fachhochschulen sowie künstlerischen und technischen Hochschulen zu historischen Themen an Games arbeiten.

Besonders problematisch für die Geschichtsforschung ist, dass es an einem methodisch und theoretisch fundierten Instrumentarium mangelt, Videospiele fachspezifisch zu untersuchen. Defizite beginnen hier schon bei nicht zuende gedachten Versuchen, historische Inszenierungen in Videospielen im Verlauf der letzten Jahre zu quantifizieren. Zudem gibt es erhebliche Unterschiede bei der Analyse digitaler Spiele im Vergleich zu Bildern oder Filmen. Sie folgen vor allem aus der Interaktivität des Mediums. Denn Videospiele erfordern, anders als andere Medienformen, einen geschärften Blick auf die Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Spieleindrücke sind in hohem Maße performativ und individuell. Im Klartext bedeutet dies, dass die historischen Eindrücke durch Games erst dann entstehen, wenn der Nutzer sie erspielt. Seine Mitwirkung ist daher bei diesem Medium ein erheblicher Teil der Inszenierung selbst. Die mit ihnen erzeugten Spielerfahrungen sind so besonders flüchtig und für Forschungen schlecht vergleichbar und referenzierbar.

Aus diesem Grund erhält das GameLab auch die Möglichkeit für seine Nutzer, eigene Spielerfahrungen aufzuzeichnen. Eine externe Grafikkarte der Firma ->Hauppauge verfügt über genügend Schnittstellen und Rechenkapazität, um HD-Videos der Konsolen und des PCs mitzuschneiden. Dabei ist die Technik so ausgelegt, dass es keine Einbußen der Leistung gibt, nur weil das Spielerlebnis aufgezeichnet wird. Die beiden Exemplare der neueren Konsolengeneration bieten zwar einen integrierten Mitschnittservice an, der Spielszenen automatisch zu Webanbietern wie ->Twitch streamt oder sie gleich speichert. Für die Forschung – die ihre Ergebnisse zumindest in der Idealvorstellung bis zum Tod der Sonne bewahren will – ist die Abhängigkeit von privaten Firmen kein verlockendes Angebot. Das gilt selbst dann, wenn sie gegenwärtig auch noch so beständig wirken. Was mit Videos geschieht, die bei einer Insolvenz auf den Servern einer solchen Firma gespeichert sind, ist ein nicht kalkulierbares Risiko. Im Übrigen besagen auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) vieler Plattformen, dass eingestellte Filme zumindest in teilweisen Besitz der Firmen übergehen. Für Forschung und Lehre ist eine solche Situation nicht tragbar.

Wunschkonzert

So ergeben sich, denkt man das GameLab weiter, weitere Fragen, auf die noch keine Antworten vorliegen. So verfügt die Universität Hamburg noch nicht über eine öffentlich zugängliche Videodatenbank, welche die aufgenommenen Spielszenen aufbewahren und ordnen könnte. Aus dem oben skizzierten Unterschied bei der Inszenierung gegenüber Film und TV folgt, dass nicht der Titel der Sendung und ein Zeitstempel ausreichen würden, um von wissenschaftlichen Texten auf eine Szene verweisen zu können. Um das Spielerlebnis eines Autoren dingfest zu machen, muss er bei Games eben auch exakt diese erspielte Szene zur Verfügung stellen. Und das gelingt nur in Form einer Videodatenbank, am Besten mit einer Permanent-URL, kategorisiert, verschlagwortet und durchsuchbar. Nicht unerheblich ist dies auch für Arbeiten aus dem Qualifizierungsprozess, da ihre Prüfer die Richtigkeit der Darstellung Fussnote für Fussnote in jedem Fall nachvollziehen müssen. Prinzipiell ist dies aber die Voraussetzung für jede seriöse wissenschaftliche Arbeitsweise.

Die rechtlichen Einschätzungen sind bislang für Videoaufnahmen von Spielen recht undurchsichtig. Je nachdem, ob die Summe der dargestellten Objekte (wie Kulissen, Spielfigur, Interface etc.) als Eigentum der Entwickler betrachtet wird, oder ob – wie bei der Fotografie eines Stillebens – die vom Spieler erspielte Situation bedingt als dessen eigenes Werk gilt, kann es entweder nicht frei für die Öffentlichkeit sein oder völlig unproblematisch. Aufgrund der wissenschaftlichen und in der Ausbildung liegenden Notwendigkeit dafür, adäquat und praktikabel mit Videospielen als Untersuchungsgegenstand umzugehen, muss vermutlich das präsidiale Justitiariat eine Lösung herbeiführen. Gemeinsam mit anderen Gamesforschern kläre ich an der Universität Hamburg zur Zeit, wie die Voraussetzungen dafür geschaffen werden können.

Tanz auf dem Vulkan

Damit allein wären jedoch lange noch nicht alle Probleme beseitigt. Da mittlerweile nahezu alle Spiele einem Digitalen Rechte-Management (DRM) unterliegen, stehen Schwierigkeiten beim Netzzugriff an. Bei DRM werden Spiele nur dann gestartet, wenn der Rechner mit dem Web verbunden ist. Dafür richteten die großen Spielevertriebe gezielt Webplattformen ein, wozu ->Origin von ->Electronic Arts, ->UPlay von ->Ubisoft und ->Steam von ->Valve gehören. Da die Rechenzentren der Universität zurecht Sicherheitssorgen umtreiben, wird es nicht leicht werden, die notwendigen IP-Adressen und Ports dafür zu erhalten. Ohne sie wird das Projekt jedoch nicht funktionieren. Ähnlich liegt es bei Onlinerollenspielen oder auch Multiplayershootern, die sogar gleich komplett auf externen Servern gespielt werden. Doch auch dafür muss eine Lösung her, schließlich gibt es ja Videospiele nicht erst seit gestern. Mir ist schleierhaft, wieso solche Punkte an einer Einrichtung für Spitzenforschung wie der Hamburger Universität nicht in den letzten zwanzig Jahren geklärt werden konnten.

Abb: Steam ist der etablierteste Webservice für DRM und schaffte als einziges Tool erfolgreich den Weg zu einem nutzerfreundlichen Rundumservice. (Abb.: eigener Screenshot)
Abb: Steam ist der etablierteste Webservice für DRM und schaffte als einziges Tool erfolgreich, sich zu einem nutzerfreundlichen Rundumservice für Spieler weiterzuentwickeln. (Abb.: eigener Screenshot)

Noch ein weiterer Kampf liegt darin, digitale Spiele überhaupt zu beschaffen, sobald sie nicht mehr als Verpackungen in den Regalen der großen Kaufhausketten liegen, sondern lediglich direkt als digitaler Download verfügbar sind. Immer mehr Entwickler, die als Einzelgänger oder mit kleinen Teams arbeiten, stellen ihren Vertriebsweg auf diese Weise um. Damit können sie direkt am Markt Einkünfte generieren, ohne auf den Vertrieb durch Publisher im Handel angewiesen zu sein und ihnen dafür einen erheblichen Anteil am Erlös abtreten zu müssen. Nicht nur in der deutschen Rechtsprechung ändern digitale Spiele damit aber ihren Charakter: von einem käuflichen Gegenstand werden sie zu einer Dienstleistung, einem Service mit vorübergehendem Nutzungsrecht.

Das hat durchaus Folgen auch dafür, was für das GameLab an Spielen beschafft und damit überhaupt diskutiert werden kann. Formal als Dienstleistung betrachtet, fiele ein solches Spiel eigentlich durch das interne Raster der Richtlinien, um Sachgüter an der Universität Hamburg zu beschaffen. Dieser rechtsverbohrte haarspalterische Unterschied darf uns Forscher allerdings nicht interessieren, wenn wir einen adäquaten und umfassenden Überblick dieses Arbeitsfeldes ermöglichen wollen. Sollte es hier keine Lösung geben, bliebe die Forschung an der Uni Hamburg durch kleinkarierte Paragraphenreiterei eine Forschung des Möglichen und nicht des Nötigen. Das wäre beschämend für den Forschungsstandort Hamburg.

Bereits bei der Hardware aber sorgen zur Zeit anachronistische Verwaltungsregeln für große Probleme – es ist aber auch ein Skandal, dass mancher Online-Händler die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Universität Hamburg einfach nicht akzeptieren will. Wirklich unbotmäßig. Da hilft es wenig, dass auch andere Forscher, ob nun in anderen Disziplinen oder an anderen Hochschulen, im Gespräch mit mir über ähnlich beschränkte Verfahren stöhnen. Für alle Steuerzahler kommt hinzu, dass diese administrierte Sturheit nach anachronistischem politischen Willen bares Geld kostet – was aber angesichts eng gestrickter Etats auch aus unserer Sicht als Wissenschaftler Irrsinn ist. Immerhin kostet uns die Beschaffung der Geräte bei den Technikmärkten mit Filialen etwa 200 € mehr als im Onlineversand; und das bei einem Volumen von ursprünglich knapp 5.000 € an Hardwarekosten.

Zielfernrohr

Davon lasse ich, lassen wir uns jedoch nicht entmutigen. Von fachlicher, wissenschaftlicher Seite wird das Vorhaben kräftig unterstützt, ebenso von den maßgeblichen Personen in Gremien und der Verwaltung unserer Fakultät. Und so gibt es beim Widerstand, auf den wir gelegentlich treffen, bereits einiges von Videospielen zu lernen: Auch wenn eine Verwaltungsnorm aus dem Hintergrund unsere Pläne niederschießt, einfach auf den Respawn warten und eine neue Strategie ausprobieren.

Abb.: Nach einem Recherche- und Bestellmarathon trudeln jetzt die ersten Werkzeuge unseres GameLabs bei uns ein. (Foto: Thorsten Logge)
Abb.: Nach einem Recherche- und Bestellmarathon trudeln jetzt die ersten Werkzeuge unseres GameLabs bei uns ein. (Foto: Thorsten Logge)

Denn es geht ja nicht nur um ein Gerät. Es geht darum, Studierenden, Lehrenden und Forschern das Werkzeug an die Hand zu geben, eines der wohl innovativsten und vielschichtigsten Medienfelder aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive aufzurollen. In ein paar Jahren wird es hoffentlich ganz normal sein, dass in unserem Fachbereich dazu Qualifikationsarbeiten entstehen, fundiert geprüft werden, dauerhaft archiviert und nachhaltig referenzierbar sind. Dann werden Historiker bei uns sich mit Spielmechanik, inneren Geschichtsbildern und Prozessen der Wissensbildung auskennen sowie firm in den Phänomenen der Branche und ihrer Produktionsprozesse sein. Endlich aber werden sie auf dieser Basis auch fähig sein, der Branche bestärkend und nicht nörgelnd zur Seite zu stehen. In der Geschichte schlummern enorme unentdeckte Möglichkeiten Persönlichkeiten, Prozesse und Ereignisse für Videospiele zu nutzen.

Erst im Zusammenspiel all der hier dargestellten Faktoren, und nur dann, hat das GameLab für mich seinen Zweck erfüllt. Drei Jahre finanziell gesichert, werde ich mich nun dafür an der Universität Hamburg einsetzen. Dafür muss das Meiste bereits gestern erledigt sein, denn drei Jahre verfliegen schnell. Aber „Klein-Klein“ kann ja jeder…

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2 Gedanken zu „INNOVATION: GameBox Advance“

  1. Sehr sehr geil.
    Ich wünschte, das hätte es vor wenigen Jahren schon an der RUB gegeben. Mein akademischer Weg wäre ein anderer geworden. Aber was nicht ist, kann ja noch werden… 😉
    Tolle Arbeit!

  2. Tja, danke, es ist für uns allerdings tatsächlich nur ein Etappensieg. Wenn er auch ein wichtiger, ein wegbereitender Sieg ist.

    Was die akademische Mitarbeit angeht, hat im Mai die AG History Matters zu Videospielen bei uns die Arbeit aufgenommen. Ziel ist es, je eine Sitzung mit methodischen Texten abzuwechseln mit einer Sitzung zu einem konkreten Videospiele-Beispiel. Diese AG lege ich bewusst Fächerübergreifend an und auch über die Hochschulen Hamburgs hinweg. Vielleicht wären Sie ja interessiert.

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