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KOMMENTAR: Gibt’s das auch als Film? (Teil 5)

Teil 5 – Die Youtubisierung des Abendlandes


Schon lange hatte ich geplant, dem Spielejournalismus in seinen verschiedenen Formen, einen umfassenden Beitrag zu widmen. Der Artikel sollte vor allem die gegenwärtige Lage der Redakteure und TV-Produzenten kommentieren – mit einem Schwerpunkt im deutschsprachigen Raum. In jüngster Zeit brechen sich nun zahlreiche Entwicklungen Bahn, welche dem Spielejournalismus rasant ein neues Gesicht verleihen.
Es ist höchste Zeit, dass mein Blog in einen Rundumschlag den gegenwärtigen Status zusammenfasst. Angesichts der Vielzahl von Veränderungen konnte dieser Überblick nur sehr lang werden. Daher erscheinen im Abstand von wenigen Tagen mehrere Blogbeiträge zu verschiedenen Facetten. Die Serie schließt mit einer Bewertung der jüngsten Veränderungen und einem ebenso vorsichtigen wie gewagten Ausblick.

Liest Du noch, oder glotzt Du schon?

Die Netzwerke, welche die verschiedenste Aspekte der Spielekultur im Internet eng verweben und zugleich dokumentieren, enthalten zu einem wachsenden Anteil Bewegtbildformate. Schon länger entwickeln sich diese sehr viel dynamischer als textbasierte Angebote oder Audio-Podcasts. Sicherlich hängt diese Entwicklung gerade bei Produktionen zu digitalen Spielen damit zusammen, dass diese Spiele selbst ein visuell stark beeindruckendes Medium sind. So scheinen Videos auf den ersten Blick die natürlichen Verbündeten zu sein, um sie zu präsentieren.

Ob nun GameTube, Giga Games oder RocketBeansTV, Videoportale wie Youtube oder Webstreams bei Twitch oder aufwändige Reportagen wie der "Killerspiele"-Dreiteiler von Christian Schiffer - Bewegtbildformat sind eindeutig auf dem Vormarsch. (Abb. eigene Collage aus Screenshots)
Ob nun GameTube, Giga Games oder RocketBeansTV, Videoportale wie Youtube oder Webstreams bei Twitch oder aufwändige Reportagen wie der „Killerspiele“-Dreiteiler von Christian Schiffer – Bewegtbildformat sind eindeutig auf dem Vormarsch. (Abb. eigene Collage aus Screenshots)

Keineswegs aber muss ein Videoformat für jeden verfolgten Zweck immer das richtige Medium sein. Ohne weiter darüber nachzudenken, werden dennoch täglich immer mehr Videos über digitale Spiele gestreamt oder in Videoportale hochgeladen. Sie gewinnen allein durch ihre schiere Präsenz Einfluss auf die Produktionsformen, und damit letzlich auf die Inhalte. Und so wäre es klug, einmal genauer darüber nachzudenken, in welcher Weise dies getan wird.

Der folgende Teil der Serie zum Spielejournalismus wird sich daher mit den Entwicklungen im TV-Bereich, der Bedeutung von Streaming à la Youtube und dem Einfluss der Bewegtbildkonzepte auf andere Formen des Spielejournalismus befassen. Das scheint mir auch genau der richtige Zeitpunkt, jetzt, wo sich erhebliche Umwälzungen anbahnen, an denen ein Hamburger Streamingsender einen wichtigen Anteil hat…

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KOMMENTAR: Gibt’s das auch als Film? (Teil 1)

Teil 1 – Feuilleton gegen Stiftung Warentest


Schon lange hatte ich geplant, dem Spielejournalismus in seinen verschiedenen Formen, einen umfassenden Beitrag zu widmen. Der Artikel sollte vor allem die gegenwärtige Lage der Redakteure und TV-Produzenten kommentieren – mit einem Schwerpunkt im deutschsprachigen Raum. In jüngster Zeit brechen sich nun zahlreiche Entwicklungen Bahn, welche dem Spielejournalismus rasant ein neues Gesicht verleihen.

Es ist höchste Zeit, dass mein Blog in einem Rundumschlag den gegenwärtigen Status zusammenfasst. Angesichts der Vielzahl von Veränderungen konnte dieser Überblick nur sehr lang werden. Daher erscheinen im Abstand von wenigen Tagen mehrere Blogbeiträge zu verschiedenen Facetten. Die Serie schließt mit einer Bewertung der jüngsten Veränderungen und einem ebenso vorsichtigen wie gewagten Ausblick.


Zahlen, bitte!

Alle paar Jahre kommt beim führenden deutschen Games-Magazin ->Gamestar das Wertungssystem auf den Prüfstand. Differenziert und ausführlich legt das Magazin dann den Lesern dar, warum etwa die grafische Qualität für digitale Spiele einen Anteil von XY an der Gesamtwertung hat und nun höher oder geringer gewichtet wird. Oder der Sound. Oder das Gameplay. Mich wundert schon seit Jahren sehr, mit welcher Energie sich auch Leser daran beteiligen. Deren Einsatz manifestiert sich jedes Mal zum Beispiel in langen Briefen an die Redaktion.

Zahlen, bitte! Auf der Suche nach Objektivismus hält sich hartnäckig der Zahlenfetisch im Spielejournalismus. (Abb.: Collage Screenshots)
Zahlen, bitte! Auf der Suche nach Objektivismus hält sich hartnäckig der Zahlenfetisch im Spielejournalismus. (Abb.: Collage Screenshots)

Was sich da an Systemen aus den Anfängen des Spielejournalismus bis heute immer mehr ausdifferenzierte, so denke ich kopfschüttelnd, kann doch unmöglich noch jemanden interessieren. Na, gut, außer in den Marketing-Abteilungen natürlich. Die schneiden sich ja gerne plakative Wertungszahlen wie Gütesiegel in ihre Trailer und drucken sie zusammen mit Zitaten auf ihre Packungen, die sie aus dem Zusammenhang reißen. Unter diesem Aspekt kann ich verstehen, weshalb Magazine an bezifferten Wertungen festhalten. Mit ihrem Logo zusammen abgedruckt, erhalten sie so kostenlose Werbung.

Die Haltung aber, man könne die Qualität von digitalen Spiele durch Zahlenwerte ausdrücken oder auch nur vergleichbar machen, ist absurd. Selbst wenn jeder Tester immer mit der gleichen Grundeinstellung an ein Spiel heranginge, so scheiden sich doch Geschmäcker etwa an Szenarien oder Genres. Diese Vorlieben der Tester beeinflussen natürlich auch, wie er etwa die Narration, die Technik oder die Spielmechanik einschätzt. In weit größerem Maße als bei anderen Medien bestimmt zudem das Verhalten eines Nutzers in der Spielwelt seine Erfahrungen mit dem Spiel. Jeder objektive Wertungsversuch kann also nur eine Illusion bleiben.

Wenn diese Beobachtung aber stimmt, drängt sich die Frage auf, warum das Publikum so eindeutige Schulnoten für ein komplexes Kulturprodukt überhaupt erwartet. Scheinbar stößt man auf ein allgemeines, gesellschaftliches Problem. Seit Jahren wächst die Zahl der Menschen, die nach einfachen, eindeutigen und schnellen Lösungen schreien. Man muss nur zu den karnevalsken Montagszügen in deutschen Innenstädten schauen, sich die Verbaldiarrhoe in der Kommentarsektion von Spiegel Online durchlesen oder einer Pressekonferenz des Innenministers zuhören, und man stellt fest, dass offenbar die Gehirne eines Teiles der Bevölkerung nur mit fünf Watt-Birnen beleuchtet werden.

Dass „richtig“ und „falsch“ oft im Auge des Betrachters liegen, ist eine Binsenweisheit – dennoch scheint sie sich zu einem Großteil der Bevölkerung nicht herumgesprochen zu haben. Andererseits gibt es einen Teil derjenigen, die an digitalen Spielen interessiert sind, die einen deutlich breiteren gesellschaftlichen und kulturkritischen Umgang mit ihnen einfordern. Diese Konfliktlinien wird der erste Beitrag dieser Reihe skizzieren…

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INNOVATION: Alone in the Park

In ‚The Park‘ steckt ein ansprechendes Gruselkonzept, geschicktes Marketing und vielleicht die Rettung von FunCom

(PC (getestet) | PS4 | XBoxOne )

Verzweifelt sucht eine Mutter auf einem Parkplatz ihr Kind, das eben noch im geparkten Auto saß. Welchen Adrenalinschub und welche Selbstzweifel, welchen Zorn und welche Ängste das auslöst, kann ich als Vater sehr gut nachempfinden, der seinen Sohn nur mal eine Minute aus den Augen verlor – in einer Spielwarenabteilung der Hamburger Innenstadt. Wahrscheinlich waren es eher Sekunden als Minuten. Ich kann diese Erfahrung dennoch nicht weiter empfehlen.

Erschöpft wirkt Lorraine bereits, bevor ihr Sohn Cullum verschwindet. Ihr Geisteszustand birgt den eigentlichen Horror in 'The Park'. (Abb. eigener Screenshot PC)
Erschöpft wirkt Lorraine bereits, bevor ihr Sohn Callum verschwindet. Ihr Geisteszustand birgt den eigentlichen Horror in ‚The Park‘. (Abb. eigener Screenshot PC)

Die Mutter namens Lorraine sucht mit hektischem Blick den Parkplatz an einem Vergnügungspark ab. Scheinbar ist ihr Sohn Callum zurück hinein gelaufen. Wie passend, dass dieser eben geschlossen wurde und sich die Dämmerung herabsenkt. Von einem freundlichen Uniformierten am Kassenhäuschen vorbeigelassen, fährt sie mit einer heruntergekommenen Rolltreppe in den menschenleeren Empfangsbereich. Dass hier etwas nicht rund läuft, wird spätestens klar, als ein Kurzschluss die Treppe stoppt. Kaum dass sie wieder anspringt, verdunkeln sich die Lichtverhältnisse mit einem Schlag bedrohlich.

httpvh://youtu.be/bN3ePylpKjk
Verzweifelt und zerrüttet sucht Lorraine ihren Sohn im ‚Atlantic Island Park‘ und findet nur eine gruselige Wahrheit. (The Park – Launch Trailer | Kanal FunCom via Youtube)

Was scheinbar als harmlose Suche beginnt, taucht bald in die dunklen Seiten des „Atlantic Island“-Vergnügungsparks ab. Moment, den Namen hat man doch schon vor dem Horror-Adventure ->The Park gehört. Richtig, die ebenso stillgelegte wie heruntergekommene Vergnügungsmeile liegt im Online-Rollenspiel ->The Secret World auf Solomon Island, hinter den schroffen Felsen der Savage Coast an der nordamerikanischen Ostküste. Wer den Park trotz seines abschreckenden Zustands betritt, bekommt entlang von herausragend gut geschriebenen Quests buchstäblich die Geister der Vergangenheit auf den Hals gehetzt.

Aber der norwegische Entwickler ->FunCom recycelt hier nicht bloß altes Kulissenmaterial. Er greift zwar auf die schier unerschöpfliche Hintergrundwelt, die Ereignisse und Personen des Online-Rollenspiels zurück, erzählt aber eine ergänzende Geschichte. Nicht notwendig muss man ->The Secret World gespielt haben, um Lorraines Erlebnisse und Schicksal zu verstehen. Aber dieses interessante Experiment wird durch die parallelen Spielerfahrungen sehr bereichert.

Nur sehr entfernte Verwandte: die Kraken-Attraktion aus dem Atlantic Island Park in 'The Secret World' hat ihren Auftritt auch in 'The Park'. Ihrem Aussehen nach ist sie jedoch nur ein sehr entfernter Verwandter der Attraktion in 'The Park'. (Abb.: eigener Screenshot PC)
Nur sehr entfernte Verwandte: die Kraken-Attraktion aus dem Atlantic Island Park in ‚The Secret World‘ hat ihren Auftritt auch in ‚The Park‘.  (Abb.: eigener Screenshot PC)

Denn umgekehrt gilt dies auch für ->The Secret World. Wer in dem Online-Rollenspiel an Halloween 2015 einen der neuen saisonalen Handlungsstränge startete, den belohnte eine überraschende, komplementäre Erzählung zu Lorraine. Die Questreihe des Samhain-Festes, jeweils nur ein Mal jährlich innerhalb eines Monats um Halloween spielbar, interpretierte den Plot von ->The Park aus einer anderen Perspektive neu. Beeindruckend, wie die Kombination beider Spiele mit Leichtigkeit deutlich macht, wie sehr Einschätzungen über Personen von unserem eigenen Hintergrund und unseren Voreinstellungen abhängen.

Auch wenn man die Fahrgeschäfte wieder erkennt, sind sie doch nur sehr entfernte Verwandte der Attraktion in 'The Park'. (Abb.: eigener Screenshot PC)
Auch wenn man die Fahrgeschäfte wieder erkennt, sind sie doch nur sehr entfernte Verwandte der Attraktion in ‚The Park‘. (Abb.: eigener Screenshot PC)

Damit hat ->FunCom nicht nur aus einer ursprünglichen Technologie-Demo eine ganz passable Horrorerfahrung fortentwickelt. Die Entwickler fanden zudem Wege, neue und alte Spielerschaften für das schwächelnde Gegenwarts-MMO zu interessieren. Mit diesem vielversprechenden, innovativen Prinzip ließe sich 2016 vielleicht sogar die drohende Zahlungsunfähigkeit abwenden…

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INNOVATION: Zersiebt, verlobt, verheiratet

Mit „Valiant Hearts“ entstand ein spielbares Stück Erinnerungskultur mit erfrischenden Blickwinkeln auf den Ersten Weltkrieg

Manchmal stellt sich erst im Nachhinein heraus, wie gut es ist, sich an selbstauferlegte Arbeitsprinzipien zu halten. Dazu gehört, dass ich mich zu einem ausführlichen Urteil über ein Videospiel erst hinreißen lasse, wenn ich es auch durchgespielt habe. Natürlich bildet sich eine Meinung schon zuvor nach und nach aufgrund von Indizien. Daher konnte ich mit einer Gegenrede in einem ->Kommentar bei der Webzeitschrift ->Public History Weekly auch nicht hinter dem Berg halten, nachdem dort Didaktikerin ->Monika Fenn aus Potsdam einen Beitrag über ->Valiant Hearts: The Great War veröffentlichte (siehe ->Monika Fenn: Kriegsspiel mit Herz? Computer Games zum Ersten Weltkrieg vom 17. Juli 2014). Dort legte ich allerdings auch offen, dass meine eigene abschließende Bewertung zu dem Spiel genau deswegen noch ausstehe.

httpvh://youtu.be/Khl02WOSfXQ
Das Weltkriegsdrama wird durch die einfühlsamen erzählten Beziehungen der Charaktere, ihre Sorgen, Ängste und Erlebnisse getragen. Der britische Pilot allerdings schaffte es trotz des Auftrittes im Trailer nur in eine kurze Filmsequenz im Spiel. (Valiant Hearts: The Great War official trailer [UK] / Kanal Ubisoft via Youtube)

Und diese Zurückhaltung war tatsächlich sehr gut so, weil die historische Qualität von ->Valiant Hearts: The Great War, der Überraschungserfolg, den das kleine Studio ->Ubisoft Montpellier im Juni 2014 veröffentlichte, im Spielverlauf auch überraschend deutlich schwankt. Besonders der mittlere Teil zwischen Kapitel 2 und 3 zeigt systematische Schwächen, die leider dem diametral entgegen stehen, was an dem Spiel in den übrigen Teilen so löblich war. Zudem habe ich jetzt noch ein paar mehr und vielleicht sogar bessere Beispiele und Beobachtungen parat, die erst im späteren Spielablauf auftraten. Im Prinzip aber bleibt es bei meinem früheren positiven Urteil über das 2D-Action-Jump&Run. Dennoch muss ich meine vorläufigen Einschätzungen – die ich bereits in NEWS-Beiträgen dieses Blogs abgab – durch das nun gewonnene Gesamtbild des Spieles nicht revidieren, aber doch relativieren (siehe ->NEWS: Helden der Herzen vom 13. Juni 2014 und ->NEWS: Der vergessene Krieg vom 30. Januar 2014).

Im Kern bleibt ->Valiant Hearts: The Great War, das ->Ubisoft Montpellier mit dem hauseigenen ->UbiArt Framework realisierte, ein herausragendes Beispiel für den gelungenen Umgang von Videospielen mit historischen Themen. Es erzählt den Ersten Weltkrieg eben nicht aus einer strategischen oder einer politischen Perspektive, sondern begleitet fünf sehr unterschiedliche Figuren sehr emotional durch ihre Leben, Leiden und Ableben unter dem Eindruck des Krieges. Und das gelingt den Entwicklern – trotz aller kleinerer Defizite – so gut, dass man als Historiker eigentlich einen Award dafür erfinden müsste…

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NEWS: Free To Pay

Die größten zehn Verdiener am Free-To-Play

In einem gut zehn Minuten dauernden Video fasst Redakteur Christian Schneider von der Gamestar die Geschäftsergebnisse der größten zehn Akteure im Free-To-Play-Markt zusammen. Das Video nennt erstaunlich geringe Pro-Kopf-Erträge bei den Spielern. Offenbar lohnt es sich aber über die gesamte Masse an Teilnehmern doch so sehr, dass zum Beispiel der weißrussische Entwickler ->wargaming.net in einem Gesamtgewinn von 300 Mio. € badet. Garniert mit zahlreichen Videoausschnitten aus Gameplay und Marketingmaterial verschafft der Film zudem einen Eindruck von einer Auswahl solcher Spiele selbst.

httpvh://youtu.be/vMHTXdCJShE
Entwickler im Free2Play backen bei jedem Spieler nur ganz kleine Brötchen, aber über die Gesamtzahl lohnt es sich. (Free2Play – Top 10 – Die höchsten Pro-Spieler-Einnahmen / Kanal Gamestar via Youtube)

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NEWS: The Monument Men

Simon Krätschmer und Etienne Gardé zu Gast bei Youtuber David Hain

Vor mehr als zehn Jahren, als mein Sohn begann, den Bauch meiner Frau zu wölben und unsere Mobilität einzuschränken, fing uns beim Zappen durch die hinteren Kanäle etwas dauerhaft ein. Eine witzige, kumpelige Truppe machte dort aus dem zweitschönsten Zeitvertreib der Welt, dem Gaming, eine Sendung. Das damals, vor den Zeiten Youtubes, revolutionäre TV-Format auf NBC nannte sich „Giga Games“. Abends, nach dem nicht der Rede werten Gossip-Smalltalk-Lifestyle-Gedöns, das im Hauptprogramm des Senders unter dem Label „Giga Green“ wertvolle Sendezeit verbrannte, versammelte sich die Gamer-Nation zunehmend vor den Fernsehern. Bei „Giga Games“ ließen sie sich in Viertelstundenblöcken über Videospiele auf PCs, Konsolen und Handhelds informieren.



Drei Urgesteine der kreativen Berichterstattung über Games plauderten sehr offen in einem Gipfeltreffen. (Interview / Kanal BeHind via Youtube)

Doch verfolgte man die Sendung nicht nur wegen der Informationen, sondern vor allem wegen des Moderatorenteams, denn für tiefschürfendes Wissen reichten die knappen Blöcke oft nicht aus. Die Sendung lebte davon, dass zwischen repetitiven Werbeblöcken charmant plaudernd Themen angerissen wurden. Zwei von jenen Moderatoren – in der Gigawelt auch Hosts genannt – fanden sich im Februar beim Youtube-Kanal ->BeHaind von David Hain zu einer Gesprächsrunde ein, um mit ihm über die letzten zehn Jahre zu sprechen. ->Simon Krätschmer, genannt Bimon, und ->Etienne „Eddie“ Gardé, die heute neben anderen Urgesteinen von Giga Games zum erfolgreichsten deutschen TV-Format zu Videospielen namens ->GameOne gehören, trafen mit Hain auf einen der Beteiligten am recht erfolglos versandeten Relaunch von Giga als WebTV und Gamingportal.

Hier tauschen sich also drei Monumente der Gamesbranche offen und durchaus kritisch über der Vergangenheit der journalistischen Arbeit, das Berufsfeld, TV-Formate, den digital Divide in der Branche und Videospiele aus. Damit ist dieses Gespräch auf so vielen, auch wissenschaftlichen Ebenen interessant und lehrreich, dass ich die halbe Stunde hier ausdrücklich jedem empfehlen muss, der sich für Games und ihre Historie nur ansatzweise interessiert.

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KOMMENTAR: Totengräber verborgener Welten

Die gescheiterte Revolution von The Secret World ist nicht weniger als ein Fanal für die MMO-Branche

Mit Revolutionen ist das so eine Sache, manche gelingen, manche fahren sich fest, nach anderen schwingt das Pendel in die genaue Gegenrichtung. Man muss, um diese These zu untermauern, den Blick nur nach Nordafrika wenden. Die frische Brise des arabischen Frühlings schlägt mittlerweile mit eiskaltem Winterhauch zurück und lässt Ägypten wie Tunesien in eine ungewisse Zukunft steuern.

Seit Sektierer den Sonnenkönig Echnaton wieder zu erwecken versuchen, brodelt nicht nur der Boden in Ägypten. (eig. Screenshot)
Bösartige Kreaturen entsteigen dem Wüstensand und fallen vom Himmel. Seit fanatische Sektierer den Sonnenkönig Echnaton wieder zu erwecken versuchen, brodelt in Ägypten nicht nur der Boden. (eig. Screenshot / mein Spieleravatar Lionsheart im Vordergrund)

Nun mag der geschlagene Bogen zur Games-Branche zunächst nicht auf den ersten Blick nachvollziehbar sein. Doch ist diese Vergleich keinesfalls abwegig, denn auch hier hat sich eine Revolution sang- und klanglos in die Ungewissheit verlaufen, obwohl sie mit großen Hoffnungen im Herbst 2012 gestartet war. ->The Secret World wollte komplexe Erzählungen endlich auch in Online-Rollenspielen etablieren, konnte aber diesen Anspruch nicht erfüllen.

Die Entwicklung ist umso bedauerlicher für die gesamte Landschaft von Massively Multiplayer Online Role-Playing Games (MMORPGs), weil eine detaillierte Analyse offenbart, dass die Umwälzung nicht in ihrem Kern fehllief. Vielmehr zerschellte sie an den Riffen vermeidbarer Begleitumstände…

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NEWS: Der Walfisz zeigt seine Haut

Neues Projekt von Martin Walfisz erhält Konturen

Was könnte dabei herauskommen, wenn man Quizspiele und Massively Multiplayer Online Games miteinander vereint? Allein die Vorstellung einer solchen Ehe löst reflexartig Übelkeit aus. Offenbar jedoch nicht bei allen in der Gamesbranche.

Lange Zeit war nicht klar, welche Art von Projekt sich hinter dem neuen Engagement des ehemaligen Chefs des schwedischen Unternehmens -> Massive Entertainment verbarg. (KEIMLING berichtete am 1. November in der -> NEWS: Walfisz unter der Wasseroberfläche). Gamesindustry.biz hat Näheres erfahren… NEWS: Der Walfisz zeigt seine Haut weiterlesen

INNOVATION: Werner, die Russen kommen…

Mit „World in Conflict“ erobert Massive den Thron im RTS-Genre

1989 war für die Nordhalbkugel ein Jahr der Freiheit. Jahrzehntelang hatten sich im Systemkonflikt zwischen dem kommunistisch-sozialistischen Block der Welt und dem westlichen, den Atlantik überspannenden Bündnis waffenstarrende Truppenverbände gegenüber gestanden. Als wären all die Krisen nur böse Träumereien gewesen, die in dieser Zeit oftmals an den Rande des nuklearen Amargeddons geführt hatten, verflüchtigte sich die blutende Narbe des Eisernen Vorhangs gewaltlos aus Europa – fort in die Geschichtsbücher.

Doch was wäre geschehen, wenn in diesem Jahr nicht alles so sauber abgelaufen wäre? Man erinnere sich nur an die brutalen Gewalttaten des chinesischen Regimes auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. Dort hatten im Juni 1989 selbst nach offiziellen Zahlen hunderte Chinesen ihr Leben dafür gelassen, dass sie nach Mitbestimmung und Demokratisierung aufbegehrten. Sie waren noch nicht einmal unbedingt alle gegen den Kommunismus an sich auf die Straße gegangen. Die Kugeln des Militärs achteten jedoch nicht auf Nuancen.

Was wären die Folgen davon gewesen, wenn in Moskau die Hardliner die inneren Machtkämpfe für sich entschieden hätten. Wären die Leipziger Montagsdemonstrationen dann vielleicht mit sowjetischen Panzerketten niedergewalzt worden? Hätte der Westen dem einfach tatenlos zusehen können? Oder hätte sich ein globaler militärischer Konflikt daraus entwickelt?

worldinconflict
WiC pustet das Genre durch

Das Echtzeitstrategiespiel ->World in Conflict griff diese Fragen 2007 auf und beantwortet sie in optisch faszinierenden militärischen Schlachten mit modernem Kriegsgerät, ausgetragen auf westlichen Schauplätzen wie Seattle oder Berlin. Eindeutig auf den Multiplayer-Part hin ausgefeilt, überzeugte das Gameplay mit frischen Ideen, der Konzentration auf bestimmte Truppentypen und einer zerstörbaren Spielumgebung.

Leider versagte das rundum gelungene Innovationsfeuerwerk, allerorten mit hohen Wertungen versehen, an den Kassen. Daran waren entgegen allen späteren Schuldzuweisungen an die Innovationen vor allem ein verfehltes Marketing im Vorfeld und ein Bruch mit der Spielmechanik von der Einzelspieler-Kampagne hin zum Mehrspielererlebnis verantwortlich…

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KOMMENTAR: Last Day of „Fallujah“

Umstrittenes Kriegsspiel „Six Days in Fallujah“ vor dem Aus

Die letzten Tage des Jahres 2004 waren die fürchterlichsten in der jüngeren Geschichte von Fallujah. Als amerikanische Truppen im November 2004 in die irakische Stadt stürmten, blieb kaum ein Stein auf dem anderen. In einem der schwersten Gefechte überhaupt in dem zerrissenen Land, verloren mindestens 1200 Iraker ihr Leben – doch wer glaubt schon daran, dass in einer übel mitgenommenen Stadt im Zweifel alle Opfer gefunden wurden. Andere Quellen schreiben von 1500 Toten, doch wie sollte man bei dieser Zahl beschwören, dass auch sie ausreichen würde. Über Verletzte schweigen sich alle Angaben aus.  Zudem war und ist der Erfolg der Offensive stark umstritten. Noch immer gilt Fallujah als Hochburg von radikalen Islamisten.

Marines und Atomic Games wagen sich in vermintes Gebiet
Marines und Atomic Games wagen sich in vermintes Gebiet (Quelle: Atomic/Konami)

Laut Informationen des PC-Spiele-Magazins ->Gamestar ließ schon wenige Wochen nach den Gefechten ein US-Publisher namens ->Destineer Publishing die Rechte an dem Namen „Six Days in Fallujah“ eintragen. Damit hatte man – um es vorsichtig auszudrücken – recht früh ein Interesse an der Kulisse dieser Auseinandersetzung für ein Videospiel angemeldet. Offenbar trifft man aber mit diesem Setting empflindliche Nerven, denn seit der Ankündigung des Taktik-Shooters im März 2009 durch den Publisher Konami hagelte es Kritik in der Weltpresse. Konami ruderte schließlich reuig zurück (->Quelle) – eine Veröffentlichung des Shooters wird es bei dem Publisher nicht mehr geben.

Es drängt sich natürlich schon die Frage auf, warum die Öffenlichkeit so aufgebracht reagiert, wenn die Stadt Fallujah in einem Videospiel erscheint. Etwas weitgehend Normales scheint es doch längst zu sein, wenn in Spielen deutsche Tigerpanzer in den Ardennen rollen oder amerikanische Phantombomber den vietnamesischen Dschungel mit Napalm einäschern. Warum also die Empörung? Liegt es an der zeitlichen Nähe? Oder an der Perspektive? An den Qualen der Verletzten und Sterbenden oder dem Leid der Hinterbliebenen auf Seiten der US-Soldaten wie der Iraker?

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