Nach langen Jahren steht mit „Monkey Island“ ein alter Freund vor der Haustür
Monkey Island kehrt wieder zurück – in einer verbesserten Form. Und auch Guybrush Threepwood hat sich glänzend gehalten. Wo auch immer der Romancier der schönen Elaine und Möchtegern-Pirat sich in den vergangenen Jahren herumgetrieben hat, dürfte er jedenfalls fleißig an seinen Talenten gefeilt haben. Aber der Kerl mit dem so viele Gamer groß wurden, ist kein bischen gealtert – man könnte fast neidisch werden. Offenbar hat es ihm in den zurückliegenden Jahren nicht geschadet, dass er seine Gegner im Fechtkampf gern als Milchtier beschimpft.
Die Frage, warum diese Mitteilung hier dennoch nicht in der Rubrik RETRO aufgelegt wurde, ist allerdings berechtigt. Schlichtweg liegt es daran, dass ->The Secret of Monkey Island: Special Edition keine einfache Neuauflage eines uralten Spieles wird, wie sie in Hundertschaften für nicht ganz faire 10 Euro in den Regalen von Elektromärkten herumlungern. Diese Edition setzt eine ganz besondere Innovation ein, die vorbildhaft und maßgeblich für alle Remakes von Klassikern werden sollte.
Zunächst einmal die gute Nachricht: Ja, es wird das alte Spiel, das vielen Gamer zu ihren ersten digitalen Lachanfällen verhalf – eine Schande, dass so vielen jüngeren Spielern dieses Vergnügen bisher vorenthalten wurde. Im Jahr 1990 katapultierte der erste Teil der ->Tetralogie von Monkey Island das Adventure-Genre in neue humoristische und narrative Dimensionen. Die Geschichte des trotteligen Piraten Threepwood strotzte vor Anspielungen auf Filme und andere Spiele und wurde mit viel Witz in Rätseln und Dialogen schnell zu einem Publikumsmagneten.
Dabei ist die Handlung eigentlich sehr schnell erklärt, denn der Piratenanwärter liebt die schöne Elaine und will ein mächtiger Pirat werden. Leider jedoch wird seine Teuerste von dem gefürchteten Geisterpiratenkapitän LeChuck entführt, um sie zu dessen Gemahlin werden zu lassen. Der Plan des jungen Helden, eine Piratenkarriere einzuschlagen, erlangt dadurch eine gewisse Dringlichkeit. Um jedoch überhaupt zum erlesenen Kreis der Kaperfahrer zählen zu dürfen, muss sich Threepwood einigen Prüfungen stellen.
Säbelschwingende Gefechte, die auf dem Austausch von den richtigen Pöbeleien basieren, und eine Schatzsuche, bei der man aus einer Werbetafel das benötigte Werkzeug entwendet, sind nur zwei der mittlerweile legendären erzählerischen Einfälle in dieser Serie. Diese Einfälle gingen auf das Konto des mindestens ebenso legendären Designers ->Ron Gilbert (Grumpy Gamer – Blog).
Die Geschichte von Threepwood und Elaine setzte sich in verschiedenen Teilen fort. In „Monkey Island 2- LeChuck’s Revenge“ steht die Suche nach dem Schatz Big Whoop im Mittelpunkt und sowohl Story als auch musikalische Stimmung werden erkennbar tiefgründiger. Viele nennen diesen Teil den besten der Serie. Für den dritten Teil namens „The Curse of Monkey Island“ erstellten die Entwickler eine ansehnliche Comic-Grafik mit einem etwas anderen Stil als bei den Vorgängern. Die Geschichte um einen Ring, der Elaine in eine Goldstatue verwandelte, die wiederum natürlich kurzum entwendet wurde, erreichte jedoch nicht ganz die Klasse der Vorgänger.
Im bislang letzten, vierten Teil der Serie jedoch leistete sich Lucas Arts einige Schnitzer, welche die Serie nicht überlebte. Nicht nur, dass die Entwickler dem Aventure verkrampft eine 3D-Umgebung aufzwängten, man schickte dort auch noch die Maus in den Ruhestand, so dass eine Steuerung nur noch mit der Tastatur möglich war. Das war im Jahr 2000 das vorläufige Ende einer erfolgreichen Serie, denn diese Steuerung funktionierte schlichtweg nicht. Schon dem eigentlich von der Handlung und seinem Humor erstklassigen ->Grim Fandango war das Steuerungsdesaster 1998 zum Verhängnis geworden. Monkey Island IV jedoch litt auch an erzählerischen Schwächen und einige Rätsel waren einfach unlogisch.
Das Scheitern dieser Innovation im Genre wurde jedoch von Lucas Arts nie wirklich akzeptiert – dagegen wurden Adventurespiele für tot erklärt. Sicherlich wollte man sich damals nicht eingestehen, dass man den Markt völlig falsch eingeschätzt hatte – da erklärte Lucas Arts lieber, dass der Markt nicht mehr existieren würde. Es sollte Jahre dauern bis Adventures an sich wieder eine Chance hatten, Lucas Arts aber zog sich beleidigt auf die mächtige Star Wars-Lizenz zurück und entwickelte dort einen Ableger nach dem anderen. An eine Wiederbelebung der eigenen Marktführerschaft in Sachen Adventures dachte dort zum Ärger der Fans lange Zeit niemand mehr.
Umso schöner nun, dass die neu aufgelegte Version von Monkey Island eine Innovation in die Welt der digitalen Remakes einführt, die sowohl puristische Traditionalisten als auch grafikverwöhnte Fortschrittsgläubige befriedigen dürfte. Flexibel darf beim Spielen nämlich zwischen der alten und einer modernisierten Optik gewechselt werden, wobei in der neueren Variante kein platzgreifender Inventarblock und auch kein Befehlspanel mehr den Blick auf die Szenerie verstellen. Dabei ist aus ersten Traileren deutlich geworden, dass die alten Stimmungen hervorragend in ihr neues optisches Kleid überführt werden. Eigentlich handelt es sich somit um eine parallele Veröffentlichung des alten, ebenso spielbaren Titels und einer grafisch an die heutigen Sehgewohnheiten angepassten Spieles. Damit wird die Special Edition hoffentlich zu einem Trendsetter für digitale Remakes.
Übrigens will ->Lucas Arts, der Lizenzbesitzer der Serie, auch einen neuen Teil zusammen mit ->Telltale Games entwickeln. Die Könige der Episoden-Download-Adventures, die bereits in diesem Format ->Sam & Max zu neuem Leben verhalfen, setzten Threepwoods Geschichte mit den ->Tales of Monkey Island in voraussichtlich fünf Kapiteln fort. Hierfür wurde immerhin ein Teil der ->zweiten Garde hinter der alten Monkey Island-Reihe und anderen Lucas Arts-Klassikern einbezogen.
Eine latente Skepsis gegenüber Telltale Games kann KEIMLING allerdings nicht verhehlen. Es war zwar schön, die Sam & Max-Serie wieder zu spielen, doch war die Rätselkost recht kalorienarm. Leider gerieten nicht nur die Rätsel zu einfach, auch die Geschichten zeichneten sich zwar durch den legendären Humor aus, waren jedoch mit teils unter fünf Stunden Spielzeit eindeutig viel zu kurz. Noch ein weiteres Problem kommt bei der Monkey Island-Reihe hinzu, die neben allem Slapstick immer von großen erzählerischen Bögen lebte. Episodeninhalte sind mit den narrativen Formen von Monkey Island kaum sinnvoll zu verbinden. Es muss ja immer damit gerechnet werden, dass Spieler nur ein einzelnes Kapitel kaufen, weshalb die Erzählung keine großen Bögen schlagen kann.
Es steht also ein großes Fragezeichen hinter diesem Versuch eines Neustarts der Serie. Hoffentlich hat Lucas Arts da nicht auf die falsche Kuh… pardon, das falsche Pferd gesetzt. Immerhin bleibt allen Fans – und denen, die es noch werden wollen – dann die Neuauflage des alten Klassikers.
MI1/2 hatte ich noch auf dem Amiga … werde wohl um dieses Remake nicht drumrum kommen … 😉 Wenigstens ist es noch das echte MI mit Ron Gilbert.
In einer ausführlichen Zusammenfassung überblickt gamona.de das Phänomen „LucasArts“ als Hersteller der besten Adventurespiele der Neunziger Jahre. Detailliert und lesenswert.