NEWS: Kein Ende in Fallujah

Von Protesten unbeirrt: Entwickler hält an der Versoftung einer Schlacht im Irak fest

Die ultrarealistische Taktiksimulation „Six Days in Fallujah“ war im April 2009 nicht nur aus dem Portfolio des japanischen Publishers ->Konami, sondern mangels Alternative auch ganz in der Versenkung verschwunden. Keimling bewertete sowohl Spiel als auch die internationale Diskussion in einem ->KOMMENTAR: Last Day of „Fallujah“ am 29. Mai 2009.

Hinrennen und hinschauen, oder das Weite suchen - Atomic Games hält an seinem umstrittenen Irakszenario fest
Hinrennen und hinschauen, oder besser das Weite suchen - Atomic Games hält an seinem umstrittenen Irakszenario fest

Erstaunt, überrascht und enttäuscht zeigte sich damals Peter Tamte, Chef von Atomic, über die Entscheidung seines Publishers und deutete das Ende des Projektes an.

Dem ist nun scheinbar nicht mehr so. Anlässlich der Präsentation eines ganz anderen Titels in der Redaktion des amerikanischen Entertainment-Portals -> G4TV fragte Redakteur Stephen Johnson, ob „Six Days in Fallujah“ eine Zukunft habe. (-> G4TV: Stephen Johnson: „Six Days in Fallujah Creator: It’s Coming Out“) „Nicht OB, sei die Frage“, antwortete Tamte…

Denn wie an anderer Stelle die -> Gamestar zu berichten weiß, hat Tamtes Firma den Taktik-Shooter jetzt sogar fertiggestellt (->Andre Linken: „Six Days in Fallujah – Irak-Shooter angeblich fertiggestellt“). Kritiker hatte bei der Ankündigung 2009 besonders erzürnt, dass eine der wohl blutigsten Schlachten des Irakkrieges spielbar werden sollte, während die letzten Opfer noch nicht die Krankenhäuser verlassen hätten. Der Entwickler ->Atomic behauptete hingegen, geplant sei eine völlig neue Form der Dokumentation zur Aufklärung über die Umstände und Hintergründe bei den Kämpfen – sollte es sich also nur um eine neue Form der Lehrsoftware handeln?

Belegbar war weder die eine noch die andere Sichtweise, existierte doch offiziell noch kein Material des Taktikshooters. Allerdings muss man den Kritikern wohl zugestehen, dass die bisherige Produktgeschichte der Entwickler (-> Close Combat-Reihe) nicht gerade einen objektiven Blick auf Kriegsereignisse ausweist. Geschweigedenn dass in den Titeln von Atomic reflektierte Geschichtsbetrachtung Platz hätte. Auch die Nähe der Rechteinhaber zum amerikanischen Geheimdienst hat bitteren, pelzigen Beigeschmack.

Viel ließ sich Peter Tamte in dem Gespräch nicht entlocken, Atomic plane jedoch weiterhin fest, das Spiel zu veröffentlichen. Six Days in Fallujah habe allerdings eine besondere Multiplayer-Komponente, über die man bisher noch nicht gesprochen habe. Er räumte ein, dass traditionelle Deathmatch-Begegnungen nicht für einen Shooter passend wären, in dem amerikanische GIs gegen Aufständische in einem noch laufenden Konflikt zu Felde ziehen.

Auch zu der Kontroverse um den Titel nahm Tamte Stellung. Jüngere Menschen seien dem Thema sehr viel aufgeschlossener als ältere. Seiner Ansicht nach liegt das nicht etwa an dem Setting, sondern an dem verschiedenen Umgang mit dem neuen Medium zwischen den Generationen. Man betrachte solche Spiele viel zu sehr als Kinderspielzeuge, weniger als Erwachsenen-Unterhaltung. Wenn dies auch sicherlich stimmen mag,  macht ein bestimmter Anteil der Empörung sicherlich auch der Umgang mit den Gefühlen aktueller Opfer auf beiden Seiten des Konfliktes aus. Die Trennung der Kritiker von den Befürwortern läuft nämlich nicht zwischen den Generationen, also zwischen den viel zitierten jüngeren „Digital Natives“ und den „Digital Immigrants“, die sehr viel schwerfälliger und ablehnender mit dem digitalen Medium umgehen. Vielmehr scheiden sich die Geister zwischen denjenigen aller Altersklassen, die meinen, man müsse auf die Gefühle der Beteiligten an einem gegenwärtigen Konflikt Rücksicht nehmen, und denen, die genau dies anders sehen.

Wenn allerdings Tamte es ehrlich meint, besonders erstere Gruppe – die Reflektierten, historisch, politisch und gesellschaftlich interessierten Menschen –  mit einer Edutainment-Software über die Hintergründe des Krieges aufklären zu wollen, sollte er sich einen Weg überlegen, die Bedenken eben derjenigen auszuräumen. Ansonsten dürfte sein Konzept entweder nicht aufgehen, oder sowieso nur vorgeschoben sein.

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