NEWS: Krämerseele

Grand Ages: Medieval verleiht dem Mittelalter Größe

Kurz vor dem Ende der Belagerung legt sich gespenstische Stille über das Heerlager. Kein Bewaffneter ist noch da. Nur ein paar abhängige Landgrafen scharren mit ihren Männern im Gefolge ungeduldig mit den Füßen. Vermutlich wären auch sie jetzt gern woanders. Der weit größere Rest des Aufgebots hat sich bei Nacht und Nebel davon gemacht. Da haben wohl alle Beschwörungen nichts geholfen, nur noch ein paar Tage auf den Sold zu warten. Verdammt, dabei wäre die belagerte Stadt als Knotenpunkt von mehreren Reichsstraßen und einem schiffbaren Fluss doch perfekt als Handelszentrum geeignet gewesen. Ach was, dann wird halt eine Gegenstadt gegründet.

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Mit einem Sprecher unter Valium springt Dramatik nicht recht über – zu unrecht, denn Grand Ages: Medieval ist eine der besten Wirtschaftssimulationen der letzten Jahre geworden. (Grand Ages: Medieval – Release Trailer (Deutsch) / Kanal Kalypso Media via Youtube)

Reichen die finanziellen Mittel nicht mehr aus, brechen angeworbene Truppen eiskalt jede Kampfhandlung ab. In ->Grand Ages: Medieval kosten militärische Auseinandersetzungen eine Menge Geld und Schweiß, und sind daher als Maßnahme nur im Notfall zu empfehlen. Grundsätzlich ist es natürlich keine schlechte Idee, ein paar Truppen auszuheben, die entlang von Handelswegen Wegelagerer aus ihren Rüstungen kloppen. Der Schwerpunkt des Spieles aber liegt eindeutig auf dem Handel unter und auf der wirtschaftlichen Entwicklung von Städten. Die mittelalterliche Krämerseele findet in der Wirtschaftssimulation des deutschen Entwicklers ->Gaming Minds Studios aus Gütersloh alles, was ihr Herz begehrt. Maximal fünf Handwerksbetriebe pro Stadt, je nach Häufigkeit gewisser Grundrohstoffe wie Kohle, Eisen oder Getreide die einen sinnvoller als die anderen, bilden automatisch Schwerpunkte im Handelsnetzwerk.

Und Europa wächst bei ->Grand Ages: Medieval nicht nur im spätmittelalterlichen Sinne zusammen, sondern auch spielmechanisch: Erstmals kann man sich frei auf dem Kontinent bewegen, allerdings sind dadurch die Ausmaße der Spielwelt schlicht gigantisch. Diese Weite kann einem das Spiel durch zu lange Wege vergällen, immerhin benötigen Reisende gerade zu Anfang außerordentlich viel Zeit über die Karte. Wem das zu zögerlich voran geht, der kann sich in der Vorauswahl auch auf Ausschnitte der Europakarte konzentrieren. Dennoch liegt gerade der Reiz darin, sich als aufstrebender spätmittelalterlicher Handelsfürst quer durch den ganzen europäischen Kontinent zu fräsen.

httpvh://youtu.be/h6JKoR9X3MI
Mit dem Charme einer Steuererklärung präsentiert sich auch der offizielle Tutorial-Trailer, der in die Spielmechaniken einführt. Dabei fesselt das hochkomplexe Gefüge des Wirtschaftens eigentlich sehr gut. (Grand Ages: Medieval – How to play Trailer / Kanal Kalypso Media via Youtube)

So sehr auch damit die bürgerliche Aufstiegsphantasie durch Reichtum inszeniert wird, leidet die Simulation dadurch an einem akuten Mangel religiöser Lebensweltlichkeit. Zumindest, wenn man tatsächlich das hohe und ausgehende Mittelalter als Maßstab anlegt. Keine Spur zum Beispiel findet sich vom so elementaren Stiftungswesen, das zwar auch der Versorgung Angehöriger diente, aber doch auch dem eigenen Seelenheil. Schön wäre gewesen, wenn Aspekte solcherart eingegangen wären. Schon ->Crusader Kings 2 zeigte 2012, dass die Adaption mittelalterlicher Verhältnisse auch spielmechanisch gewinnbringend sein kann, indem der Strategiegigant akribisch die europäischen dynastischen Verhältnisse von adeligen Häusern und ihr Prestige integrierte. Zum Beispiel unter Berücksichtigung spiritueller Bedürfnisse bei Kaufleuten hätte in ->Grand Ages: Medieval eine eindrucksvolle Spielwelt entstehen können, so aber ist sie lediglich enorm groß geworden. Denn abgesehen von der geografischen Weite erinnert das Spiel doch sehr an die Vorgänger ->Rise of Venice und ->Port Royale und ->Patrizier aus eigenem Hause.

Keineswegs macht dies ->Grand Ages: Medieval zu einem schlechten Spiel. Die ->Gaming Minds Studios verstehen ihr Handwerk und liefern ein ansehnliches Handelsspiel und eine fesselnde, rund laufende Wirtschaftsimulation aus, die hauptsächlich über die zeitgenössischen Waren und technischen Errungenschaften an die mittelalterliche Welt knüpft. Für eine mittelalterliche Erfahrung fehlen jedoch einfach zu viele Faktoren. Wenigstens führt die Weite der Landschaft vor Augen, wie groß die Distanzen zwischen Orten waren, wie beschwerlich das Reisen und wie gefährlich. Gerade das ständig bedrohte Leben auf den langen Handelsreisen entlang der Landstraßen macht aber deutlich, dass ->Grand Ages: Medieval ein sehr weltliches, städtisches, funktionales und an Glauben sehr armes Mittelalter inszeniert. Denn neben dem Profit war es letztlich der Glaube, der selbst einer Krämerseele die Kraft verlieh, diese Widrigkeiten auf sich zu nehmen, um ein paar Tuche im fernen Flandern zu verkaufen.

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NEWS: Über die Zukunft der Geschichte

Aufschlussreiche Gesprächsrunde bei RocketBeansTV auf der GamesCom 2015

Es gäbe so viel Neues von der ->GamesCom 2015 in Köln zu berichten, leider aber fehlt mir die Zeit dafür. Zahlreiche Trailer kündigten Spiele mit innovativen Konzepten oder Settings an, die auch aus der historischen Perspektive interessant wären.

Zum Beispiel reist bald ->Assassins Creed mit seinem Ableger ->Syndicate, von Klassenkämpfen geschüttelt, sehr explizit ins London des 19. Jahrhunderts. Der Multiplayer-Titel ->The Division vom schwedischen Studio ->Massive Entertainment entwirft alternativgeschichtlich eine dystopische Perspektive zum gesellschaftlichen und staatlichen Zerfall einer Metropole. Und – etwas abstrakter – kehrt ->Remedy mit  ->Quantum Break auf die ->XBoxOne zurück, wo der Protagonist mit temporalen Anomalien hantiert. Auch technisch steht die Zukunft vor der Tür, denn so einige Anbieter drängen mit ebenso ausgereiften wie beeindruckenden Datenbrillen für Virtual Reality-Erlebnisse in den entstehenden Markt. Alle diese Elemente könnten im nächsten Jahr umwälzend für Videospiele werden.

Die Speerspitze der deutschsprachigen Berichterstattung über Games, das Team von ->RocketBeansTV, hat intensiv und unter Teilverlust der Stimmen von den Messetagen berichtet. Seit ihre TV-Sendung ->GameOne eingestellt wurde – eine erstaunlich kurzsichtige Entscheidung von Sender-Mutter ->Viacom – streamen sie sehr erfolgreich via ->Twitch rund um die Uhr zu Videospielen und ihrer Kultur. Ihre Videos finden sich nachträglich auch in ihrem Kanal bei ->Youtube.

Auch wenn mir ansonsten die Zeit fehlt, will ich ausdrücklich eine Sendung von der GamesCom hervorheben. Für Almost Daily, eines ihrer Sendeformate, hatten die Moderatoren Simon Krätschmer, Etienne Gardé und Nils Bohmhoff am 8. August auf der GamesCom den Entwickler Simon Stolz-Zwilling von den Prager ->Warhorse Studios zu Gast.

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Im Gespräch mit den Moderatoren von RocketBeansTV gab Simon Stolz-Zwilling Einblicke in viele Themen, welche die Games-Branche und Indie-Entwickler umtreiben, sowie das Rollenspiel Kingdom Come: Deliverance, das ein authentisches Mittelalter-Erlebnis bieten soll. (gamescom 2015 | Almost Daily: Status Quo der Gamingbranche mit Tobias Stolz-Zwilling | 08.08.2015 / Kanal Rocket Beans TV via Youtube)

Die vierzig Minuten des Gesprächs thematisierten daher einerseits die Spielwelt und diverse Mechaniken des Mittelalter-Rollenspiels ->Kingdom Come: Deliverance. Darunter gab es Einblicke in das Kampfsystem und die Schichtung der Bekleidung, aber auch zur Umsetzung alchemistischer Prozesse. Dabei plauderten die Vier auch über die Schwierigkeiten, die Entwicklern historische Stoffe bereiten, und worin die Prager jedoch auch interessante Chancen sehen. In ein paar Beiträgen habe ich auch in diesem Blog bereits über das Spiel und seine Ansprüche berichtet (siehe zum Einstieg ->NEWS: Der Stand des Mittelalters vom 23. März 2014). Das Projekt, das Historikern einen völlig neuen Blick auf Potentiale geschichtlicher Inszenierungen eröffnen könnte, bahnt sich langsam seinen Weg zur Veröffentlichung im Sommer 2016.

Darüber hinaus rankte sich das Gespräch jedoch auch um die wirtschaftliche und kulturelle Lage von unabhängigen Entwicklern. Die Teilnehmer der Runde tauschten sich über neue technische Perspektiven durch die Virtual Reality-Datenbrillen aus, und was diese Umwälzung spielekulturell bedeuten könnte. So gelingt es der Dreiviertelstunde mit dieser Gesprächsrunde, tiefe Einblicke in die Games-Branche zu liefern.

Zudem erhält man eine Vorstellung davon, wie Konflikte zwischen Informatikern, Creative Designern und der Historikerin im Team gelöst werden. Und dass die ->Warhorse Studios sich dauerhaft eine Historikerin für das als Dreiteiler angelegte ->Kingdom Come leistet, ist allein bereits eine gute Nachricht für die Zukunft der Geschichte in Videospielen.

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NEWS: Monster des Krieges

Studierende inszenieren die Leiden im Ersten Weltkrieg durch das Horror-Survival „Ad Infinitum“

Die Gräben sind feucht und schlammig. Bei jedem Schritt sapschen die Füße in den vollgesogenen Stiefeln des Soldaten, der sich gerade mühsam vom Boden aufgerappelt hat. Vom Himmel scheint nur wolkiges Zwielicht, aus dem ihm leichter Nieselregen ins Gesicht sprüht. So senkt er den Blick lieber in die Gräben. Doch, wo sind all die anderen Kämpfer hin? Gespenstisch still und leer, ohne eine Menschenseele, erstreckt sich das Gewirr aus Gängen und Unterständen vor dem Soldaten, der zögerlich seinen Weg fortsetzt. Sein trüber Blick erhascht eine verschwommene Gestalt, die weiter hinten in einer Biegung verschwindet. Ist es ein anderer Soldat? Der Soldat strauchelt, als stärkerer Regen beginnt, den Untergrund aufzuweichen.  Als er sich wieder fängt und aufrichtet, ist die Gestalt plötzlich nur noch wenige Meter entfernt und eindeutig kein Mensch: Ein geisterhafter Albtraum spielt, nur wenige Schritte entfernt, bedrohlich mit seinen spitzen Krallen.

Die Schatten des Ersten Weltkrieges sind häßlich. Vom Horror-Survival Hamburger Studierender kann man das allerdings nicht behaupten. (Abb. Offizieller Screenshot Ad Infinitum Webseite)
Die Schatten des Ersten Weltkrieges sind häßlich. Vom dem Horror-Survival Hamburger Studierender kann man das allerdings nicht behaupten. (Abb. Offizieller Screenshot Ad Infinitum Webseite)

Diese Szene könnte nun den Auftakt zu einem konventionellen Horror-Survival bilden, wie ich sie bereits angesichts der ausgefallenen Spielidee von ->Perception im letzten Beitrag kritisierte (siehe ->NEWS: Blinde Flecken vom 18. Juli 2015). Solche Horror-Survivals geben den Spielern und ihren Hauptfiguren kaum etwas an die Hand, um sich gegen dunkle Kreaturen zur Wehr zu setzen. Wenn nicht die den Schattenwesen überlegene Intelligenz, dann rettet doch zumindest eine hastige Flucht den Spielenden das virtuelle Leben. Waffen, wenn es sie überhaupt gibt, werden nur in allerhöchsten Notsituationen eingesetzt, weil sie entweder wenig wirken, knapp aufmunitioniert sind oder mit ihrer Lautstärke nur noch mehr Unviecher anlocken. Uninspirierte Schockerspiele über Zombies und andere geifernde Monstergesellen gibt es allerdings bald mehr, als man Sandkörner am Elbstrand zählen könnte.

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Im ersten Game Trailer offenbaren die Entwickler von Ad Infinitum ein gutes Gespür für die bedrohliche Umgebung, ihre orientierungslose, verängstigte Hauptfigur und Horror-Atmosphäre. (Ad Infinitum | Official Game Trailer / Kanal Ad Infinitum via Youtube)

Die oben beschriebene Szene entstammt dagegen dem Debüt-Trailer von ->Ad Infinitum. Dabei handelt es sich um ein außergewöhnliches Studienprojekt, welches das unaussprechliche Grauen und die verzweifelten Leiden in den Gräben des Ersten Weltkriegs transportieren möchte, indem es die Instrumente des obigen Horror-Genres nutzt. Dem vierköpfigen Team, bestehend aus Studierenden des ->Games Master an der ->Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg, gelingt es nicht nur mit den ersten veröffentlichten Eindrücken, diesen Anspruch greifbar zu machen. Zudem müssen sich weder die Spielumgebung noch die bislang umgesetzte Mechanik technisch hinter aktuellen Produktionen nicht verstecken…

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NEWS: Blinde Flecken

Durch das Horror-Adventure „Perception“ streift erstmals eine blinde Heldin, die ihre Umwelt auf besondere Weise wahrnimmt

Im alten Herrenhaus ist es bedenklich ruhig. Bis auf die knarzenden Holzdielen, gelegentliches Gluckern in alten Leitungsrohren und pfeifende Windritzen ist nichts zu hören. Eine Person, den Atemgeräuschen und ihren eigenen Äußerungen nach weiblich, schreitet zögerlich durch die Räumlichkeiten, ohne die Bewohner des Manors anzutreffen. Ihre Stimmung spannt sich zusehends an, denn deren Hinterlassenschaften zeigen sehr deutlich, dass hier etwas Unheimliches vorging.

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Der Ankündigungstrailer von Perception unterstreicht die faszinierende Stimmung und gibt einen Einblick in die Spielmechanik. (Perception – Announcement Trailer (Bioshock Devs) (Full HD) / Kanal Pixel Planet via Youtube)

So weit, so gähn – diese Zutaten sind für Horror-Survivals nun wirklich nicht ungewöhnlich . Dass sich für ->Perception ein paar erfahrene Entwickler von ->Irrational Games zusammen schlossen, lässt auch nicht übertünchen, dass sich mittlerweile gefühlt jedes zweite Games-Projekt in diesem Genre ansiedelt. Die ehemaligen Entwickler von legendären Titeln wie ->Bioshock: Infinite firmieren jetzt als ->The Deep End Games und nahmen gerade Ende Juni via Kickstarter erfolgreich knapp 170.000 Dollar für ihr Projekt ein (siehe ->Projektwebseite @ Kickstarter.com). Dieser Erfolg gelang ihnen trotz der ausgetretenen Horror-Pfade, weil ihre Hauptfigur blind ist und so die Spielwelt auf eine ganz besondere Weise wahrnimmt.

Mit einem Stock schlagen die Spielenden auf den Boden der Spielwelt. Der Schlag dringt, als Schallwellen visualisiert, in die Umgebung und macht für wenige Momente die Objekte darin sichtbar. Tatsächlich können sich blinde Menschen mit etwas Training auf diese Art orientieren. Zum Beispiel wirbt Daniel Kish für die Methode, der „Human Echolocation“ auf der TEDxGateway 2012 unter dem Titel ->Teaching The Blind To Navigate The World Using Tongue Clicks vorstellte (Für Eilige besonders ab 9:55 interessant). Diese Orientierung durch Schall ist erstaunlich präzise. Das Spiel visualisiert die auf eine solche Weise entstehenden Klangräume verblüffend überzeugend und in Echtzeit. Auch die Geräusche der oben genannten Rohre, leicht offen stehender Fenster oder pfeifender Dampflecks helfen bei der Orientierung.

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Amanda und Bill Gardner, Gründer sowie Creative Director und Writer von Deep End Games, stellen sich und das Team vor, geben einen Einblick in ihre Vision zum Spiel Perception und werben um Unterstützung. (About The Deep End Games and Perception / Kanal Bill Gardener via Youtube)

Allerdings hat diese Form des indirekten Sehens auch einen entscheidenden Nachteil für ein Horror-Survival: sie ist laut. Die Protagonistin wird mit jedem Schlag von Wesen wahrgenommen, denen man lieber nicht auffallen möchte. So tritt sie in einen Wandschrank, hinter dem sich ein Friedhofshügel eröffnet. Dort scheint eine kauernde Gestalt vor einem Grabstein zu trauern. Plötzlich verfolgt sie eine albtraumhafte Gestalt und, um zu fliehen, müssen die Spielenden sich stetig neu entscheiden. Wollen sie sich lieber mit einem Stockschlag orientieren und ihren Aufenthaltsort verraten – oder verstecken sie sich heimlich.

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Im Gameplay-Trailer gibt es mehr von der Spielmechanik und den Elementen des Survival-Horror zu sehen. (Perception Gameplay Trailer / Kanal Bill Gardener via Youtube)

Mit ->Perception entsteht also ein Spiel, dass einem ziemlich breit getretenen Genre Neues abgewinnt, weil es die Form der Wahrnehmung verschiebt. Damit eröffnen sich gänzlich neue Möglichkeiten, um die Umwelt zu gestalten und spielmechanisch zu nutzen. Allerdings ist noch nicht absehbar, ob die eingeworbene Summe wirklich für eine runde Spielerfahrung in einem vollwertigen Spiel ausreichen wird. Für ein solches Projekt erscheint mir die Summe doch sehr gering, liegt sie doch eher auf dem Niveau größerer Mobile-Spiele als auf dem von Produktionen für Mac oder PC.

In jedem Fall gebührt dem Entwickler schon jetzt Bewunderung dafür, in dem Genre der Horror-Survival-Spiele noch einen blinden Fleck gefunden zu haben, der bislang von anderen Studios übersehen wurde. Richtig angepackt, könnte hier auch ein Spiel entstehen, das sehenden Menschen möglich macht, die Wahrnehmungswelt von blinden Menschen zu erfassen. Diesen Blinden Fleck zu schließen, könnte sich als noch viel bewundernswerter erweisen. Jetzt muss nur noch jemand kommen, der umgekehrt auch blinden Menschen eine solche Spielerfahrung ermöglicht.

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INNOVATION: Nimm es ruhig persönlich

In „This War Of Mine“ taumeln Zivilisten durch die Grauen des Krieges

(PC (getestet) | OS X | Linux | Android | iOS )

Was bis vor Kurzem so als Kriegspiele bezeichnet wurde, sind eigentlich keine. Ob die Reihe nun ->Battlefield oder ->Call of Duty heißt, ihre Ableger inszenieren Gefechte in pittoresken, und doch sterilen Umgebungen, denen es völlig abgeht, die Folgen von bewaffneten Konflikten deutlich zu machen. Sie glorifizieren oft sehr stereotype Heldengestalten, sind voller Pathos, der als Tiefgründigkeit missverstanden wird, und ihre Schlachten werden in Gebieten ausgetragen, die menschenleer sind. Sind zwanzig Minuten verstrichen, lädt der Server das Spielfeld einfach neu. Eine Zauberhand renoviert die zerbombten Gebäude und räumt die rauchenden Trümmer beiseite.

httpvh://youtu.be/1cGZ-19yfks
Das Multiplayer-Schwergewicht Battlefield 4 erlitt eine Buchlandung mit der Kampagne für Einzelspieler, die theatralischer und pathetischer kaum hätte sein können. Der Mehrspielerpart ist zwar seriengetreu ein hervorragendes Gefechtsspiel, aber Kriegsspiele sind solche Team-Shooter nicht. (Battlefield 4: Offizieller Singleplayer-Storytrailer / Kanal EA – Electronic Arts (deutsch) via Youtube)

Ich möchte nicht darauf hinaus, Team-Taktik-Shooter dafür zu kritisieren, dass sie nicht reflektiert genug wären oder nicht genug Tiefgang hätten. Ihr spielerischer Schwerpunkt liegt nunmal auf dem schnellen taktischen Wettkampf zwischen annähernd ausgeglichenen Teams – wie ein Räuber- und Gendarm-Spiel des digitalen Zeitalters, mit mehr Bombast und spannender als das frühere Getobe durch den Wald. Mich selbst fesseln die wendungsreichen Schlachten der ->Battlefield-Reihe immer wieder.

Allerdings hängen sich immer mehr Multiplayer-Shooter den Mantel einer Handlung um, der Einzelspieler anziehen soll. Oft entsprechen diese Kampagnen eben genau den oben genannten bedenklichen Kriterien. Hier treten dann auch Zivilisten in Erscheinung, jedoch oft nur für den kurzen Moment, wenn sie in die Quere bewaffneter Verbände kommen, fliehen oder evakuiert werden. Diese Spiele sind also Gefechtsspiele, die den Titel Kriegsspiel nicht verdient haben. Dass Shooter sich mit Fragen von Kriegsfolgen viel intensiver befassen können, zeigte das klug inszenierte ->Spec Ops: The Line von den deutschen Entwicklern ->Yager aus Berlin. Dem Studio gelang es mit denkwürdigen Erfahrungen dem Spieler sein militärisches und moralisches Handeln vor Augen zuführen und durch kräftige Schockmomente infrage zu stellen (siehe ->DGBL: Der Geruch von Phosphor am Morgen, in: Keimling vom 15. August 2013).

Ein Leben in den Ruinen, ständig in Gefahr und ohne jeden Schutz transportiert This War of Mine des polnischen Entwicklers 11bit studios (Abb. Ausschnitt eigener Screenshot)
Ein Leben in den Ruinen, ständig in Gefahr und ohne jeden Schutz transportiert This War of Mine des polnischen Entwicklers 11bit studios in die Köpfe der Spieler (Abb. Ausschnitt eigener Screenshot)

Es musste erst das kleine polnisch Indie-Studio ->11bit studios kommen, um den Fokus auf das Leid der Zivilisten zu lenken, die während eines Krieges in den Trümmern von Stadt und Staat zu überleben versuchen. Damit fügt es nicht nur eine Facette moderner Kriege hinzu, die aktueller nicht sein könnte. Schließlich muss man den Blick nur in Richtung der schwelenden Ukraine oder des arabischen Flächenbrandes wenden. Vielmehr beweist ->This War Of Mine eindrucksvoll, dass Spiele mehr leisten können, als Spaß zu machen. Für die schonungslose Erfahrung, die Spielern die hässliche Fratze ihres Spiegelbildes vorhält, gewannen die Entwickler 2015 den ->Deutschen Computerspielpreis (DCP) in der Kategorie ->Bestes Internationales Spiel. Einen Vorgeschmack auf das fordernde Spielerlebnis geben die Entwickler mit der Webseite ->warisnotachoice.com , in der interaktive Trailer die teils gravierenden Nachwirkungen von Entscheidungen aufzeigen.

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Dass selbst die Folgen wohlüberlegter Entscheidungen in einem Kriegsgebiet unabsehbar sind, zeigen 11bit studios eindrucksvoll im aktuellen Trailer aus zwei Perspektiven. (This War Of Mine – War is not a choice / Kanal 11bit studios via Youtube)

Begleitend zu dieser Ehrung offenbarte sich jedoch auch, wie weit die deutsche Spielekultur noch davon entfernt ist, selbst einen reifen, erwachsenen Umgang mit einem solchen Spiel zu pflegen. Und das, obwohl gerade viele Vertreter im Journalismus über Games und in der Videospiele-Wirtschaft diesen von der Gesellschaft immer wieder einfordern…

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INNOVATION: Götterwache

„Gods Will Be Watching“ setzt neue Maßstäbe für das Adventure-Genre

(PC (getestet) | OS X | Linux | Android | iOS )

Die Zukunft sieht in etwa so aus, als hätte ich mir die Brille abgesetzt. Grob verpixelte Gestalten hantieren mit schlaksigen Bewegungen vor klotzigen Hintergründen. Doch schon nach wenigen Momenten im Science-Fiction Adventure ->Gods Will Be Watching wird deutlich, dass sich hinter der grobschlächtigen Optik spielmechanisch und erzählerisch das genaue Gegenteil verbirgt. Das Spiel versetzt in tiefsinnige Szenen, in denen es kein moralisch richtiges oder verwerfliches Handeln gibt, zumindest keines, das der Entwickler ->Deconstructeam aufdrängen würde. Der Maßstab ist die Moral der Spielenden selbst.

Gods Will Be Watching erzählt Episoden einer wendungsreichen Geschichte und verwendet einen eigenwilligen Grafikstil. (Abb.: Auszug eigener Screenshot)
Gods Will Be Watching erzählt Episoden einer wendungsreichen Geschichte und verwendet einen eigenwilligen Grafikstil. (Abb.: Auszug eigener Screenshot)

Veröffentlicht beim amerikanischen Publisher ->Devolver Digital, versetzt ->Gods Will Be Watching die Spieler in komplexe, lebensgefährliche Zäsuren, in denen mit einem begrenzten Zeitkontingent wohlüberlegt gehandelt werden muss. Dabei bleibt es jedoch stets ein Adventure in Point&Click-Manier, in dem traditionell Gegenstände oder Personen angeklickt werden, um Rätsel zu lösen und damit die Handlung voranzutreiben. Niemand muss also befürchten, unter wirklichen Zeitdruck zu geraten.

Die Protagonisten geraten in schwierig zu bewältigende Krisen. Trotz des Pixellooks erzählt es von schwer wiegenden Themen wie Folter oder Geiselnahme sehr erwachsen und außerordentlich gewalttätig. (Abb.: Eigener Screenshot)
Die Protagonisten geraten in schwierig zu bewältigende Krisen. Trotz des Pixellooks erzählt es von schwer wiegenden Themen wie Folter oder Geiselnahme sehr erwachsen und außerordentlich gewalttätig. (Abb.: Eigener Screenshot)

Die Entwickler haben jedoch einen besonders innovativen Kniff in das Genre der Abenteuerspiele eingefügt: viele Handlungen in den brenzligen Situationen verbrauchen oder gewinnen Zeit. Trödelt man durch unüberlegte Schritte zu viel, entgleist die Handlung zügig aus der Kontrolle des Spielenden. Kombinationsrätsel gibt es in dem Sinne also nicht; es ist die Abfolge von Aktionen, die hier zur Lösung kombiniert werden muss. Sie werden schwitzen, wenn ihre Spielfiguren eine Geiselnahme oder zwanzig Tage Folter überstehen müssen. Ein wirklich atemberaubender Spielansatz – ernsthaft…

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NEWS: Der pure Hass

In „Hatred“ versetzt ein polnischer Entwickler Spieler in die Haut eines Amokläufers

Lange hab ich mit mir gehadert, ob ich über dieses Spiel schreiben soll – stehe ich doch eigentlich jeder Zensur im Segment von Spielen für Erwachsene sehr ablehnend gegenüber. Wenn man den Jugendschutz im öffentlichen Raum gegen die Freiheit der Medienkunst abwiegt, muss für mich die Freiheit von staatlichem Eingriff immer Vorrang haben, solange ein Videospiel durch die ->Unterhaltungsoftware Selbstkontrolle (USK) klar als Titel für Erwachsene ausgewiesen ist. Nicht jedes Spiel aber macht mir diese Haltung leicht, zumal wenn seine Entwickler absichtlich provozieren.

„Hatred“ ist ein solcher Fall, der mir große Bauchschmerzen bereitet. Deshalb sehe ich auch in diesem Beitrag mit voller Absicht von Links, Bildern oder Videos zu diesem Projekt ab. In dem 3rd-Person-Shooter auf isometrischen Karten führt ein Spieler einen Amokläufer durch grauschwarze Stadtgebiete, deren einzige Farbkleckse von ansehnlichen Explosionen und spritzenden Blutfontänen herrühren. Dabei ist es die einzige Aufgabe des langhaarigen Protagonisten im schwarzen Ledermantel, möglichst viele Menschen aus Hass auf die Menschheit umzubringen.

Kritisiere ich also, dass Amokläufe damit zum Thema eines Videospieles werden? Nein, Spiele sollten sich als Kunstform und Kulturgut mit jedem Inhalt befassen dürfen, der Menschen umtreibt. Liegt es daran, dass hier zahlreiche Opfer und ihre Familien auf plumpeste Weise verhöhnt werden? Nein, auch wenn ich mir bewusst bin, dass ein solches Videospiel der bewusste Schlag ins Gesicht von Menschen ist, die Angehörige an amoklaufende Massenmörder verloren haben. Eine Gesellschaft muss widerstrebende Interessen aushalten können. Verbote verhindern Diskurse nicht, sondern verlagern sie nur in die Schattenregionen der Öffentlichkeit. Das ist meine feste Überzeugung. Verurteile ich das Spiel dann, weil man die aktive Rolle des Protagonisten einnimmt? Nein, noch nicht einmal das halte ich für das Problem des Spieles. In vielen Videospielen nehmen wir Nutzerinnen und Nutzer spielerisch die aktive Rolle von Protagonisten ein, deren Verhalten wir im alltäglichen Leben niemals nachahmen oder gutheißen würden.

Meine scharfe Ablehnung gegen „Hatred“ liegt im Gegenteil an anderen, nicht weniger zentralen Punkten… NEWS: Der pure Hass weiterlesen

KOMMENTAR: Indie Fresse, Crowd!

Das unredliche Verhalten von Entwicklern spielerfinanzierter Projekte gefährdet den Boom innovativer Ideen

John Walker platzte der Kragen. Nein, nicht dem mit dem Whiskey, sondern dem international bekannten Journalisten ->John Walker, einem der Gründungsmitglieder der britischen Webseite ->RockPaperShotgun. Als er ein Interview mit ->Peter Molyneux führte, einem von mir sehr geschätzten, und doch zu recht umstrittenen Spieleentwickler, warf Walker ihm rundheraus die Frage an den Kopf: „Do you think you’re a pathological liar?“ (siehe ->Peter Molyneux Interview: „I haven’t got a reputation in this industry anymore“, in: RockPaperShotgun vom 13. Februar 2015). Den weiteren Verlauf des Interviews, dem eine heftige Kritik an Molyneuxs gegenwärtigem Projekt ->Godus vorausgegangen war, als emotional zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung. Selten lagen Nerven auf beiden Seiten in der Branche so blank.

Warum das Interview von Rock Paper Shotgun mit Peter Molyneux emotional so explosiv geriet, klärt nur ein tiefer Blick in die Branche. (Abb.: eigener Screenshot, Webseite RPS)
Warum das Interview von Rock Paper Shotgun mit Peter Molyneux emotional so explosiv geriet, klärt nur ein tiefer Blick in die Branche. (Abb.: eigener Screenshot, Webseite RPS)

Dass Molyneux die Ansprüche seines Projektes ->Godus nicht mit dessen offensichtlichen Defiziten in Einklang bringen konnte, thematisierte ich anfang dieses Jahres auch schon in einem Blogartikel (siehe ->INNOVATION: Die Götter müssen bekloppt sein vom 28. Januar 2015). Walker war über die Kombination aus dem rudimentären Stand des Projektes und der Weigerung Molyneuxs dies zuzugestehen, zunehmend aufgebracht. Salve um Salve prasselte auf den verdutzten Entwickler Kritik ein, die von falschen Versprechungen an die Kunden handelte. Schließlich hatten die Spieler Molyneuxs Projekt auf einer Spendenplattform vorfinanziert. Und die Liste dieser falschen… nun, sagen wir, noch nicht eingelösten Versprechen ist sehr lang.

Dass allein hätte aber kaum genügen dürfen, um einen erfahrenen, professionellen Journalisten wie ->John Walker derart außer Fassung zu bringen. Unermüdlich peitschten die Fragen auf den Entwickler ein, zufriedenstellende Antworten indes gab es nicht. Letztlich ließ sich Molyneux nur zu einigen fast schon peinlichen, selbstmitleidigen Äußerungen hinreißen: solche Gespräche seien der Grund, weshalb er sich in der Games-Branche nicht mehr wohlfühle und kein Standing mehr habe. Das tut mir zwar sehr leid, die Ursache dessen sind jedoch nicht die fragenden Journalisten, sondern sein Verhalten – und das anderer Entwickler auch. Da fällt auch mir, den seine einfallsreichen Spiele oft begeistern, nur wenig zur Verteidigung ein.

httpvh://youtu.be/V0P9yYG0G5I
Im Community-Update des Entwicklers 22cans vom Februar 2015 schwingt die Spannung wegen der zahlreichen kursierenden Vorwürfe mit. Es gelingt Molyneux nicht plausibel, die Bedenken zu zerstreuen: Dass zum Beispiel ein Mitglied der PC-Community eingestellt wurde, ist für denjenigen möglicherweise ganz schön, nur ist wenig glaubwürdig, dass er ein geschrumpftes Team kompensieren kann. (Godus Community Update Februar / Kanal 22cans via Youtube)

Führt man sich vor Augen, wie emotional das Interview verlief, scheint sich dahinter viel mehr zu verbergen als nur ein schlechter Tag zwischen zwei Gesprächspartnern. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich an dieser Stelle eine grundsätzliche Spannung zwischen Entwicklerbranche und Konsumenten entladen hat, die nicht nur Molyneuxs ->Godus betrifft. In jüngerer Vergangenheit verhielt sich so mancher Spieleentwickler nicht sonderlich professionell und vertrauenswürdig. Jedenfalls nicht so, wie man es von jemandem erwarten würde, der im Vorhinein Geld von Kunden erhält, um die eigenen Spielkonzepte zu verwirklichen.

Ein solches Crowd-Funding ermöglicht, wenn es verlässlich durchgeführt wird, große Chancen für Spielideen, die ein Publisher sonst nie veröffentlicht hätte. Andererseits mehren sich mittlerweile Berichte wie bei ->Godus, in denen die Ankündigungen von Entwicklern zu den Spielinhalte und -funktionen in keinem Verhältnis mehr zum realisierten Stand und den teils erheblichen Finanzvorschüssen stehen. Darunter finden sich neben Molyneux durchaus weitere namhafte Größen der Branche. Setzt sich dieser Trend fort, könnten die Entwickler schon bald so viele Förderer vergrätzt haben, dass dem Crowd-Funding der Todesstoß versetzt wird. Wer die lethargische Branche vor den durch Spieler finanzierten Ideen erinnert, in der innovationsarme Großpublisher die Fäden in der Hand hielten, dem dürften solchen Aussichten schlagartig die Haare schlohweiß färben…

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NEWS: Wiedergänger

Die Ringvorlesung Games kehrt mit dem Thema „Subkulturen des Gaming“ zurück

Am 14. April kehrt nach über einem Jahr Pause eine wichtige Institution der Hamburger Gamesforschung und -wirtschaft zurück. Die ->Ringvorlesung Games widmet sich in diesem Sommer aus vielen Perspektiven dem Leitthema „Subkulturen des Gaming“. Dafür stellt die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) das gerade erst eingeweihte „Forum Finkenau“ zur Verfügung, als Veranstaltungsraum ein angemessener Rahmen für dieses Comeback. Die Reihe findet dort jeden Dienstag um 18.30h statt, bietet dieses Mal zwischen Vorträgen und Diskussionsrunden auch mit den Formaten mehr Abwechslung und endet in einem eher offenen Diskussions- und Grillabend am 16. Juni. Aktuelle Informationen erhalten Sie auch über den neuen Twitter-Account @games_rv.

Die Veranstaltungsreihe will nicht nur allen Interessierten das Leitthema näher bringen, sondern auch Personen aus Forschung, Wirtschaft, Ausbildung und Gesellschaft einander näher bringen. (Abb. Flyer, RV Games)
Die Veranstaltungsreihe will nicht nur das Leitthema näher bringen, sondern auch alle Interessierten aus Forschung, Wirtschaft, Ausbildung und Gesellschaft einander. (Abb. Flyer, RV Games)

Seit 2006 hatte eine Vortragsreihe zu Videospielen, etwas sperrig bezeichnet als „Ringvorlesung Games“, regelmäßig Interessierte zu einem Leitthema zusammengeführt. So wurde unter dem Titel „Von Gold und Geld“ über Spiele und Begriffe des Reichtums gesprochen (2009), über die Verbindung von „Spiel und Emotion“ nachgedacht (2011) oder moralische wie juristische Grenzbrüche thematisiert („Schummeln, Cheaten, Regelbruch – Im Grenzgebiet virtueller Spielewelten”, 2013). Aus personellen und organisatorischen Gründen fand sie jedoch seit 2014 nicht mehr statt. Das bedauerten genügend Beteiligte in Forschung und Wirtschaft, dass wir nun einen Neustart wagen.

Als Referenten wie Zuhörer treffen hier nicht nur Forscher, Lehrende und Studierende von der ->Universität Hamburg (UHH) und der ->Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) zusammen. Es tragen auch Entwickler und Publisher der lokalen und der überregionalen Games-Branche vor, sogar internationale Gäste geben hier neue Impulse. Zudem werden Forscher auch jenseits von Hamburgs Grenzen eingeladen. Sie alle stellen sich den Fragen und Diskussionsbeiträgen eines fachkundigen Publikums ebenso wie der interessierten Öffentlichkeit, denn die Veranstaltung ist für die breite Gesellschaft geöffnet. Auch beim Neustart der Vortragsreihe bleibt es bei diesem Rezept, lesen Sie zu den diesjährigen Zutaten einfach weiter…

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NEWS: Ein Viertelpfund Gehacktes

In „Hack’n’Slash“ wird nicht der Gegner bekämpft, sondern sein Programm-Code

(PC | OS X | Linux )

Seit wenigen Jahren sprießen innovative Spieleideen in einem Maße aus dem Boden, dass der Vergleich mit Pilzen nach einem Sommerregen nicht übertrieben ist. Leider passt die Analogie auch aus einem anderen Grund sehr gut – nicht jeder Pilz schmeckt, mancher ist schwer verdaulich und andere wiederum schaden einem erheblich. Dies ist nicht allein ein Fehler der Independent-Szene, auf die viele der innovativen Ansätze zurückgehen. Vielmehr ruiniert das gegenwärtige Geschäftsgebaren von Entwicklern verschiedenster Größen auf vielen Vertriebsplattformen das Pilzgericht – wie zum Beispiel beim ->Early Access-Modell auf ->Steam. Und von diesem Süppchen bekommen vor allem die Spieler mit der groben Kelle eingeschenkt.

Auf dem Monitor eilt zum Beispiel in ->Hack’n’Slash von ->Double Fine eine kleine, elfenartige Figur mit einem völlig überdimensionierten Schwert durch eine Spielwelt, deren Optik wohlwollend als Retro bezeichnet werden könnte. Ist man kritischer eingestellt, hat man sich mittlerweile an dem x-ten Rogue-like mit veralteter Technik satt gesehen. Dieser Spieltyp ist nach seinem Urvater ->Rogue benannt (Der Link verweist auf den DOS-Port von 1983, spielbar online bei Archive.org). Neben sehr vielen anderen Spiele prägte dieser auch  ->Blizzards bekannte Spielereihe ->Diablo.

Ein Elfenmädchen, ein Schwert und jede Menge Hack - Hack'n'Slash versucht ein Genre neu zu definieren (Abb.: Titelbild offizielle Seite)
Ein Elfenmädchen, ein Schwert und jede Menge Hack – Hack’n’Slash versucht ein Genre neu zu definieren (Abb.: Titelbild offizielle Seite)

Natürlich haben solche retrospektiven Indie-Titel auch einen gewissen Charme, den ich ihnen besonders als Historiker nicht absprechen will. Bei all den Titeln dieser Gattung, die ich in den letzten Jahren gesehen und gespielt habe, muss ein Spiel aber schon mit etwas sehr Besonderem daherkommen, will es meine Aufmerksamkeit erobern. Zudem war es – das gebe ich ehrlich zu – auch nie so mein Genre.

->Double Fine gelang es aber stets mit faszinierenden Spielkonzepten, mich neu zu begeistern – und so ist es auch zunächst mit ->Hack’n’Slash. Denn das Spiel hat einen besonderen Twist. Dieses besondere Feature liegt in seiner Spielmechanik, hat mit einem Mädchen, einem Schwert und Hack zu tun und hätte eigentlich ein Meilenstein der Games-Geschichte werden können. Hätte…

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Innovationen in digitalen Spielen und im Digital Game-Based-Learning