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DGBL: C.S.I. 1947

„L.A. Noire“ erweckt die Vierziger zum Leben – oder zum Tod

Man kann mich als Historiker für Vieles begeistern. Die Geschichte der Vereinigten Staaten am Ende der Vierziger Jahre gehörte bislang nicht dazu. Die grassierende Kommunistenphobie, gepaart mit einem überschwänglichen Patriotismus nach dem erfolgreich geführten Weltkrieg, gefällt mir ebenso wenig wie die rigiden gesellschaftlichen Verhältnisse in Bezug auf die Geschlechterrollen und die Rassenfrage oder die zur Schau getragene religiöse Inbrunst mit inquisitorischer Mentalität. Für mich stand diese Zeit immer für Orientierungslosigkeit, politisch und gesellschaftlich der Leerlauf vor dem Beginn einer Übergangsphase.

L.A. Noire ist nicht nur ein Game Noir, sondern vor allem ein Portrait der US-Nachkriegszeit (Quelle: Wallpaper / Offizielle Seite)
L.A. Noire ist nicht nur ein Game Noir, sondern auch ein Portrait der US-Nachkriegszeit. (Quelle: Wallpaper / Offizielle Seite L.A. Noir)

Auf das Detektivspiel ->L.A. Noire ließ ich mich daher nur ein, weil das Spielprinzip erfrischend innovativ ist, und ich keinem Open-World-Titel aus dem Hause ->Rockstar lange widerstehe. Der australische Entwickler ->Team Bondi besetzte zudem so ziemlich jede Sprechrolle mit realen Schauspielern und übertrug ihre Emotionen in bislang nie wieder erreichte Gesichtsanimationen. Nein, meiner Ansicht nach nicht einmal bei Willem Dafoe und Ellen Page, die den Charakteren in ->Beyond: Two Souls Ausdrucksstärke verliehen. Dabei ist die englische Sprachausgabe der Atmosphäre besonders zuträglich, merkt man doch gleich, dass Profis hinter dem Mikrophon standen. Deutsche Synchronsprecher hätten diese Qualität niemals erreicht; und sie hätten die Illusion wohl auch zerstört, in einem Abbild von Los Angeles unterwegs zu sein.

Erst die detaillierte Mimik und Gestik macht es zudem möglich, im Spiel eine wesentliche Polizeiarbeit zu verrichten: Befragungen von Zeugen und Verhöre von Verdächtigen durchzuführen, um Taten zu rekonstruieren und Lügner zu entlarven. Denn die Hauptfigur Cole Phelps, die der Spieler im Gutteil der Kampagne steuert, steigt im Polizeidienst der Stadt der Engel auf und fällt schließlich wieder sehr hart. Dabei muss er die Zeugenaussagen mit dem Auftreten und der Mimik der Befragten in Einklang bringen. Mit jedem Fall wird diese Aufgabe ein bisschen komplexer.



Zur Polizeiarbeit gesellen sich verwobene Handlungen mit historischen Hintergründen vor einer aufwändigen Rekonstruktion von Los Angeles. (Quelle: Orientation Trailer / Kanal Rockstar via Youtube)

Doch darüber hinaus ist die Inszenierung des Settings von Los Angeles in den Vierziger Jahren sehr überzeugend. Damit sind nicht nur die Nachbildungen historischer Gebäude wie des ->Hauptbahnhofs oder des Stadtarchivs gemeint oder die hundert (100!) historischen Fahrzeugtypen. Vielmehr macht sich das Spiel viele gesellschaftliche Themen der Zeit so gut zum Inhalt, dass es trotz aller Film-Noire-Allüren ein plausibles, einzigartiges Abbild einer kulturellen Teilsphäre der U.S.A. in der Nachkriegszeit erschafft…

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NEWS: In Your Face, Baby

„L.A. Noire“ liefert nicht nur ein ungewöhnliches Setting, sondern basiert auf neuartiger Animationstechnik der Mimiken

Dass ausgerechnet ein Spiel im Gewand des ->Film Noir, das nicht nur beim Film oft für klischeehafte Figuren und Sprüche steht, vielschichtige Figuren inszenieren will, ist allein schon ambitioniert. Das der Spieler jedoch auch über Wahrheit und Lüge aus den Gesichtern der Protagonisten lesen soll, klingt unglaubwürdig, wenn man an die hölzernen Visagen aus den meisten Videospiele denkt. Kantig und eckig sind dafür noch freundliche Ausdrücke. Wenn ein Spiel aber aus dem Hause ->Rockstar Games kommt, dem Entwickler solcher spielerischen und narrativen Perlen wie ->GTA4 oder ->Red Dead Redemption, kann man getrost annehmen, dass den Ankündigungen auch Taten folgen werden – selbst wenn dieses Mal mit dem australischen ->Team Bondi ein unbeflecktes Studio die Federn führt.


Phelps wirkt versteinert - wer hier fotografiert wird, hat nichts mehr zu lachen.
Phelps wirkt versteinert - wer hier fotografiert wird, hat nichts mehr zu lachen.

Bereits jetzt vor der Veröffentlichung im Mai 2011 lassen Videos erahnen, dass auch dieses Spiel gewohnt erwachsen, gewohnt cineastisch und gewohnt abwechslungsreich werden dürfte. Ungewohnt allerdings sind die Qualitäten bei der Übertragung der Mimik von Schauspielern in die Spielwelt mit Hilfe neuer Kameratechniken, an denen seit der Gründung des Entwicklerstudios 2003 gearbeitet werden. Neben der Einhaltung gewohnter Standards von Rockstar, die man von Entwicklern des Hauses geradezu schon erwartet, liegt in diesem Feature der eigentliche Kern der großen Erwartungshaltung. Matthias Grimm, Redakteur des Review-Portales Gamona.de, wittert hierin sogar den „nächste[n] große[n] Schritt in Sachen interaktives Erzählen“.


Natürlich unschuldig - wie jeder in einer "Stadt der Engel"
Natürlich unschuldig - wie jeder in einer "Stadt der Engel"

Und tatsächlich liegt hierin eine innovative Strahlkraft, die das Spiel zu einem völlig neuartigen Erlebnis machen dürfte und für die Branche neue narrative Standards schaffen wird. Daneben bedient sich L.A. Noire auch noch an einem erfrischend unverbrauchten Setting… NEWS: In Your Face, Baby weiterlesen