NEWS: Die Aussichten – Heftiger Regen

Erzählweisen von „Heavy Rain“ sollen Games nachhaltig prägen

Besucher wundern sich hier in Hamburg meist nur ein Mal darüber, dass Regen in dieser Stadt nicht automatisch zu einem Meer aus Schirmen auf den Gehwegen führt. Denn wer versucht, das Spanndach über sich auszubreiten, kann wegen der kräftigen Winde nur noch erstaunt seinem Regenschirm hinterherstarren oder blickt auf ein verbogenes abstraktes Kunstwerk. Gegen an solchen Tagen dauerhaft fallende Starkregen hilft ohnehin kein Plastik – der Regen fliegt nahezu waagerecht über den Boden.

Starker Regen auf der Seele
Starker Regen auf der Seele

Doch auch wer sich mit allen Arten des Himmelswassers so gut auskennt wie wir Hamburger dürfte bei „Heavy Rain“ (noch ohne eigene Webseite)  ins Staunen geraten. Das französische Entwicklerstudio ->Quantic Dream plant für diesen Titel völlig neue Wege für die Erzählstruktur. Die Schöpfer des spielerisch eher mauen, narrativ jedoch herausragenden Action-Adventure-Thrillers ->Fahrenheit möchten dem Spieler die Hoheit darüber geben, wie sich die Handlung weiterentwickelt – und zwar im wesentlich tieferen Sinne, als nur zwei oder drei Handlungssträngen zu folgen. Leider werden wohl nur PS3-Nutzer in den Genuss dieses Experimentes kommen. Das Spiel wird exklusiv für diese Plattform erscheinen, und wohl auch erst im Jahr 2010.

Viel wurde in der Vergangenheit bereits darüber geschrieben, wie sich nonlineare Narration realisieren lassen könnte. Überzeugendes jedoch war weder in Theorie noch in Praxis dabei. David Cage, der Gründer, Chefentwickler und Designer von Quantic Dream, folgt der Vision von einer flexiblen Erzählweise. Darin sollen die Spieler gleichzeitig aus den unterschiedlichen Blickwinkeln von vier verschiedenen Personen spielen.

Die Spieler, durch die steten Wechsel zur Wahrnehmung verschiedener Perspektiven genötigt, sollen dabei erfahren, dass auch vermeintlich ehrbare Motive in bösartigem Handeln enden können, wenn Liebe im Spiel ist. Gleichzeitig will Cage vermitteln, dass hinter Menschen, die als Böse wahrgenommen werden, freundliche Antriebe stecken können.

Heavy Rain könnte also das erste Spiel sein, das unsere Sinne mit Hilfe interaktiver Perspektivwechsel gehörig in die Irre führt und dadurch Fragen an uns selbst aufwirft. Das Spiel soll die moralischen Grundfesten, den Blick, den ein Spieler auf sich selbst hat, erschüttern. Laut Cage steht im Zentrum der Handlung, „how far you’re willing to go to save someone you love“, berichtet ->Shacknews am 3. Juni 2009. Die Seite bietet auch einen hervorragenden Trailer zu Heavy Rain.  Selbst wenn sich die behaupteten, narrativen Innovationen als Marketing-Seifenblase entpuppen sollten, könnte das Spiel allein durch die durchwirbelte Gefühlswelt der Spieler ein prägendes Erlebnis sein. Zur Zeit gibt es jedenfalls noch keine Informationen über die angeblich so innovativen Erzählstrukturen – andererseits ist die Behauptung damit auch nicht widerlegt.

Allerdings könnte Heavy Rain nach ersten Eindrücken von der Spielemesse E3 2009 die Schwächen des Vorgängers Fahrenheit erben. Meist entschied sich die Handlung in diesem Spiel durch simple Quicktime-Events, in denen schnelles Tippen auf die richtigen Tasten die Handlung weiterführte. Das Gameplay verkam zu einer grenzdebilen Symboltastentipperei auf der Playstation2, auf dem PC war der Titel ohne die Installation eines Gamepads überhaupt nicht zu steuern. Wohl auch einer der Gründe, warum der Nachfolger nun exklusiv für die PS3 erscheinen wird.

Diese Entscheidung ist jedoch bedauerlich, weil Quanitc Dreams sich damit von der Verantwortung entledigt, eine sinnvolle Steuerung zu entwickeln – denn nur, weil sie auf der Playstation-Plattform funktioniert, heißt das noch nicht, dass es sich auch um eine sinnvoll in das Spiel eingepasste Steuerungsform handelt.

Andererseits hat der französische Entwickler bereits bewiesen, dass er packende Geschichten in eine ansprechende Atmosphäre verpacken kann. Es wäre schade, wenn man als PC-Spieler nicht in den Genuss dieser Erzählkraft käme. Außerdem: Was würde besser zu einem stark verregneten Tag in Hamburg passen, als in eine spannende und tiefgründige Geschichte einzutauchen. Das kann man doch den dortigen PC-Besitzern nicht vorenthalten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert