INNOVATION: „Something completely different“

Eine steinerne Kugel fräst sich in „Rock of Ages“ durch die Weltgeschichte

Irgendwann kam immer in den Sketchen der englischen Truppe von Kulthumoristen aus ->Monty Python’s Flying Circus der Punkt, an dem nicht einmal deren kreative Gehirne die verworrenen Handlungszweige noch zusammen zu führen vermochten. Am Anfang der siebziger Jahre entstand die wohl erstaunlichste und überraschendste Gratwanderung zwischen Genialität und Wahnsinn, die das Fernsehen je gesehen hatte – bis heute nicht jedermanns Sache, schon gar nicht für Menschen ohne Zugang zu englischem Humor.


Geschichte rockt - wer hätte das gedacht...
Geschichte rockt - wer hätte das gedacht...

Liefen die Fäden nicht mehr zusammen blendete sich oftmals John Cleese als Programmansager ein, an den unmöglichsten Orten hinter seinen Schreibtisch oder gar in einen pinken Bikini gezwängt, und verkündete „And now for something completely different…“ So konnte selbst der größte Irrsinn verknüpft werden. Zahlreiche Übergänge ebneten allerdings die meisterhaften Animationen aus dem Ideenfundus von Terry Gilliam, der seine Zeichnungen in einem ganz eigenen Phytons-Stil einsetzte, von einer Absurdität in die nächste.


Dieses Spiel schlägt ein wie ein... Stein - hoffentlich geht es nicht auch so unter
Dieses Spiel schlägt ein wie ein... Stein - hoffentlich geht es nicht auch so unter

Wie eine Homage an diesen Stil kommt nun das „Steinrollspiel->Rock of Ages des chilenischen Entwicklers ->ACE Team Software daher. Zwischen ->Marble Madness, Tower-Defense und Rundenstrategie angesiedelt, bietet es zudem noch höchst innovatives Gameplay mit Lachergarantie – und wahrt obendrein die altehrwürdige Tradition einer urkomischen Kompilation verschiedener Kunstrichtungen…

Denn Gilliam entwarf einst surrealistische Landschaften, fügte übertrieben monumentale Architektur ein, missachtete Größenverhältnisse und bediente sich vor allem an viktorianisch anmutenden Geräten, Bekleidungsformen und technischen Symbolen wie Zahnrädern, Dampfmaschinen oder Gestängewirrwar. Vor allem aber bediente Terry Gilliam sich dabei in verschiedenen Kunstrichtungen und -stilen. Ausgeschnittene Figuren aus Bekleidungskatalogen waren ebenso Bestandteile seiner Animationsfilme wie zahlreiche berühmte Gemälde und ihre abgebildeten Figuren. Dies liest sich ebenso stringent wie es aussah, ist jedoch bis heute einzigartig und immer noch komisch (siehe z.B. den ->Youtube-Channel von Monty Pythons‘ oder die ->Offizielle Seite).

Dass dies auch in einem Spiel für grandiose Kulissen sorgen kann zeigt „Rock of Ages“ sogar in verschiedensten Epochen, erkennbar an Kunststilen: Das griechische Altertum ist ebenso vertreten wie eine byzantinische, romanischer und gotische Strömungen – subsummiert als Mittelalter – und die Renaissance. Die Steinkugel rollt ferner durch das Rokoko und die Romantik.



Par-Force-Ritt durch die Kunstgeschichte - buchstäblich

Doch was macht eine Steinkugel rollend in der Kunstgeschichte? Richtig – sie zerschmettert, zermalmt und zerstört. In dem Downloadspiel, das für diverse Plattformen erscheinen soll, gibt es verschiedene Spielmodi. Entscheidet man sich für den Einzelspieler- Modus, so begleitet man Sisyphos durch die Annalen der Geschichte. Wer dies nicht mehr weiß: Sisyphos war ein Held der griechischen Mythologie, der den Göttern in Ungnade gefallen war. Als Bestrafung seiner Taten zwangen sie ihn, in der Unterwelt einen schweren Fels auf einen Hügel zu rollen – kurz bevor er dort anlangte, entglitt er ihm und rollte ins Tal zurück, wo der beschwerliche Aufstieg erneut bevorstand (Sisyphosarbeit). Sieht man sich den Trailer genauer an, so wird der Spieler darin nicht nur Dinge plattwalzen, durchschmettern oder pulverisieren, sondern auch allerlei Rätsel knacken und kniffelige Kugelakrobatik managen müssen – zwar auch viel Arbeit, aber weit entfernt von der Beschwerlichkeit des Alltages eines Sisyphos. Spielerisch wirkt das Ganze ähnlich einer Mischung aus dem Klassiker ->Marble Madness bzw. dem Nachfolger ->Marble Madness 3D und dem 2010 erschienenen ->The Ball. So etwas war noch nie da.

Neben anderen kleineren Zeitvertreibsmodi wird neben der Handlung  ein bestimmter Multiplayer-Part das Herz des Spieles sein. Darin stehen sich die Kontrahenten, verschanzt in zwei Burgen, gegenüber. Beide Burgen sind durch einen Übergang verknüpft. Während der eine Spieler mit allerhand Gerät und Hindernissen wie Sprenfallen, Katapulten und überdimensionalen Ventilatoren den Zugang zu seiner Festung verteidigt, greift der andere mit seiner Steinkugel an und rollt nieder, was nicht fest genug ist – also im spassigsten Falle alles. Der Verteidiger wird die Objekte so platzieren, dass sie der Kugel ihren Schwung, und damit die Zerstörungskraft nehmen. Natürlich lebt auch dieser Modus stark von der optischen Inszenierung, garniert mit akustischen Seltsamkeiten.

Letztlich ist alles Inszenierung an diesem Spiel, und auch wenn der grafische Stil jeder Epoche aus einem Guss erscheint, wird diese ungewohnte Optik immer noch nicht jedem. Ungewohntes kann jedoch auch faszinierend sein. Es ist halt wie mit dem englischen Humor – man hat ihn, oder man hasst ihn. „And now for something completely different…“

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