NEWS: Vergissmeinnicht

„Remember Me“ schmiedet Demenz zur Waffe

In der Metropole der Zukunft leuchten überall bunte Reklametafeln, die der strömende Regen nicht benetzt. Hinweisschilder auf Häuserwänden, Statusmeldungen der Waschmaschine, Infos zu Geschäften aber auch zu den herumlaufenden Personen blenden technische Upgrades der Sinnesorgane schlicht in die Umgebung ein. Sehr praktisch, sicher, aber natürlich kann man damit schön Schindluder treiben. Und was getan werden kann, wird natürlich auch irgendwann von irgend jemandem getan.


Remember Me: Der Blick in die Zukunft kann zuweilen blenden
Remember Me: Der Blick in die Zukunft kann zuweilen blenden

Seit diese Technik auch noch fähig ist, in die Erinnerungen der Menschen einzudringen und sogar zu verändern, finden sich sowieso genügend Interessenten, um dies zu nicht besonders selbstlosen Unternehmungen zu nutzen. Auch die Hauptfigur Nilin von ->Remember Me des französischen Entwicklers ->Dontnod Entertainment hat einst in den Gedanken anderer herumspioniert und Veränderungen hineingepflanzt. Nun aber hat sich jemand an ihrem Kopf zu schaffen gemacht. Nilin startet einen Feldzug, um sich wieder alle Tassen in den Schrank zurück zu stellen – zumindest so, wie sie meint, dass sie im Original gestanden haben. Dabei geht sie mit großer Raffinesse vor, wie erste veröffentlichte Trailer eindrucksvoll vorführen.

Die Idee, Gedanken zu manipulieren und nachzuspielen räumt sicherlich spätestens seit ->Total Recall, ->Assassin’s Creed und ->Inception nicht unbedingt Innovationspreise ab. Das Gameplay hingegen ist ausgesprochen originell. Offenbar zu originell für ->Sony Entertainment, denn der Entwickler wechselte mit seinem Projekt jüngst zu ->Capcom

In einem der jüngst veröffentlichten Trailer klettert Nilin eilig durch die Architektur der Zukunftsmetropole Neo-Paris, auf der Suche nach ihrem Ziel, einem herschsüchtigen, jähzornigen Sicherheitschef. Seine Zeit ist gekommen, als sie sich vor die Fenster seines Büros hangelt. Wo in anderen Spielen nun eine Waffe gezückt würde, der Schreibtischtäter ein drittes Nasenloch erhielte, worauf eine wilde Jagd mit Kugelhagel folgen würde, siegt hier die tödliche Eleganz von Nilins Fähigkeiten.

Denn sie blickt in die Erinnerung des machthungrigen Flegels und dort auf eine Szene in seiner jüngeren Vergangenheit. Deren Elemente soll sie neu arrangieren, so flüstert es ihr der Operator in ihren Ohrknopf, um den Sicherheitschef zum Selbstmord zu animieren. So kann sie seine Wut steigern, indem sie ihm im stilisierten Wohnzimmer seiner Erinnerung eine Schampusflasche vor die Füße wirft. Oder sie erzeugt das blutige Ende, weil sie eine Waffe auf dem Couchtisch lädt und entsichert. Nun braucht sie aber die Flasche, damit der Rüpel genau in Richtung des Schießprügels stolpert. In seiner Erinnerung ist es schließlich vollbracht: er glaubt, seine Frau erschossen zu haben und richtet sich dafür selbst. Nilin macht sich aus dem Staub.



Nilin hangelt elegant durch das Paris der Zukunft und mischt Erinnerungen durch

Zwei Faktoren sind bei diesem Spielprinzip schwer einzuschätzen. So ist völlig offen, wie beliebt ein Spiel bei der USK wird, indem Menschen zum Selbstmord getrieben werden. Es gab schlicht aber auch bisher kein Spiel, das persönliche Erinnerungen und Emotionen von Zielpersonen zu ihrem eigenen Schaden manipulieren ließ. Selbst Nr. 47 in dem Attentäter-Klassiker ->Hitman, der durch seine kreativen Morde mithilfe von Alltagsgegenständen das Schreckgespenst der staatlichen und selbsternannten Jugendschützer ist, hat so viel diabolische, subversive Macht nicht in Händen. Es sollte KEIMLING sehr wundern, wenn der Titel unter 18 Jahren freigegeben würde.

Der zweite Punkt, bei dem sich das Spiel wird beweisen müssen, ist das Gameplay selbst. Der Trailer hinterlässt den Eindruck, dass es im Arrangement der Gegenstände wenig bis keine Alternativen gibt. Kombiniert man die Objekte nicht zur richtigen Choreografie, beginnt die Sequenz neu. Sollte der Eindruck stimmen, würde das dem Spieltrieb der Gamer, ein möglichst kreatives Ableben herbeizuführen und Varianten zu probieren, einen herben Riegel vorschieben. Spieler wären gezwungen, Passagen immer zu wiederholen.

Das wäre eine verschwenderische Schändung des Grundprinzips, durch das eigentlich ein vielseitiges, abwechslungsreiches Erlebnis entstehen könnte. Es wäre schade, wenn diese innovative Chance durch ständige Neustarts von Leveln zunichte gemacht würde – leider eine schon viel zu häufig gesehene Ausflucht billigen Game Designs.

Damit wäre ->Remember Me wieder nur konsolige Massenware, ein Schicksal, das Nilin nicht verdient hätte. Ein endgültiges und fundierteres Urteil aber wird über das Spiel erst im Sommer 2013 gesprochen. Dann soll es veröffentlicht werden. Also schön in Erinnerung behalten, den Termin, zumindest, wenn Ihnen keiner im Gehirn rumfunkt…

2 Gedanken zu „NEWS: Vergissmeinnicht“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert