RETRO: In Schlechter Gesellschaft

In „Bad Company“ eröffnen vier Soldaten ihren eigenen Feldzug auf PS3 und XBox360 – amüsanter war Krieg nie

Immer mit einem flotten Spruch auf den Lippen stolpern vier US-Soldaten durch einen Konflikt zwischen den Amerikanern und der Russischen Föderation – kaum eine Ahnung, wofür sie dort an vorderster Front kämpfen. Jedenfalls bis sie in einer heruntergekommenen Hütte auf einen Koffer mit Goldbarren stoßen. Söldner, die auf russischer Seite gegen die Amerikaner kämpfen, haben den dort zurücklassen müssen. Angeblich zahlt deren Anführer seine Einheiten mit den Barren aus. Jetzt haben die vier etwas, für das es sich zu kämpfen lohnt, denn irgendwo muss es noch mehr vergoldete Koffer geben.

Einschlag einer innovativen Granate
Einschlag einer innovativen Granate

-> DICE, die schwedischen Schöpfer der Battlefield-Serie, deren Hauptschauplatz zuvor der PC-Markt war, lieferten mit -> „Battlefield: Bad Company“ ihr Debüt auf den Konsolen der jüngsten Generation – und landeten einen imposanten Volltreffer.



Besser eine schlechte Gesellschaft, als gar keine...

Die Geschichte um ein paar abgehalfterte US-Soldaten, die in einem fernen Land kämpfen müssen, und in einem Goldfund die Erfüllung ihrer Träume wittern, fesselte mit packender Inszenierung und liebenswürdig durchgeknallten Charakteren…

Irgendwo in einem Land, dessen willkürlicher Name an zentralasiatische Diktaturen erinnert, führen die Amerikaner diesen Krieg, dessen Grund und Ziel die Soldaten der „Bad Company“ nicht ein Mal erwähnen. Offenbar scheint es den Militärs nicht so wichtig zu sein, ihre Anwesenheit in Serdarstan jeder Nebenfigur mitzuteilen. Die Truppe der Vier jedenfalls stört es nicht, besteht ihre Hauptaufgabe zu Anfang doch daraus, ihre eigene Haut aus dem Konflikt zu retten. Da ist ihnen das Land, in dem sie sich befinden, ziemlich egal.

Denn die „B“ Company, in der sich die Soldaten befinden, besteht aus entbehrlichen Soldaten, die nur einen begrenzten Nutzen für die Army auf dem Schlachtfeld haben.  Daher werden Soldaten dieser Kompanie in Missionen geschickt, für welche die Bezeichnung „Himmelfahrtskommando“ noch geschmeichelt wäre.  Dies wissen auch die Soldaten selbst.


Keine Abenteuer, Mum, versprochen. Keine Goldschätze oder so...

Als Preston Marlowe, Hauptfigur des Spieles und das Greenhorn in der B-Company, fragt, ob für eine Mission im Spielverlauf nicht die Marines besser geeignet werden, antwortet Squad-Leader Redford lapidar, dass diese Truppen schlicht zu teuer seien, um sie zu verschwenden. Kurzum: Geht die B-Company baden, hält sich das Bedauern bei den Führungsstäben in Grenzen.

Dies liegt daran, dass jeder der Vier sich in seiner Army-Karriere geballten Unfug geleistet hat. Die Figur des Spielers, Preston Marlowe, unternahm einen kleinen Ausflug mit einem Hubschrauber seiner ursprünglichen Truppe. Danach war nicht nur der Hubschrauber schrottreif, sondern auch die Limousine eines Generals.



Explosive Persönlichkeiten werden gesucht

George Haggart ist ausgewiesener Pyromane und landete in der B-Company, weil er „das größte Waffendepot östlich von Paris“ in die Luft jagte. Bedauernd erklärt er, das seine „Talente“ zwar bei der Army endlich geschätzt worden seien,  er sich allerdings gelegentlich nicht bremsen könne.



Hier möchte nicht nur Sweetwater schnellstens wieder raus

Terrence Sweetwater, der Redselige unter den Soldaten, ist Gegenpart Haggarts in den ständigen Frotzeleien beider untereinander. Er verpasste dem militärischen Sicherheitsnetzwerk einen Virus durch unerlaubte Downloads aus dem Internet. Nur Seargent Samuel Redford ist freiwillig in der Truppe und Kommandant des Squads. Obwohl die Sterblichkeitsrate hoch ist  bei der B-Company meldete er sich freiwillig, um seine Dienstzeit zu verkürzen. Nur noch drei Tage trennen ihn zu Anfang des Spieles von seinem wohlverdienten Angelurlaub, als Haggart schließlich allen Beteiligten einen Strich durch die Rechnung macht. Mit viel Charme und Witz kombiniert DICE die verschiedenen Charaktere glaubwürdig zu einer  Truppe – die Liebe zu deren Ausarbeitung ist ein Novum im Genre der Taktikshooter.

Besonders vom erstklassigen Humor lebt das Spiel. So sind die Streitereien zwischen Sweetwater und Haggard sind durchweg gelungen und binden den Spieler schnell emotional an diese Personen. Beispielsweise als Haggard sich bei Preston Geld pumpen will, Sweetwater ihm aber dazwischen fährt und Preston davor warnt, weil Haggard immer so lange mit Rückzahlungen warten würde, bis die Russen seine Gläubiger beseitigen. Bei einer anderen Gelegenheit diskutieren die beiden mitten im Gefecht über das „Pferdegesicht“ von Sweetwaters Cousine, die er trotzdem gedatet hatte. Doch auch jenseits dieser Zwiegespräche bietet dar Shooter jede Menge amüsanter Momente. So greift Haggard im Alleingang ein anderes Land an – notgedrungen werden auch die anderen der Company zu Abtrünnigen. Als die B-Company später sogar einen Präsidenten entführen muss, entpuppt sich dessen „Air Force One“ als vergoldeter, mit Leopardenfellpolstern versehener Hind-Hubschrauber, in dessen Laderaum eine Diskokugel aus den Siebzigern baumelt. Jeder Lude auf der Hamburger Reeperbahn würde vor Neid erblassen. Und als die Company ihre Goldbarren schon fast zum Greifen nahe weiß, startet die US-Armee eine Invasion in eben die Stadt, wo die Barren liegen. Um noch in den Genuss des Reichtums zu kommen, müssen die Vier nun den Vormarsch der eigenen Truppen „bremsen“. Wie erfolgreich? Na, spielen Sie’s doch selbst.

Etwas ungewohnt für das Setting, allerdings höchst passend zu dem Gangster-Road-Movie, das sich hinter dem Spiel im Grunde verbirgt, ist der Soundtrack geraten. Hier stehen Rock-Titel der Achtziger neben klassischer Musik und Easy Listening. Sicherlich ist es eine Geschmacksfrage, ob man mit diesem Stilbruch im Genre leben kann, KEIMLING jedenfalls empfindet dies als willkommene Innovation im Genre.

In einer ebensolch rasanten Berg- und Talfahrt wie bei der Musik führt die Handlung durch liebevoll gestaltete Levels, die verschiendene Herangehensweisen ermöglicht. Meisterhaft erzählt das schwedische EA-Studio die Geschichte, so dass man sich stets fragt, warum DICE nicht schon in früheren Teilen intelligente Geschichten in ihre Spiele einbaute und sich für Bad Company nicht einmal traute, das Spiel auch auf den PCs zu veröffentlichen. Wer den Film -> Three Kings kennt, ist über die prinzipielle Richtung der Handlung des Spieles natürlich im Bilde.

Einen Großteil der grandiosen Inszenierungmacht die zerstörbare Umgebung des Spieles aus. Den Motor dafür lieferte die neue Frostbyte-Engine, die DICE hier zum ersten Mal einsetzte. Sie ermöglicht die nahezu vollständige Zerstörung von Umgebungsobjekten. In früheren Spielen der Reihe war man gezwungen, einen Panzer zu verlassen, um selbst die kleinste Holzkate hochzunehmen. Legendär waren Fahrzeuge, die selbst an Sandsäcken hängen blieben. Nun ist nahezu alles zerstörbar – Bäume bieten keine Deckung mehr, Häuse zerlegen sich in ihre Mauersteine und Dachstühle werden durch Granaten abgedeckt.

Besonders der Mulitplayer-Teil, von jeher ein zentrales Element der Reihe, erfordert aufgrund dieser Neuerungen erhebliches Umdenken. Hier sind jedoch ansonsten die Innovationen eher gering. Außerdem plagt den Goldrush-Modus eine Logiklücke von der Größe des Atlantiks. So ist es zwar noch logisch, dass ein Team Goldschätze zu schützen hat, warum allerdings die Angreifer das Gold nicht einsammeln sollen, sondern den Auftrag verfolgen, es in die Luft zu jagen, ist mehr als fragwürdig. Für diesen geistigen Fehlschlag entschuldigen jedoch die großen, vielfältigen Areale der Mehrspielerkarten, die jeweils verschiedenartige Terrains darstellen. Für Abwechslung ist also gesorgt.

DICE hat mit dem Konsolentitel eine Glanzleistung hingelegt. Wie ein Sturm fegen die vier Chaoten der B-Company durch die angestaubten Standards des Taktishooter-Genres. Zudem liefert das Spiel zahlreiche Momente, die ein Lächeln auf das Gesicht zaubern – und das ist schließlich etwas für uns Spieler, für das es sich zu kämpfen lohnt.

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