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KOMMENTAR: Gibt’s das auch als Film? (Teil 1)

Teil 1 – Feuilleton gegen Stiftung Warentest


Schon lange hatte ich geplant, dem Spielejournalismus in seinen verschiedenen Formen, einen umfassenden Beitrag zu widmen. Der Artikel sollte vor allem die gegenwärtige Lage der Redakteure und TV-Produzenten kommentieren – mit einem Schwerpunkt im deutschsprachigen Raum. In jüngster Zeit brechen sich nun zahlreiche Entwicklungen Bahn, welche dem Spielejournalismus rasant ein neues Gesicht verleihen.

Es ist höchste Zeit, dass mein Blog in einem Rundumschlag den gegenwärtigen Status zusammenfasst. Angesichts der Vielzahl von Veränderungen konnte dieser Überblick nur sehr lang werden. Daher erscheinen im Abstand von wenigen Tagen mehrere Blogbeiträge zu verschiedenen Facetten. Die Serie schließt mit einer Bewertung der jüngsten Veränderungen und einem ebenso vorsichtigen wie gewagten Ausblick.


Zahlen, bitte!

Alle paar Jahre kommt beim führenden deutschen Games-Magazin ->Gamestar das Wertungssystem auf den Prüfstand. Differenziert und ausführlich legt das Magazin dann den Lesern dar, warum etwa die grafische Qualität für digitale Spiele einen Anteil von XY an der Gesamtwertung hat und nun höher oder geringer gewichtet wird. Oder der Sound. Oder das Gameplay. Mich wundert schon seit Jahren sehr, mit welcher Energie sich auch Leser daran beteiligen. Deren Einsatz manifestiert sich jedes Mal zum Beispiel in langen Briefen an die Redaktion.

Zahlen, bitte! Auf der Suche nach Objektivismus hält sich hartnäckig der Zahlenfetisch im Spielejournalismus. (Abb.: Collage Screenshots)
Zahlen, bitte! Auf der Suche nach Objektivismus hält sich hartnäckig der Zahlenfetisch im Spielejournalismus. (Abb.: Collage Screenshots)

Was sich da an Systemen aus den Anfängen des Spielejournalismus bis heute immer mehr ausdifferenzierte, so denke ich kopfschüttelnd, kann doch unmöglich noch jemanden interessieren. Na, gut, außer in den Marketing-Abteilungen natürlich. Die schneiden sich ja gerne plakative Wertungszahlen wie Gütesiegel in ihre Trailer und drucken sie zusammen mit Zitaten auf ihre Packungen, die sie aus dem Zusammenhang reißen. Unter diesem Aspekt kann ich verstehen, weshalb Magazine an bezifferten Wertungen festhalten. Mit ihrem Logo zusammen abgedruckt, erhalten sie so kostenlose Werbung.

Die Haltung aber, man könne die Qualität von digitalen Spiele durch Zahlenwerte ausdrücken oder auch nur vergleichbar machen, ist absurd. Selbst wenn jeder Tester immer mit der gleichen Grundeinstellung an ein Spiel heranginge, so scheiden sich doch Geschmäcker etwa an Szenarien oder Genres. Diese Vorlieben der Tester beeinflussen natürlich auch, wie er etwa die Narration, die Technik oder die Spielmechanik einschätzt. In weit größerem Maße als bei anderen Medien bestimmt zudem das Verhalten eines Nutzers in der Spielwelt seine Erfahrungen mit dem Spiel. Jeder objektive Wertungsversuch kann also nur eine Illusion bleiben.

Wenn diese Beobachtung aber stimmt, drängt sich die Frage auf, warum das Publikum so eindeutige Schulnoten für ein komplexes Kulturprodukt überhaupt erwartet. Scheinbar stößt man auf ein allgemeines, gesellschaftliches Problem. Seit Jahren wächst die Zahl der Menschen, die nach einfachen, eindeutigen und schnellen Lösungen schreien. Man muss nur zu den karnevalsken Montagszügen in deutschen Innenstädten schauen, sich die Verbaldiarrhoe in der Kommentarsektion von Spiegel Online durchlesen oder einer Pressekonferenz des Innenministers zuhören, und man stellt fest, dass offenbar die Gehirne eines Teiles der Bevölkerung nur mit fünf Watt-Birnen beleuchtet werden.

Dass „richtig“ und „falsch“ oft im Auge des Betrachters liegen, ist eine Binsenweisheit – dennoch scheint sie sich zu einem Großteil der Bevölkerung nicht herumgesprochen zu haben. Andererseits gibt es einen Teil derjenigen, die an digitalen Spielen interessiert sind, die einen deutlich breiteren gesellschaftlichen und kulturkritischen Umgang mit ihnen einfordern. Diese Konfliktlinien wird der erste Beitrag dieser Reihe skizzieren…

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NEWS: Verbrechen zahlt sich aus

Unvergesslich stellt GameOne „Grand Theft Auto V“ vor

Die Straßen unserer echten Welt sind leer. Wie? Das ist Ihnen gar nicht aufgefallen? Keine Autos, keine Fahrräder, keine Passanten mehr – den Verkaufszahlen von ->GTA V nach ist das keine Übertreibung. Schließlich gingen in den ersten sechs Wochen nach der Veröffentlichung bereits 29 Millionen Stück für ->Microsofts ->XBox 360 und die ->Playstation3 von ->Sony über die Ladentische. Und das war der Stand zum 30. Oktober. Innerhalb von nur drei Tagen durchbrach der Open-World-Blockbuster die Umsatzschwelle von 1 Milliarde Dollar, was bislang noch keinem Stück Spielesoftware gelang, oder irgendeinem anderen Unterhaltungsprodukt.



Wer braucht schon noch Filme, seit es GTA V gibt... (Quelle: RockstarGames / Youtube.com)

Da ich mich hingegen dazu entschlossen habe, angesichts der neuen Konsolengeneration von ->Playstation4 und ->XBox One noch mit der Anschaffung des Spieles zu warten, muss ich auf das geniale Verbrecherabenteuer vorerst verzichten. Auch wenn die Technik wie die Grafik der angeblichen Next-Gen-Konsolen auf dem Niveau eines heutigen Mittelklasse-PCs liegt, ist der grafische Sprung dennoch deutlich spürbar und der Entwickler ->Rockstar neigt mittlerweile dazu, seine Videospiele nur noch zögerlich auf Windows-PCs zu portieren. Daher wird wohl im Laufe des nächsten Jahres eine Playstation4 in mein Wohnzimmer wandern. Wie bitte? Nee, meine Frau weiß noch nichts davon – aber mein Sohn ahnt es.

Dass ein Jahr Wartezeit vor mir liegt, ist allerdings so schlimm nun auch wieder nicht, denn wie jedes Mal ist mit einer Reihe von Kinderkrankheiten der neuen Konsolen zu rechnen, die mit der technischen Version des nächsten Weihnachtsgeschäfts normalerweise ausgemerzt sind. Das nächste Jahr wird dadurch vermutlich der Länge meiner Fingernägel nicht unbedingt zuträglich, aber ich würde schon gern einen längeren Beitrag zu dem Spiel verfassen. Das allerdings mache ich zu einem Videospiel immer nur dann, wenn ich es auch ausgiebig spielen konnte. Selbst wenn mir das Spielprinzip, die Mechanik und die Atmosphäre aus den Vorgängern bekannt ist, die ich ausgiebig gespielt habe, fühlt sich doch jeder Titel der Reihe ganz eigen an.



Die Probleme der Hauptfiguren, die Handlunge und die Atmosphäre der offenen Welt stellt der Gameplay-Trailer vor. (Quelle: RockstarGames / Youtube.com)

Dies liegt auch daran, und damit müsste sich ein längerer Beitrag von mir intensiv befassen, dass jeder neue Teil ein spezifisches Abbild der jeweiligen Zeitgeschichte zeichnet. Eine Bewertung dieser kulturkritischen Seite von ->GTA V ließe sich auf keinen Fall durch Trailer zusammenreimen, obwohl der lange Gameplayfilm – der im übrigen auch Rekorde an Zuschauerzahlen verzeichnete – schon einige Andeutungen darauf enthält.

Nun muss man aber nicht besonders traurig sein, dass ich nicht selbst an die Analyse des Titels herangehen kann. Viel besser, als ich das mit Worten könnte, schafft es das Team von ->GameOne in der Spezialfolge 260 zu dem ->Rockstar-Spiel aus verschiedenen Perspektiven alle wichtigen Aspekte des Titels aufzuzeigen. Dort entspinnt sich eine einfallsreiche Handlung darum, wer der Redakteure denn nun ->GTA V testen darf. Dabei schalten sich nach und nach alle gegenseitig aus, nur wenige Minuten bleiben da jedem, seine Sicht des Spieles darzustellen. Durch diesen Kniff führt das Team den Zuschauer nicht nur durch eine kurzweilige, abwechslungsreiche Viertelstunde, jeder der Redakteure repräsentiert auch eine bestimmte Spielweise. Ich hab nie verstanden, warum die deutschen Fernsehpreise an diesen Kreativköpfen stets vorbeigehen. Auch so ein Problem einer neuen Generation. Die Sendungen von GameOne sind jedenfalls grundsätzlich ein sprühender Quell an Einfallsreichtum – auch die Sendung zu ->GTA V ist sehr sehenswert und mutmaßlich auf bewusstseinserweiternde Stoffe zurückzuführen

->HIER GEHTS ZUR SENDUNG (Einbetten ist dort leider deaktiviert!)

Die Folge des auf ->MTV leider hinter PayTV-Gardinen verschwundenen Formats ist auf der Webseite der Sendung in voller Länge zu sehen. Wer sich den ehemaligen Kultsender nicht für eine Viertelstunde am Mittwoch um 22.20 Uhr komplett mieten will, der weicht auf die spätere Sendezeit von ->VIVA jeweils am Freitag um 20.40 Uhr aus. Darüber hinaus ist jedem die Webseite zu empfehlen, weil im dortigen Archiv nicht nur freitags die aktuelle Sendung freigeschaltet wird, sondern alle TV-Beiträge von GameOne und andere Videos wie „Let’s Plays“ durchstöbert werden können.

So leer, wie die Straßen durch die ökonomischen Weltrekorde von ->GTA V in naher Zukunft wohl bleiben werden, übe ich alter Bahnfahrer wohl auch mal wieder das Autofahren. Es wäre bestimmt mal interessant, in einer Studie herauszufinden, ob GTA mit dem fünften Ableger entgegen gängiger Kritik nicht die realen Straßen sogar ein Stück sicherer macht. Wem die Leere allerdings zu unheimlich ist, der kann sich die langen Winterabende ja mit GameOne vergnügen. Allerdings ist bei den Verkaufszahlen auch anzunehmen, dass die Verbrechensrate allein dadurch schon fällt, weil unter den zahlreichen Käufern wohl auch Räuber, Einbrecher und Mörder zu beschäftigt für reale Untaten sein dürften.

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