DIGITAL GAME-BASED-LEARNING: Silbernes Pferd unter Alkohol

„Luka“ hilft der Kripo bei der Jugendarbeit

Man sollte seine Kinder nie mit betrunkenen Pferden spielen lassen, und zwar auch dann nicht, wenn sie versilbert sind. Es gibt nur eine einzige Ausnahme, wenn das Silberpferd aus Frankfurt kommt und den Stallungen der Adventure-Schmiede ->Deck13 entlaufen ist. Denn in diesem Fall lernen Kinder unter Anleitung der Polizei mit Gewalt und Suchtmitteln umzugehen – nein, nicht so, wie Sie jetzt denken.

Eigentlich sind boshafte Reaktionen verbreitet, wenn ein namhafter Entwickler ein Spiel für eine Behörde erstellt. Dann kann es sich doch auch bei einem Adventure-Entwickler aus Deutschland eigentlich nur um eine finanzielle Überbrückung für andere „echte“ Titel aus dessen Portfolio handeln, oder? Wer so spitzzüngig an die Abenteuerspiele herangeht, die der Entwickler ->Deck13 aus Frankfurt im Auftrag der ->Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes herstellte, ist jedoch ungerecht. Der Urheber, das Landeskriminalamt Baden-Würtemberg, hat zusammen mit den Entwicklern der ->Ankh-Reihe und dem preisgekrönten ->Jack Keane stimmige, ansehnliche und obendrein noch lehrreiche Spiele abgeliefert.

William hat mehr als genug Probleme - Luka hilft gern
William hat mehr als genug Probleme - Luka hilft jedoch gern

Mit ->Luka und das geheimnisvolle Silberpferd, sowie dem zweiten Teil namens ->Luka und der verborgene Schatz, widmet sich Deck13 wesentlichen Themen für jugendliche Heranwachsende: dem Umgang mit Gewalt und Drogen. Auch wenn die Kennzeichnung der USK keinerlei Einschränkungen vornimmt, eignet sich die Thematik des ersten Abenteuers sicherlich schon für jüngere Kinder. Sucht, Alkohol und Drogen, die das zweite Spiel problematisiert, entstammen wohl eher der Lebenswelt von Teenagern. Die Spiele können kostenfrei als Freeware heruntergeladen werden und eignen sich wegen ihrer Lehrerfunktionen sogar zur Unterrichtsgestaltung…

Der erste Teil, der bereits 2005 erschien, handelt nicht nur von der Suche nach einem Silberpferd, sondern auch dem durch die Zeit gereisten Ritter William. Dem auf einem Spielplatz aus einer Zeitspalte stürzenden Ritter muss Luka zur Seite stehen, damit er wieder in seine Zeit zurückkehren kann. Ganz untypisch für einen mittelalterlichen Reiter besteht William darauf, kein Schwert zu tragen – Konflikte und Probleme könne man ja schließlich auch ohne Gewalt lösen. Luka ist beeindruckt und beschließt dem Ritter zu helfen.

Auf der Suche treffen beide in hübsch ausgestalteten Schauplätzen einige Personen mit sehr unterschiedlichem Charakter – technisch auf gewohntem Standard der Frankfurter Spieleentwickler. Einige der Figuren sind sehr leicht reizbar, andere neigen sogar zur Gewalt, dritte wiederum sind zu gutmütig oder leicht zu beeinflussen. Ohne ein bisschen erwachsene Rückendeckung kommt dann jedoch auch Luka nicht aus: Lehrer Tungsten und der freundliche Polizist aus der Gegend stehen mit Rat und handfester Hilfe zur Seite. Diese verschiedenartigen Figuren sind die große Stärke des 10 Stunden langen, kostenlosen Spieles. Die Spielfigur von Luka selbst kann man – daher wohl die Wahl des Namens – sowohl als Mädchen oder Junge spielen.

Dabei werden genretypisch zwar auch Gegenstände kombiniert, die meiste Zeit erfordert jedoch, friedliche Lösungen für zahlreiche Probleme zu finden. Dabei ist es auch für Erwachsene sehr lehrreich, den richtigen Umgang mit überraschenden Anfeindungen einmal selbst zu betrachten. So ist keineswegs auf den ersten Blick offensichtlich, welcher Weg eine erfolgreiche Bewältigung für eine Situation verspricht. Wie geht man mit einem Schläger um? Dass man ein ohnehin schon aggressives Gegenüber nicht unbedingt mit Bauklötzen bewerfen sollte, um ihn zu verjagen, mag ja noch eingängig sein. Die Wahl zwischen der Aufforderung, „Lass ihn sofort los und verschwinde!“ oder „So etwas läuft bei uns nicht!“ lässt allerdings auch Erwachsene fragend zögern.

Damals wie heute - vielfältige Charaktere prägen das Spielerlebnis
2005 wie heute - vielfältige Charaktere prägen das Spielerlebnis

Auch im zweiten Teil gelingt die Inszenierung einer lebendigen Spielumgebung hervorragend – hier zeigt sich die enorme Erfahrung, die Deck13 im Abenteuergenre gesammelt hat. Ein verborgener Schatz will gefunden werden. Grafisch wirkt das Spiel noch besser als schon der erste Teil – eine Qualität, die man nicht unbedingt bei kostenlosen Freeware-Lehrspielen erwarten würde.

Nora, eine Freundin von Luka, entdeckt ein Tagebuch, dass offenbar ebenfalls aus dem mittelalterlichen Reich entstammt, in das sie einst Ritter William zurückzukehren halfen. Auch dieses Mal hat es Luka nicht leicht. Eine pubertierende Jugendgang macht die Umgebung unsicher, alkoholisiert und unter Drogen terrorisieren deren Mitglieder auch die Suche nach dem Schatz. Dabei wird schnell deutlich, was Alkohol selbst aus den nettesten jungen Menschen formt. Gewalt taucht als Rückgriff auf den vorherigen Teil damit natürlich auch als Thema auf. Auch was aus dem Konsum von Drogen folgt, wird kindgerecht aufbereitet. Insgesamt erscheint das Umfeld ein wenig düsterer als im ersten Teil, auch deswegen ist ->Luka und der verborgene Schatz eher für ältere Kinder geeignet.

Alkohol und Drogen - hier brennt die Luft
Alkohol und Drogen - hier brennt die Luft

Letztlich muss man für diese Abenteuerserie sowohl Deck13 als auch der Polizei großen Respekt zollen. Selten ist Lehrmaterial so interaktiv und einfühlsam, gleichzeitig so fantasievoll und spannend aufbereitet worden. Deck13 beweist große Erzählstärke auf engem Raum. Zusätzlich ist im Genre der Lehrspiele überhaupt die grafische Qualität von dem Schlage großer Adventures wie der Ankh-Reihe oder Jack Keane und damit herausragend.

Die einzige Enttäuschung ist die relativ kurze Spielzeit von je nur 10 Stunden, allerdings ist dieser Zeitrahmen sicherlich für kleinere Kinder gerade noch in mehreren Etappen überschaubar. So mancher Vollpreisshooter schafft es nicht über dies Marke. Und außerdem – wer wird schon einem geschenkten Gaul ins Maul schauen… besonders wenn er versilbert und besoffen ist.

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